Jugendkorbinian:Drei Komplimente in 72 Sekunden

Jugendkorbinian: 2018 wurde der Festgottesdienst von Jugendkorbinian mit Kardinal Reinhard Marx gefeiert.

2018 wurde der Festgottesdienst von Jugendkorbinian mit Kardinal Reinhard Marx gefeiert.

(Foto: Marco Einfeldt)

Wer beim Jugendkorbinian in der Aktiv-Area in der Luitpoldanlage am Glücksrad dreht, muss eine bestimmte Aufgabe erfüllen. Neben dem Glauben geht es vielen Jugendlichen um die Begegnung mit anderen jungen Menschen.

Von Nadja Tausche, Freising

Erst gemeinsam beten, dann gemeinsam feiern: So lässt sich die Idee der Jugendkorbinianswallfahrt zusammenfassen. Zum 76. Mal sind am Samstag Jugendliche aus dem gesamten Gebiet der Erzdiözese nach Freising gepilgert, manche mit öffentlichen Verkehrsmitteln, andere ganz oder zumindest ein Stück weit zu Fuß. Die Korbinianswallfahrt nach Freising gehört zu den größten Jugendwallfahrten Süddeutschlands, sagt Claudia Hoffmann, Öffentlichkeitsreferentin beim Bund der Katholischen Jugend (BDKJ). Wie viele Besucher heuer da waren, sei schwer zu sagen: Aber 2500 Menschen werden es schon gewesen sein, schätzt sie.

In insgesamt elf Areas haben die Verbände des BDKJ Aktivitäten für die jungen Leute organisiert. Eine davon: Die Aktiv-Area mit dem 72-Sekunden-Glücksrad. Die Aufgabe für den Jungen, der gerade am Rad gedreht hat: Drei Komplimente an Mitmenschen verteilen. "Du bist ein sehr guter Fußballer", sagt er zu seinem Freund, "du hast einen schönen Schal" zu dem Mädchen hinter ihm. In 72 Sekunden müssen die Besucher hier Aufgaben erfüllen, das Ziel der Aktion: Die 72-Stunden-Aktion des BDKJ bekanntzumachen, bei der sich junge Leute bundesweit 72 Stunden lang sozial engagieren. "Wir wollen darauf aufmerksam machen: Wir sind die Jugend, wir können was bewegen", erklärt eine Betreuerin den Jugendlichen am Glücksrad.

Jugendkorbinian: In einem Festzug zogen die rund 2500 Besucher vom Freisinger Dom zur Luitpoldanlange.

In einem Festzug zogen die rund 2500 Besucher vom Freisinger Dom zur Luitpoldanlange.

(Foto: Marco Einfeldt)

Nicht alle Aktivitäten auf dem Korbiniansfestival haben offensichtlich mit Religion zu tun. In der Kino-Area schauen sich Besucher Filme an, den Ton hören sie über Kopfhörer. Es gibt ein weißes Wohnmobil, das als Bücherbus dient. In den Büchern sind Stellen markiert, die zum Motto der Wallfahrt passen, nämlich: "Wofür es sich lohnt". In der Aktiv-Area stehen Mini-Tischtennisplatten bereit, in einem anderen Zelt spielt eine Band Nenas "99 Luftballons". An Essensständen bekommen Besucher unter anderem Kaiserschmarrn und Currywurst, zu trinken gibt es so ziemlich alles außer Alkohol: Der ist auf dem gesamten Gelände verboten, am Eingang wird streng kontrolliert.

Das Korbiniansfestival ist auch ein Begegnungsort

Zum zweiten Mal fand das Korbiniansfestival in diesem Jahr in der Luitpoldanlage statt. Den Auftakt machte am Samstagnachmittag der Gottesdienst mit Kardinal Reinhard Marx. Danach seien die Besucher in einem Festzug zur Luitpoldanlage gewandert, vorne dran die Stadtkapelle, erzählt Hoffmann. "Für die Jugendlichen ist beim Festival die Mischung interessant: Wallfahren, Gottesdienst, Informationen und Aktivitäten." Auch das gemeinsame Feiern gehöre dazu. Bekehren wolle man die Jugendlichen mit der Wallfahrt nicht: "Wer da mitgeht, steht sowieso positiv zum Glauben", sagt Hoffmann. Neben dem Glauben gehe es bei Jugendkorbinian auch um die Begegnung mit anderen jungen Leuten.

Jugendkorbinian: Stimmungsvoll ging es zu in den Aktion-Areas in der Luitpoldanlage. Dort konnte man, wie Valentin aus Langenbach, etwa am HIV-Fragenrad am Stand der Aidsberatungsstelle drehen.

Stimmungsvoll ging es zu in den Aktion-Areas in der Luitpoldanlage. Dort konnte man, wie Valentin aus Langenbach, etwa am HIV-Fragenrad am Stand der Aidsberatungsstelle drehen.

(Foto: Marco Einfeldt)

Genau das gefällt dem 13-jährigen Johannes an der Veranstaltung. Er ist mit einer Gruppe Firmlingen und Ministranten aus Inzell angereist. Vorhin seien sie im Escape Room gewesen und mussten in 15 Minuten Denkaufgaben lösen, um den Raum wieder verlassen zu dürfen, erzählen sie. Dabei habe man neue Leute kennengelernt. Julia,13, ist vor allem vom Gottesdienst begeistert. Der sei ganz anders gewesen als normale Gottesdienste, sagt sie: "Mit viel mehr Stimmung". In der Band haben Schlagzeug und Saxofon gespielt, ungewöhnlich in einer Kirche, erzählen sie und ihre Freundinnen, die bald Firmung haben und aus Lenggries angereist sind.

Mittel gegen den "Jammermodus" im Alltag

An einer Station in der Aktiv Area will man den Besuchern etwas mitgeben, das den Abend überdauert. Die jungen Leute basteln hier durchsichtige kleine Plastikkugeln. Jede davon ist ein sogenannter "Erinnermich", angelehnt an Harry Potter: Da erinnert eine Glaskugel den vergesslichen Neville Longbottom, wenn er etwas vergessen hat. Auch nach dem Korbiniansfestival sollen sich die Besucher an etwas erinnern: Nämlich daran, wofür es sich für sie persönlich lohne, weiterzumachen, erklärt Michaela Lutter von der Katholischen Jugendstelle Fürstenfeldbruck. Im grauen Alltag überwiege oft der "Jammermodus", man vergesse das Positive.

Teresa und Diotima etwa haben ein Stück ihres Korbinian-Armbands abgeschnitten und in die Kugel geklebt, die füllen sie dann mit Glitzer und Kleeblättern. "Dann kann man sich immer erinnern, dass man hier war", sagt Teresa, 15. Die beiden sind an diesem Tag von Pulling zu Fuß nach Freising gelaufen, 1,5 Stunden haben sie gebraucht. Das habe sich aber definitiv gelohnt, meint Teresa: "Man merkt hier, dass es viele andere Jugendliche gibt, die gläubig sind", sagt sie, in der Schule bekomme man davon nicht viel mit.

Den Abschluss des Festivals bildet der sogenannte Nachtimpuls. Dabei wolle man gemeinsam zur Ruhe kommen, erzählt Hoffmann. Auch an die nächste Korbinianswallfahrt wurde schon gedacht. Die nämlich findet am 16. November 2019 statt, das Motto lautet: "Wachgeküsst".

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