Süddeutsche Zeitung

Kinder bauen fleißig Hütten:Expedition nach Indien

Auf dem Abenteuerspielplatz der Freisinger Stadtjugendpflege entsteht gerade die Stadt "Sebaldapur". Beim "Tag der offenen Palasttür" sollen auch die Eltern sehen, was der Nachwuchs dort in den Ferien geschaffen hat.

Von Laura Caspari, Freising

Schon am Eingang von "Sebaldapur" hört man lautes Hämmern, das vom anderen Ende der exotischen Spielstadt her dröhnt. Beim Sebaldhaus bauen die Kinder fleißig ihre Hütten. Der Abenteuerspielplatz der Stadtjugendpflege ist in diesem Sommer für sechs Wochen ganz im indischen Stil gehalten. Mit einem Wochenpass haben die Kinder fünf Tage lang Zeit, sich eine eigene Hütte zu zimmern - das Highlight des Aufenthalts.

Einfach drauf losbauen können sie aber nicht: Um eine Hütte bauen zu dürfen, müssen die Kinder zuerst eine Baulizenz erwerben, mit der sie nachweisen, dass sie mit Werkzeug wie Hammer und Säge auch umgehen können. Und wie im echten Leben funktioniert auch in Sebaldapur nichts ohne Geld. "Die kleinen Hütten kosten 25, die großen 50 Kalahandi", erklärt Johannes Katenkamp, einer der Aufseher auf dem Spielplatz. Die Währung Kalahandi müssen sich die Kinder durch Arbeiten selbst verdienen. Adrian hat seine Hütte schon in der vergangenen Woche zusammen mit seinem Bruder gebaut. Um den Bauplatz mieten zu können, hat er in der Rikscha-Zentrale und beim Holzrecyceln gearbeitet. Mehrere Tage haben sie für den Bau gebraucht. "Danach haben wir selber gestrichen, das hat nur so eine Stunde gedauert", erzählt Adrian. Nun ist er stolzer Mitbesitzer der Hütte Nummer 13. Im oberen Stockwerk steht der türkis gestrichene Laden, in dem er am Freitag Süßigkeiten verkaufen will. Im Erdgeschoss direkt darunter steht die zweite Hütte, in die eine Schießbude einziehen soll. Weil er nur noch diese Woche da ist, will Adrian seine Hütte am Ende der Woche dann an jemand anderen verschenken, der neu hinzukommt.

Das Holz für den Hüttenbau bekommen die Kinder von der Recycling-Station. Dort entfernen die Arbeiter Nägel aus alten Holzbrettern, das recycelte Holz wird dann für den Bau neuer Hütten verwendet. "Altes Holz ist kostenlos, aber wir verkaufen auch neue Holzbretter für zwei Kalahandi", erklärt Katenkamp. Nägel gibt es im "Hammerland", ein Kalahandi für zehn Stück.

In der Rikscha-Station gleich gegenüber wird gerade eine neue Rikscha fertig. Die fleißigen Arbeiter haben die Metallstangen des Grundgestells mit Wolle umwickelt, Glöckchen und Wollbommel daran angebunden, ein Kissen auf die Sitzfläche gelegt und die Rikscha mit alten Stoffen behangen. Wer eine Bustour durch das Sebaldhaus machen will, kann sich zu bestimmten Zeiten eine Rikscha mieten. An allen Arbeitsplätzen und Wohngebieten sind Haltestellen, an denen man aus- und zusteigen kann. Das einzige Problem: Die meisten Kinder wollen lieber die Rikscha ziehen, als sich selber reinzusetzen. Für jede halbe Stunde Arbeit bekommen die Kinder einen Lohnzettel über einen Kalahandi, den sie dann in der Verwaltung abstempeln lassen müssen. Mit dem abgestempelten Zettel gehen sie dann zur Bank und holen sich ihr hart erarbeitetes Geld ab. "In unseren Morgenbesprechungen legen wir fest, welche Kinder heute bei der Bank oder in der Verwaltung arbeiten", erklärt Gabi Dworsky, die Leiterin der Spielstadt. Was die Kinder beim Töpfern, Mandalas Malen und beim Basteln produzieren, wird im Stadtladen "Chhatri Bazar" verkauft.

Dworsky versucht, jede Woche ein bisschen anders zu gestalten. "Nächste Woche wollen wir einen Film drehen und in der vierten Ferienwoche machen wir ein indisches Lichterfest", erzählt sie. Am kommenden Freitag, 12. August, ist "Tag der offenen Palasttür", bei dem sich Besucher die prächtige Stadt anschauen können. In der ersten Ferienwoche war das Angebot ausgebucht, diese Woche ist noch etwas frei. "Letzte Woche hatten wir etwa 150 Kinder hier", schätzt Gaby Dworsky. "Aber gerade in den letzten Ferienwochen haben wir noch Kapazitäten." Die meisten Eltern buchen nur eine Woche auf dem Abenteuerspielplatz, manche Kinder kommen aber auch drei oder vier Wochen lang. Essen und Trinken müssen sie selber mitbringen, manche grillen auch im "Feuerland". Dort lernen die Kinder, Feuer zu machen und es am Brennen zu halten. Ihre Würstchen und das Stockbrot grillen sie dann über offener Flamme, natürlich alles unter Aufsicht.

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Quelle:
SZ vom 09.08.2016
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