Süddeutsche Zeitung

Kauf von Müller-Brot:Letzte Chance für das Vertrauen

Für die insolvente Großbäckerei Müller ist es ein Glücksfall in letzter Sekunde, dass jetzt doch die Gründertochter Evi Müller zusammen mit dem Münchner Bäcker Franz Höflinger zum Zuge kommt. Das Unternehmen hat nun die Möglichkeit, sich neu aufzustellen: als regional verankerte Kette, die Qualität verspricht und dann auch liefert.

Peter Fahrenholz

In der Diskussion um die Regulierung der Finanzmärkte wird von den Gegnern jeglicher Restriktionen gern das Bild verwendet, Geld sei ein scheues Reh, das sofort verschwinde, wenn man es aufschrecke. Ein mindestens ebenso scheues Reh ist der Verbraucher, wenn es zu Lebensmittelskandalen kommt. Ist das Vertrauen erschüttert, werden bestimmte Produkte einfach vom Speiseplan gestrichen und es dauert lange, bis der Konsument seine Angst überwindet.

Insofern ist es für die insolvente Großbäckerei Müller ein Glücksfall in letzter Sekunde, dass dort jetzt doch die Gründertochter Evi Müller zusammen mit dem Münchner Bäcker Franz Höflinger zum Zuge kommt. Denn wie hätte das Vertrauen der Kunden jemals zurückgewonnen werden sollen, wenn der Ex-Eigentümer Klaus Ostendorf wieder das Sagen bekommen hätte? Müller-Brot wäre sein Schmuddel-Image nie losgeworden, da hätten noch so viele Putzkolonnen in Marsch gesetzt werden können.

Jetzt dagegen besteht zumindest die Möglichkeit, dass sich das Unternehmen neu aufstellt: als regional verankerte Kette, die Qualität verspricht und dann auch liefert.

Noch freilich ist Müller-Brot nicht gerettet. Denn bislang geht es nur um die Weiterführung eines Teils der Filialen, ob in der Fabrik in Neufahrn jemals wieder gebacken wird, ist ungewiss. Dafür müssen noch hohe Hürden überwunden werden. Als erstes müssten die Behörden die Produktion wieder freigeben. Doch die werden, nachdem sie in der Vergangenheit zu lange ein Auge zugedrückt haben, jetzt besonders streng und penibel sein.

Und dann ist da ja auch noch Klaus Ostendorf. Ihm gehört die wichtigste Produktionseinheit in Neufahrn nach wie vor. Der gescheiterte Ex-Eigentümer müsste kooperationswillig sein, sonst bliebe die Rettung von Müller-Brot auf halbem Weg stecken.

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Quelle:
SZ vom 07.04.2012/sonn
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