Johannes Huber (AfD):Vorzeigemann der AfD

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Wenn Johannes Huber mit Flyern seiner Partei an der Korbiniansbrücke steht, weiß man: Es ist Wahlkampf. Huber hofft, in den Bundestag einzuziehen. (Foto: Marco Einfeldt)

Johannes Huber bleibt oft vage, beschwichtigt - er kann aber auch anders.

Von Clara Lipkowski, Freising

Eigentlich, sagt Johannes Huber, ist die Gegend um die Korbiniansbrücke ja nicht der typische Ort für AfD-Klientel, erst vor Kurzem seien hier Plakate angezündet worden. Ein älterer Radler sieht das wohl ähnlich, als Huber ihn mit einem Flyer in der Hand anspricht. Er sei Umweltschützer, ruft er und rauscht davon. Eine Radfahrerin aber hätte da mal ein paar Fragen. Zur Finanzierung der Rente, etwa. Sie steigt vom Rad und erst zwanzig Minuten später wieder auf. Sie will aber auch wissen: "Was sagen Sie denn dazu, was Ihre Parteispitze da rausgelassen hat von wegen in Anatolien entsorgen?" Johannes Huber zögert kurz. Es ist Spätsommer, es ist Wahlkampf und der Bundestagskandidat will eigentlich Werbung machen für eine Parteiveranstaltung vier Tage später. "Das war unglücklich, damit ist eine Grenze überschritten." Klare Aussage.

Vier Tage später wird er im Hallbergmooser Hausler-Hof sprechen, gegen die CSU sticheln, die "Sekt- und Kaviarpartei". Die Parteikollegen Petr Bystron und Jörg Meuthen hingegen hauen in die Kerbe von Gaulands Aufregersatz. "Selbstverständlich gehört die Frau entsorgt!", sagt Bystron. Und Meuthen: "Gauland untertreibt noch maßlos." Die Redner sind nicht gerade für Leisetreterei bekannt - wie passt Huber dazu?

Er würde seinen Job aufgeben und Nandlstadt verlassen für die Dreieinhalb-Millionen-Stadt Berlin

Läuft für den 30-jährigen Nandlstädter alles nach Plan, ist er nach der Wahl Berufspolitiker. Auf der AfD-Landesliste steht er auf Platz 13, er rechnet sich gute Chancen aus, in den Bundestag zu ziehen. "Die AfD braucht in Bayern je nach Überhangmandaten zwölf bis 13 Prozent", sagt er. Derzeit liegt die AfD im Freistaat laut einer Umfrage bei etwa acht Prozent. Er würde seinen Job als Finanzbuchhalter aufgeben, ein ernstes Gespräch mit der Freundin führen, Nandlstadt mit gerade mal knapp 5300 Einwohnern verlassen für die Dreieinhalb-Millionen-Stadt Berlin. "Manche sagen, Berlin, das ist so eine dreckige Stadt", meint Huber, "aber das stimmt nicht. Berlin ist vielfältig. Es gibt so viele Berlins. Von daher, würde ich mich da schon wohlfühlen". Vielfalt als etwas Positives? Man wundert sich kurz, für seine Vorliebe für "Multikulti" ist Huber bislang nicht aufgefallen.

Trifft man Huber vor der Wahl in der Freisinger Innenstadt zum Gespräch, gibt er sich höflich, aufmerksam. Er sagt "nach meinem Empfinden" oder: "Jetzt mal plakativ ausgedrückt." Und man fragt sich: Was bedeuten diese Phrasen?

Huber bleibt in seinen Aussagen meist schwammig, gerne verwendet er Phrasen

Huber ist politisch vergleichsweise unerfahren, erst 2014 trat er der AfD bei. Davor? Verteilte er mal Infoblätter. 5000 Stück hatte er sich nach Hause bestellt. Er wollte die Leute über die richtige Krisenvorsorge informieren, sollte ein Land aus dem Euro austreten. Huber ist aber auch Vorzeigemann der Freisinger AfD. Er ist offen, bietet ständig an, zu diskutieren, empfiehlt zum Beispiel Fußgängern auf der Brücke, doch bitte alle Wahlprogramme zu lesen. Irgendwann stellt er sich zu der Frau auf die Straße, wegen der Augenhöhe.

Stärker politisiert habe er sich 2008 mit der Bankenkrise, erzählt Huber. Er las, recherchierte. In einem englischsprachigen Journal erfuhr er von der AfD. "Es spricht natürlich auch Bände, dass man das in der deutschen Öffentlichkeit nicht mitbekommen hat." Aber, beschwichtigt er, ob das bewusst unterdrückt wurde, von der Presse, könne er nicht sagen. Vielleicht sei nicht absehbar gewesen, welchen Weg die AfD geht. Er kritisiert - und dann wieder nicht.

"Die Antifa sind die wahren Faschisten in Deutschland." Huber kann drastisch werden

Unscharf bleibt er auch, spricht man ihn auf den Slogan an, mit dem er unterwegs ist: "Hol dir dein Land zurück." Wer hat es uns denn genommen? Huber antwortet mit einer Gegenfrage: Ob man bei den großen Richtungsentscheidungen der letzten Jahren gefragt wurde? Rettung der Banken, Öffnung der Grenzen? Deutschland oder Europa? "Das ist letztendlich - plakativ ausgedrückt - eine kleine Clique von Leuten, die über das Schicksal von Millionen Menschen entscheidet." Huber gibt sich als Vorkämpfer hilfloser Bürger, die übergangen wurden.

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Als Beatrix von Storch im Sommer im Landkreis auftritt, zeigt er, dass er auch rhetorisch schärfer, in der Wortwahl drastischer sein kann: "Die Antifa sind die wahren Faschisten in Deutschland", sagt er. Und: "Unser Land wird heimgesucht von Terrorismus." Auf Youtube befeuert er in einer Rede im Mai die Theorie des Bevölkerungsaustauschs in Deutschland. Und auf Facebook finden sich Äußerungen des Kreisverbands der AfD - seines Kreisverbands - die ebenfalls so gar nicht zu seinem sonst so glatten Auftreten passen: "Ist Ihnen schon klar, dass in den Klassenzimmern auch deshalb kaum mehr deutsche Kinder sitzen, weil Homosexualität derzeit eine Art Konjunktur hat?", lautet der Post am 27. August 2017. Huber beschwichtigt - mal wieder. Ein kleines Team von Autoren schreibe die Posts, nicht er, er finde den Satz auch nicht besonders positiv. Vielleicht ist man im Kreisverband froh über jemanden, der bei öffentlichen Auftritten nicht immer gerade so an der Grenze zum Skandal vorbeischrammt. Der ehemalige Chef des Kreisverbands, Andreas Strixner, sagt: "Er weiß die Grenze zu setzen, andere nicht." Strixner ist im Frühjahr aus der Partei ausgetreten, angeblich, weil ihm die Partei zu radikal geworden war. Huber dagegen nicht.

© SZ vom 12.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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