Freisinger InnenstadtStabwechsel bei der „Kasdandlerin“

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Aylin Sekerzade (links) ist die neue „Kasdandlerin“. Sie übernimmt das Käsefachgeschäft in der Freisinger Innenstadt von Marianne Lang, die den Laden 28 Jahre lang geführt hat.
Aylin Sekerzade (links) ist die neue „Kasdandlerin“. Sie übernimmt das Käsefachgeschäft in der Freisinger Innenstadt von Marianne Lang, die den Laden 28 Jahre lang geführt hat. (Foto: Johannes Simon)

Marianne Lang übergibt das Geschäft an Mitarbeiterin Aylin Sekerzade. Leicht fällt ihr der Abschied nicht, aber sie ist froh, dass es weitergeht und der Laden nicht geschlossen wird. Denn die Freisinger wissen guten Käse zu schätzen und sind durchaus experimentierfreudig.

Von Petra Schnirch, Freising

Hinter Marianne Lang liegen sehr emotionale Tage. Nach 28 Jahren übergibt sie ihr Geschäft, den „Kasdandler“. Bei ihrer Kundschaft hat sich das längst herumgesprochen. Den Wochenend-Einkauf am Samstag nutzten viele, um sich von ihr zu verabschieden. Die 66-Jährige hat das sichtlich bewegt. Es sei nur ein kleiner Laden, sagt sie. Aber es freue sie, dass sie Spuren hinterlassen habe – „nicht nur als Kasdandlerin, sondern auch als Marianne“. Die ein oder andere Träne ist geflossen.

Was ihr den Abschied leichter macht: Das Käsefachgeschäft an der Oberen Hauptstraße übernimmt Mitarbeiterin Aylin Sekerzade, die Marianne Lang mit ihrer Leidenschaft für Käse ebenso angesteckt hat wie ihre Freisinger Kunden. Sie sei glücklich, dass es weitergeht und sie ihren Laden nicht ausräumen muss, wie das gerade in der benachbarten Eisdiele geschieht, sagt die 66-Jährige. Ohne diese Perspektive hätte sie nicht aufgehört.

Der Weg zu einem eigenen Käseladen war für Marianne Lang fast schon vorgezeichnet. Bereits in der Metzgerei ihrer Eltern, ebenfalls an der Oberen Hauptstraße, war sie für die Käsetheke zuständig. 1997 ergriff sie die Chance und eröffnete am Freisinger Marienplatz den „Kasdandler“. Als die Arbeiten zur Sanierung des Asamgebäudes begannen, zog sie vor acht Jahren an den jetzigen Standort einige hundert Meter weiter.

Während sie von den Anfängen erzählt, die nicht einfach waren, weil viele einer Frau so viel Kompetenz in Sachen Käse damals offenbar nicht zutrauten, geht die Ladentür auf. Eine Kundin schaut kurz herein und wünscht Marianne Lang alles Gute, obwohl das Geschäft wegen der Übergabe zwei Tage lang geschlossen ist. Am 2. April geht es weiter.

Viel ändern wird sich nicht, verspricht Aylin Sekerzade. Die Wände haben einen neuen Anstrich erhalten. Am bewährten Konzept mit einem festen Grundsortiment handwerklich gefertigter Käse und wechselnden Besonderheiten will sie festhalten. Mehr als 150 Sorten sind es insgesamt. Die Freisinger ließen sich auch von hierzulande eher unbekannten Spezialitäten wie Brie noir begeistern, sagt Marianne Lang, einem harten, sehr würzigen Käse, der in Aussehen und Geruch nur noch wenig an das cremig-weiße Ausgangsprodukt erinnert. „Ich habe schon die verrücktesten Sachen mitgebracht“, die Kunden seien sehr offen und schätzten das. Welche Sorte mag sie selbst am liebsten? Sie überlegt kurz und antwortet: „querbeet“. Im Sommer eher mildere Sorten, im Winter herzhafte.

Für das Produkt Käse brennt Marianne Lang noch immer. „Das ist ein ganz besonderes Lebensmittel“, sagt sie. Seit 2012 ist sie Käse-Sommelière, mit ihren Kolleginnen und Kollegen trifft sie sich immer noch regelmäßig, hat ein großes Netzwerk aufgebaut. Sie besucht kleine Sennereien und empfiehlt, jeder sollte einmal ein Wochenende lang auf einer Alm mitarbeiten, um zu sehen, wie aufwendig der Herstellungsprozess ist. Selbst im Laden müssen die Käselaibe ständig kontrolliert und gepflegt werden.

Ihr werde ein „Diamant“ übergeben, schwärmt Aylin Sekerzade

Auch Aylin Sekerzade hat sich bereits zur Sommelière ausbilden lassen und in den vergangenen Jahren vor allem von Marianne Lang viel gelernt. Während ihres Studiums der Gartenbauwissenschaften fing sie mit einem Minijob bei der Kasdandlerin an. Hochwertige Lebensmittel seien in ihrer Familie schon immer wichtig gewesen. Eigentlich habe sie von einem kleinen Hof mit Gemüseanbau und Restaurant geträumt, erzählt die 26-Jährige. Mangels Bauernhof ist daraus nun ein Käseladen geworden, der sei ihr praktisch „in den Schoß gefallen“. Ihr werde „ein Diamant“ übergeben, schwärmt sie. Dass sie das Geschäft gern einmal übernehmen würde, sei ihr schon nach kurzer Zeit klar gewesen.

So schwer der Abschied von Kunden und Mitarbeiterinnen fällt: Marianne Lang freut sich auch auf das, was jetzt folgt. Sie hat nun endlich mehr Zeit für die Familie – sie hat drei Kinder und vier Enkel. Und sie will endlich mehr auf sich achten und Sport treiben. Die Arbeit sei anstrengend, sagt sie. Käselaibe seien schwer, das Schneiden gehe auf die Schulter, hinzu komme die Kälte. Beim Putzen im Laden ertönte im Radio in diesen Tagen passenderweise ein Lied mit der Zeile: „Wenn sich eine alte Tür schließt, geht eine neue auf.“ Sie wolle nun schauen, „was in mir schlummert“, sagt sie und lacht.

Ein kompletter Abschied wird es ohnehin nicht. Marianne Lang will auf Minijob-Basis stundenweise mitarbeiten. Aylin Sekerzade freut sich auf die neue Aufgabe, hat aber auch „immensen Respekt“ davor, wie sie erzählt. Erstmals bekommt sie es jetzt auch mit dem „bürokratischen Rattenschwanz“ zu tun, den ein solches Geschäft nach sich zieht. Aber bei Fragen ist ihre bisherige Chefin ja nicht aus der Welt – auch wenn auf der Tafel über dem Regal unübersehbar steht: „Ich bin dann mal weg.“

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