Süddeutsche Zeitung

Kirchbergers Woche:Hindernislauf über Gräben und Baken

Den Freisinger Volksfestlauf nach Neustift zu verlegen, war ein Fehler. Ein Rennen durch die Baustellen in der Innenstadt wäre eine reizvolle Aufgabe gewesen

Kolumne von Johann Kirchberger

In der Freisinger Innenstadt wird weiterhin gewerkelt und gegraben, dass es eine wahre Freude ist. Mal in offener Bauweise, mal in Deckelbauweise, mal in bergmännischer Bauweise werden Rohre verlegt und vergraben, für Wasser, Strom, Gas, Telefon, für die Kanalisation und inzwischen auch für die Fernwärme. Jedes Haus braucht Anschlüsse, und das nicht wenig. Dass es da nicht ohne Behinderungen für den Individualverkehr abgeht, ist verständlich. Die Freisinger haben sich auch schon - fast - daran gewöhnt, dass die Hauptstraße mal unten, mal oben, mal in der Mitte gesperrt ist, dass mal überraschend ein Straßenstück für den gegenläufigen Verkehr freigegeben wird, und mal ein anderes Teilstück zur gegenläufigen Sackgasse erklärt wird. Also reinfahren und dann hin und her kurven, ohne Ausweg, heißt das wohl. Auch wenn die Stadtverwaltung rührend bemüht ist, ständig im Internet und per Flyer über die neuesten Absperrungen, über eingerichtete und wieder verlegte Be- und Entladezonen und Umleitungen zu informieren, langsam kennt sich keiner mehr so richtig aus. Am besten, man fährt eben gar nicht erst rein in die Innenstadt, nicht mit dem Auto und auch nicht mit dem Radl. Es macht eh keine Freude.

Jetzt wurde sogar der Volksfestlauf nach Neustift verlegt und, warum auch immer, für die Fast-Profis von zehn auf sechs Kilometer verkürzt. Das ist schade und ein schwerer Fehler. So wurde die einmalige Chance vertan, aus dem Volksfestlauf einen Volksfest-Hindernislauf zu machen. Quer durch die Innenstadt über Gräben und Absperrbaken springen, sich über Stock Stein den kürzesten Weg selbst suchen, das wäre doch eine reizvolle Aufgabe für die Volksfestsportler gewesen. Interessanter jedenfalls, als in Neustift auf einer langweiligen Flachstrecke im Kreis herumzulaufen.

Natürlich wäre so ein Hindernisrennen nicht ganz ungefährlich, könnte ja jemand in eine Grube fallen. Aber Rotes Kreuz, Feuerwehr und THW haben ja gerade im Freisinger Hallenfreibad geübt und sind zuverlässige Helfer und Retter. Die dort erlernten Fähigkeiten werden sie aber wohl erst im nächsten oder übernächsten Jahr so richtig brauchen, wenn an der Oberen Hauptstraße die Moosach freigelegt wird und dann ein Hindernisrennen mit Wassergraben ausgeschrieben werden kann.

Anbieten würde sich da natürlich, mit dem Volksfestlauf den Gesundheitstag der Stadtverwaltung zu verbinden. An Infoständen könnte über Erste-Hilfe-Themen informiert, der Blutzuckerspiegel gemessen und nach Stürzen eine Rückenanalyse durchgeführt werden. Auch Hör- und Sehtests könnten durchaus von Vorteil und auch für den späteren Alltag von Nutzen sein. Vielleicht fände da der Ein oder Andere heraus, warum er Verkehrsschilder gar so schwer sehen kann. Und praktische Ernährungstipps könnten die Mitarbeiter der Stadt auch geben. Passend zur Jahreszeit vielleicht Hendl, Schweinswürstl, Brezen, Emmentaler und dazu ein paar Liter Festbier. Einfach was Gsundes halt, etwas das schmeckt.

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Quelle:
SZ vom 24.08.2019
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