Kirchbergers Woche:Der Not keinen Schwung lassen

Optimismus ist angesagt, auch wenn die fetten Jahre scheinbar vorbei sind

Kolumne von Johann Kirchberger

Der Relativitätstheorie zufolge bildet die Zeit mit dem Raum eine vierdimensionale Raumzeit, in der die Zeit die Rolle einer Dimension einnimmt. Hört sich kompliziert an, die physikalische Größe Zeit. Einfacher definiert Gerhard Polt den Begriff Zeit: Zeit plus Zeit ist mehr Zeit, Brot plus Zeit ist Brotzeit, Zeit mal Zeit ist Mahlzeit. Die Sparkasse schreibt auf ihrer Homepage: Zeit haben ist einfach. An einem Haus an der Ismaninger Straße in Freising steht: Alles hat seine Zeit. Eine RTL-Seifenoper nennt sich: Gute Zeiten, schlechte Zeiten. Jetzt kommen wir der Sache näher. Schon im Alten Testament nämlich ist im 1. Buch Mose zu lesen, dass auf gute Zeiten schlechte folgen und nach sieben fetten sieben magere Jahre kommen.

Wenn nicht alles täuscht, dann hat das Coronavirus in den Kommunen unerwartet und praktisch über Nacht die fetten Jahre beendet und die mageren eingeläutet. Nachdem lang die Steuerquellen munter sprudelten und die Schätzungen der Kämmerer stets weit übertroffen wurden, sind nun vor allem bei der Gewerbesteuer starke Einnahmeverluste zu erwarten. Auch der Anteil der Kommunen an der Einkommensteuer dürfte deutlich zurückgehen, falls der Großteil der Beschäftigten weiter Kurzarbeitergeld bezieht.

Die Stadt Freising ist dabei in einer besonders misslichen Lage. Die verfügt zwar über nicht unwesentliche Rücklagen aus den fetten Jahren, aber angesichts der vielen angepackten Vorhaben wären die so oder so bald aufgebraucht gewesen. Wenn jetzt Steuereinnahmen wegbrechen, wird Freising bald unter einer Schuldenlast ächzen. Denn die kostspieligen Projekte lassen sich nicht mehr verschieben, sie wurden größtenteils bereits begonnen. Die Westtangente, der Umbau der Innenstadt, die Sanierung des Asamtrakts oder das neue Schulzentrum am Steinpark, alles millionenschwere Projekte, alles im Bau und nicht mehr zu stoppen. Da steht zu befürchten, dass sich ein allgemeiner Sparrausch breit macht, Kleinst-Zuschüsse für Sport und Kultur gestrichen, der Wohnungsbau vernachlässigt und, wo immer es möglich erscheint, an der Gebührenschraube gedreht wird. So wie es Kleinkrämer gerne tun, wenn sie ihren eisernen Sparwillen kundtun wollen.

Auch in der vermeintlich so reichen Gemeinde Hallbergmoos macht man sich große Sorgen. Bürgermeister Reents hat eine Haushaltssperre verhängt, nachdem der Kämmerer bereits neun Millionen Euro weniger Gewerbesteuer errechnet hat. Außerdem fürchten die Hallbergmooser, dass der Landkreis, um seine Vorhaben vollenden oder anpacken zu können, den Hebesatz der Kreisumlage erhöhen wird.

In Moosburg dagegen macht sich der Stadtrat trotz Corona und sinkender Steuereinnahmen offenbar keine allzu großen Sorgen und will den Neubau des Hallenbads zügig vorantreiben. Ein Großteil der Aufträge ist vergeben und nun auch der erste Spatenstich gemacht. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten liege eine große Verantwortung bei den kommunalen Auftraggebern, hat die scheidende Bürgermeisterin Meinelt gesagt. Sie dürften sich nicht einfach zurückziehen, sonst würden Betriebe und Arbeitsplätze gefährdet. Also dann, mutig voran und der Not keinen Schwung lassen. Wird schon alles gut werden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: