Kampf um Kunden:Kollegenstreit vor Gericht

Freisinger Taxifahrer muss Strafe für eine Ohrfeige zahlen

Von Peter Becker, Freising

Ungerecht behandelt fühlt sich ein 51-jähriger Taxifahrer. Er soll 4500 Euro zahlen, weil er einem Kollegen eine Ohrfeige gegeben hat, die seiner Ansicht nach keine war. "Ich hab ihm nur einen Wischer gegeben und seine Kappe vom Kopf geschlagen", sagt der Angeklagte am Freisinger Amtsgericht. Richterin Tanja Weihönig und der Staatsanwalt sind aber der Meinung, dass er auch den Wangenknochen seines Kollegen erwischt hat. Der war, wie offenbar auf Fotos zu erkennen ist, stark gerötet. Die Richterin verurteilt den 51-Jährigen deshalb wegen gefährlicher Körperverletzung zu der Geldstrafe. "Dafür arbeite ich doch nicht vier Monate", kommentiert der Mann das Urteil. Lieber setzte er sich für drei Monate ins Gefängnis.

Eingebrockt hat sich der 51-Jährige die Geschichte selbst. Ende April stand er mit seinem Wagen in vorderster Front am Taxistand am Freisinger Bahnhof. Sein Kollege fuhr an ihm vorbei und hielt kurz vor dem Busbahnhof, von dem aus die Linie 635 zum Flughafen fährt. Ein Ehepaar hatte ihm gewunken. Die beiden stiegen ein, als der Beschuldigte neben dem Wagen hielt und sich bei seinem Kollegen beschwerte, dass er ihm die Kunden wegschnappe. Dieser sagt als Zeuge, dass er seine Fahrgäste noch gebeten habe, den Wagen zu wechseln. Die weigerten sich, weil sie es eilig hatten. Zwischen den Taxifahrern entspann sich ein Wortgefecht, das damit endete, dass der Beschuldigte seinem Kollegen ins Gesicht schlug. Der Beschuldigte streitet das ab: "Wir sind Kopf an Kopf und Nase an Nase gestanden." Er habe seinen Kollegen nicht bewusst geschlagen, die Handbewegung sei eher ein "Wischer" gewesen. "Wenn ich zuschlage, schlage ich sauber zu", so der Angeklagte, der in dieser Hinsicht kein unbeschriebenes Blatt ist. Für den "Wischer" hat er einen Strafbefehl über 3500 Euro bekommen, gegen den er Einspruch eingelegt hat. Richterin und Staatsanwalt versuchen zwar, ihn vom Einspruch abzubringen. Sie halten ihm vor, dass am Ende ein höheres Strafmaß herauskommen könne - letztlich vergebens. So müssen die Zeugen aussagen. Der Mann meint, dass es gar nicht den Anschein hatte, als wollte ihr Taxifahrer jemand mitnehmen. Er habe eher zufällig auf sein Winken hin gehalten. Er und seine Frau schildern, dass ihr Chauffeur ruhig geblieben sei, während der Angeklagte auf ihn einredete. Nach dem Schlag wollte ihr Fahrer die Polizei rufen. Doch das Ehepaar drängte zum Aufbruch, ihr Flug wartete.

Erst nach der Rückfahrt erstattete er Anzeige. Ein Polizist sah das gerötete Wangenbein und machte Aufnahmen davon. Der Taxifahrer ließ sich anschließend im Krankenhaus behandeln. Später tat ihm seine Anzeige leid. Er hatte sich mit seinem Kollegen versöhnt und wollte die Anzeige zurücknehmen. Zu spät, die Staatsanwalt hatte besonderes öffentliches Interesse bekundet. "Es handelt sich ja eigentlich um eine Bagatelle", sagt Richterin Tanja Weihönig bei der Urteilsverkündung. Normalerweise hätte sie es bei einer niedrigen Geldstrafe bewenden lassen. Dagegen spricht das Vorstrafenregister. Da finden sich 18 Einträge wegen verschiedener Delikte, auch Schlägereien. Bei allem Verständnis, dass Taxifahren ein hartes Gewerbe sei, erläutert die Richterin, gehe es nicht, dass jemand seinem Kollegen ins Gesicht schlägt, weil er ihm vermeintlich die Fahrgäste weggeschnappt hat.

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