Keine Abschottung:Über den Zaun grüßen und ratschen

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Die geschlossenen Einfriedungen von Grundstücken werden in Neufahrn immer höher - oft unter Missachtung einer Satzung, welche die Höhe reglementieren soll. Der Planungsausschuss will diese nicht aufgeben, aber überarbeiten

Von Birgit Grundner, Neufahrn

Die Gärten werden ständig kleiner, das Bedürfnis nach Schutz der Privatsphäre dagegen größer und Gartenzäune zur Straße hin entsprechend höher. Immer öfter werden die Grenzen ignoriert, die Neufahrn eigentlich durch eine Satzung definiert sind: "Geschlossene Einfriedungen" sind demnach allenfalls bis zu einer Höhe von 1,40 Metern zulässig. Noch 20 Zentimeter mehr dürfen es sein, wenn Zaun oder Mauer alle zwei Meter bepflanzt oder gar vollständig begrünt sind. Hecken als "lebende Einfriedungen" dürfen sogar zwei Meter hoch sein.

Das alles durchzusetzen, ist oft nicht einfach. Trotzdem hat der Flughafen-, Planungs- und Umweltausschuss jetzt beschlossen, dass es grundsätzlich weiter eine Satzung geben soll, damit das Ortsbild auch in Zukunft nicht von "durchgehend geschlossenen" Einfriedungen entlang von Straßen geprägt wird. Die Satzung soll aber überarbeitet werden.

In der Praxis zeigt sich etwa immer wieder, dass ein 1,80 Meter hoher Zaun für viele Grundstücksbesitzer inzwischen "Standard" ist, stellte Bauamtsleiter Michael Schöfer fest. Viele wüssten gar nicht, dass es eine anderslautende Vorschrift gebe. Andere beantragen Ausnahmen - oft erst im Nachhinein. Der Ausschuss hatte sich da in der Vergangenheit hart gegeben. Wer sich nicht an die Einfriedungssatzung hielt, konnte nicht nachträglich auf grünes Licht hoffen. Andererseits: Wer sich erst gar nicht um eine Ausnahmegenehmigung bemüht hatte und aufgeflogen war, musste offenbar keine großen Sanktionen fürchten: Die Möglichkeiten, "flächendeckend auf den Rückbau hinzuwirken", sind laut Schöfer "personell begrenzt".

Der Bauamtsleiter hätte sich vor diesem Hintergrund vorstellen können, die Satzung durch eine "Gestaltungsrichtlinie" zu ersetzen - zumal Neufahrn ohnehin die letzte Gemeinde im Landkreis mit einer Einfriedungssatzung sei. Eine breite Ausschuss-Mehrheit sah das aber anders. Burghard Rübenthal (CSU) ging es zum Beispiel darum, per Satzung die "Offenheit der Gemeinde" zu erhalten und dafür zu sorgen, dass sich auch Bürger ohne eigenen Garten im öffentlichen Raum wohlfühlen können. Umweltreferent Florian Pflügler (ÖDP) ist es ebenfalls wichtig, dass es weiterhin eine "Durchgrünung" im Ort gibt - etwa wegen der Insekten, aber auch zur Abschwächung von hohen Temperaturen und Fluglärm. "Ich bin schon ein Fan von grünen Einfriedungen", bekannte Christopher Aichinger (SPD). Ein Zaun, über den man sich grüßen und ratschen könne, sei außerdem Zeichen einer offenen Gesellschaft und bedeute Lebensqualität, meinte Christian Meidinger (Grüne).

Ulla Schablitzki (SPD) könnte sich schon zwei Meter hohe Zäune vorstellen - aber nur, wenn davor noch ein Streifen bepflanzt würde. Gegen die Beibehaltung der Satzung war etwa Thomas Seidenberger (FW). Oft müssten kaputte Hecken beseitigt werden, und dann dauere es bei einer Neupflanzung schon sehr lange, bis es wieder einen Sichtschutz gebe, gab er zu bedenken. Neufahrn sollte seiner Meinung nach nicht die einzige Gemeinde im Landkreis sein, die einem "die Möglichkeit nimmt, Ersatz zu schaffen".

© SZ vom 19.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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