Kirchbergers Woche:Echte Narren trotzen dem Virus

Bälle und Umzüge sind wieder abgesagt. Aber ein bisschen Fasching geht immer

Kolumne von Johann Kirchberger

Unglaublich, aber wahr. Eine Entscheidung über die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht im März kann nicht herbeigeführt werden, weil im Bundestag im Februar nur eine Sitzungswoche anberaumt ist. Wegen des Karnevals. Ist schon klar, man muss Prioritäten setzen. Karneval oder Pandemiebekämpfung, beides geht nicht. Aber ist der Karneval nicht ohnehin überall abgesagt worden? Wo zum Teufel fahren eigentlich die Bundestagsabgeordneten alle hin, um Helau und Alaaf zu schreien?

Bei uns im Landkreis gibt es zwar keinen Karneval, aber den Fasching und der muss heuer schon wieder ausfallen, aber nicht ganz. Denn was ein echter Narrhallese ist, der lässt sich von so einem Virus nicht unterkriegen. Bälle und Umzüge mussten zwar abgesagt werden, aber die Prinzengarden trainieren trotzdem, Faschingszeitungen werden vorbereitet. In einigen Faschingshochburgen, etwa in Moosburg, wurden sogar Prinzenpaare aufgestellt und - brav, brav - im Freien inthronisiert. Und auf ihre damischen Jubiläumsbälle wollen die Moosburger auch nicht verzichten. Sie sollen jetzt im Mai stattfinden, damisch sein kann man das ganze Jahr über.

In Freising lief der Fasching seit Jahren auf Sparflamme und auch die ist inzwischen erloschen. Ganz ohne Corona, einfach so. Trotzdem hat es sich eingebürgert, vor allem in den überlasteten Behörden, dass am Faschingsdienstag nicht gearbeitet wird. Es muss so etwas wie der Phantomschmerz sein, die Erinnerung daran, dass man sich einmal an diesem Tag maskiert zu einem närrischen Treiben zusammengefunden hat. Aber maskiert läuft man ja jetzt das ganze Jahr herum und die närrischen Umzüge, als Spaziergänge getarnt, finden seit einiger Zeit ja immer schon am Montag statt.

Kinder als Indianer anzuziehen, das geht übrigens nicht mehr, weil das rassistisch ist. Nicht mehr erlaubt ist, sich das Gesicht mit Ruß einzufärben. So etwas nennt man Blackfacing und ist sogar ganz schwer rassistisch. Deshalb mussten die Heiligen Drei Könige, sofern sie heuer wegen Corona überhaupt unterwegs sein durften, auch ohne ihren schwarzen König Caspar auskommen.

Warum die Könige heuer nicht von Haus zu Haus ziehen durften, gehört zu jenen Geheimnissen der Pandemiebekämpfung, die nicht so leicht zu durchschauen sind. Schließlich betreten sie kein Haus, läuten nur und treten dann ein wenig zurück, um sich Spenden für den globalen Süden zu ersingen. Vielleicht hätte Markus Söder da aus Gründen der Brauchtumspflege einen bayerischen Sonderweg ausrufen können.

Aber den gibt es nur für die Gastronomen, die alle Pleite gegangen wären, hätten wir in Bayern die 2G+-Regel bei Restaurantbesuchen eingeführt. Weil dann niemand mehr in ein Wirtshaus gegangen wäre, sagt Hubert Aiwanger und der ist schließlich Wirtschaftsminister, zurzeit allerdings gerade in Quarantäne. Allerdings gibt es Menschen, die deshalb nicht ins Restaurant gehen, weil sie sich unwohl fühlen bei dem Gedanken, der Kollege am Nachbartisch könnte nicht ordentlich geimpft oder getestet sein.

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