Kampf um den Arbeitsplatz:Harte Gangart

Die Auseinandersetzung zwischen der Kontron AG und ihren von der Absiedelung betroffenen Echinger Mitarbeitern geht weiter. Nun prüft eine Einigungsstelle, wer den Sozialplan erstellen darf

Peter Becker

Die Mitarbeiter der Echinger Kontron-Niederlassung sind gespannt: Eine vom Arbeitsgericht München eingerichtete Einigungsstelle soll herausfinden, ob der Gesamtbetriebsrat oder das lokale Gremium für die Erstellung eines Sozialplans für die Filiale zuständig ist. Hintergrund ist die geplante Absiedelung der Niederlassung. Die Kontron AG plant, in Augsburg einen Technologie-Campus zu gründen und dort ihre Kräfte zu bündeln. Die Konzernleitung hat bereits einen Sozialplan entwickelt, den der Gesamtbetriebsrat abgesegnet hat. Diesen will die Echinger Belegschaft aber nicht akzeptieren.

Der Echinger Betriebsrat hat am Münchner Arbeitsgericht die Einrichtung einer Einigungsstelle erreicht. Diese setzt sich aus einem Richter sowie je einem Vertreter der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmerseite zusammen. Es besteht die Möglichkeit einer Einigung zwischen beiden Parteien. Sollte diese jedoch nicht zustande kommen, zählt das Wort des Richters. In diesem speziellen Fall geht es um die Frage, wer den Sozialplan für die Echinger Kontron-Niederlassung entwickeln darf: der Gesamtbetriebsrat, der sich aus Mitgliedern aller Standorte zusammensetzt, oder eben nur das lokale Gremium. Dieses wehrt sich gegen die geplante Verlagerung nach Augsburg und will auch den bislang geltenden Sozialplan nicht akzeptieren. Der sieht unter anderem eine befristete Zahlung von Kilometergeld, den Einsatz von Bussen oder Leasingautos vor.

Mitarbeiter der Echinger Niederlassung empfinden es so, dass der Konzern ihnen gegenüber seine "harte Gangart" fortsetzt. Ende des vergangenen Jahres seien Beschäftigten die bereits im Sommer angekündigten Versetzungsbescheide und Änderungskündigungen zugegangen. Erstere, sagen Mitarbeiter, seien ohne nähere Angaben Mitte Januar wieder zurückgenommen worden. Kontron-Beschäftigte aus Eching betonen: "Die freie Entscheidung des Unternehmens, seinen Hauptsitz zu verlagern, muss man auch seinen Mitarbeitern zugestehen." Diese müssten frei entscheiden können, ob sie die großen Strapazen auf sich nehmen wollten, die ein Umzug oder ein ständiges Pendeln mit sich brächten.

Mitarbeiter kritisieren den ihrer Ansicht nach einseitigen Sozialplan des Gesamtbetriebsrats, der sich nur auf den Aspekt Mobilität beschränke. Deshalb habe fast ein Drittel der Echinger Niederlassung, die aus annähernd hundert Beschäftigten besteht, Kündigungsschutzklagen erhoben. Die Mitarbeiter, die nicht genannt werden wollen, sind der Auffassung, dass sich die Kontron-Geschäftsleitung diesen Konflikt hätte sparen können, wenn sie einen "gerechten Sozialplan" vorgelegt hätte. Ihnen drängt sich allerdings der Eindruck auf, als wollten die Geschäftsführer lieber Geld für Anwälte aufwenden, um die Klageflut zu bewältigen, als "langjährige und verdiente Mitarbeiter fair und anständig zu behandeln". Die Kritiker des vorgelegten Sozialplans mutmaßen zudem, dass für Führungskräfte der Kontron Holding andere Maßstäbe gelten. Diese würden wohl mit einem "goldenen Handschlag in die Wüste geschickt".

Einige Mitarbeiter zweifeln auch daran, dass sich die Pläne, in Augsburg einen Technologie-Campus zu errichten, ohne große Schwierigkeiten umsetzen lassen. Ihren Informationen zufolge, würden viele Elektronik-Entwickler den Konzern verlassen, nicht nur in Eching, sondern auch in den ebenfalls von der Absiedlung betroffenen Werken in Roding und Kaufbeuren. In Augsburg seien von der historischen Entwicklung des Unternehmens her gesehen keine Entwickler im Einsatz gewesen. Kritiker der Kontron-Geschäftsführung beobachten deshalb mit Spannung, wie der Vorstand "die riesigen Lücken an Know-how-Schwund" füllen und gleichzeitig die Kundenwünsche erfüllen will. Gleichzeitig, monieren sie, würden immer mehr Stellen in der Verwaltung geschaffen.

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