Jubiläumsfeier fällt wegen Corona aus:Der Ort am Rande des Buchenwalds

Jubiläumsfeier fällt wegen Corona aus: Vor 1200 Jahren ist der Allershausener Ortsteil Leonhardsbuch zum ersten Mal in einer Urkunde erwähnt worden. Die Feier dieser Ortsgründung ist in diesem Jahr allerdings auch Corona zum Opfer gefallen.

Vor 1200 Jahren ist der Allershausener Ortsteil Leonhardsbuch zum ersten Mal in einer Urkunde erwähnt worden. Die Feier dieser Ortsgründung ist in diesem Jahr allerdings auch Corona zum Opfer gefallen.

(Foto: Marco Einfeldt)

Leonhardsbuch, ein Ortsteil von Allershausen, wurde vor 1200 Jahren zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Edle Männer belegten durch ihre Unterschriften die Gründung der Ansiedlung

Von Alexandra Vettori

Eigentlich hätte in Leonhardsbuch, das zu Allershausen gehört, heuer das 1250-jährige Bestehen groß gefeiert werden sollen, das Programm war schon fast fertig. Doch Corona hat alle Jubiläumsstimmung verfliegen lassen.

Ein Blick auf die Geschichte des Dorfes, das heute direkt neben der A 9 ein paar Kilometer südlich von Allershausen liegt, lohnt sich auch ohne Festivitäten. Davon ist nicht nur Beat Bühler überzeugt, der Vorsitzende des "Geschichtsforum Landkreis Freising". Er wohnt nicht nur selbst in Leonhardsbuch, er hat zum Jubiläum auch ein paar Fakten zur Geschichte zusammen getragen. "Sonst wäre ja gar nichts passiert", sagt er trocken.

Dabei ist die erste urkundliche Erwähnung durchaus eine Besonderheit, wurde sie doch von ungewöhnlich illustren Zeugen unterzeichnet. Wie so oft im Freisinger Land findet sich die erste Erwähnung von Leonhardsbuch, das damals freilich anders hieß, in der Sammlung der Freisinger Traditionen, der frühesten Urkundenüberlieferung des Bistums. Seit dem Jahr 824 hat der Leiter der bischöflichen Kanzlei, Cozroh, Urkunden in das Traditionsbuch kopiert.

Es war also am 26. September 770, als sich auf dem Domberg, der Burg ("castrum") von Freising, eine Gruppe von einflussreichen Männern versammelt hatte, belegt durch ihre Unterschriften auf besagter Urkunde. An erster Stelle stand da der bayerische Herzog Tassilo III, dann Heres (sonst Arbeo genannt), der Bischof von Freising, sowie Alim, der Bischof von Säben (später Brixen in Südtirol). Am Ende der Zeugenreihe ist von Virgil, dem Bischof von Salzburg, und Wisurich (Uuisurih), dem Bischof von Passau, die Rede. Dass sich solche eine edle Schar eingefunden hatte, um den Rechtsakt zu bezeugen, bei dem Cello und sein Sohn Oadalker, "durch göttliches Erbarmen Priester", ihren Leonhardsbucher Besitz der Kirche von Freising übergaben, bezweifelt Beat Bühler. "Da muss es schon einen anderen Grund haben", sagt er überzeugt. Er vermutet, dass das Treffen mit der bayerischen Regionalsynode von Dingolfing zusammen hing, die im gleichen Jahr stattfand.

Das könnte auch mit der zweiten Besonderheit der Urkunde zu tun haben, der nämlich, dass sie ein genaues Datum trägt. Normalerweise, erklärt Bühler, gibt es in den Traditionen meist Zeiträume. Die Urkunde von 770 aber habe ein festes Datum nach dem römischen Kalender. Dieser kennt nur Nonen, Iden und Kalenden als feste Monatstage, Kalenden bezeichnen den ersten Tag eines Monats. "Deshalb wurde die Urkunde von 770 sechs Tage vor den Kalenden des Oktobers geschrieben, am 26. September", so Bühler. Das Jahr 770 werde durch die Regierungsjahre von Herzog Tassilo III. bestimmt, wonach er damals im 23. Jahr seiner Herrschaft stand.

Unklar ist, was mit der Ortsbezeichnung "Poh" genau gemeint ist. Sicher ist, es ging um fünf Siedlungen. "Der Ort namens Poh erschließt sich nicht unmittelbar, weil es diesen Namen öfter gibt", sagt Bühler und verweist auf die Bedeutung Buchenwald. Neben Leonhardsbuch gibt es das benachbarte Hinterbuch und Schernbuch bei Paunzhausen. Zwei Geistliche und Hobby-Historiker plädierten ebenfalls für "Leonhardsbuch": Sebastian Freudensprung (1796-1866) und Joseph Grassinger (1818-1872), der eine Geschichte der Pfarrei Allershausen geschrieben hat. Theodor Bitterauf, der 1905 die "Freisinger Traditionen" herausgab, übernahm diese Lesart, schrieb aber in der Überschrift "Leonhards(?)buch". Im Namensregister führt er allerdings erst eine Urkunde von 826 als erste Namensnennung an. Anton Huber, der die Ortsnamen des Landkreises zusammengestellt hat, sieht "Leonhardsbuch" erst 826 als erwähnt an. In dieser Urkunde vom 21. März 834 übergibt die Nonne (ancilla Christi) Heilrat ihren und ihres Bruders Besitz gegen Lehen in Buch ("Poach"). Grassinger plädiert erneut für "Leonhardsbuch", während Freudensprung den Ortsnamen auf "Hinterbuch" oder "Schönbuch" bezieht. In einer weiteren Urkunde aus der Zeit von 981 bis 994 ist von Liegenschaften "in Laimbach" ("Leimiginbach") und "Poacha" die Rede. Bitterauf sagt hier, es sei "wohl Leonhardsbuch" gemeint.

Die Historikerin Gertrud Diepolder ging 1964 von dieser Zuordnung aus: "Wenige Kilometer von Kienberg, aus Leonhardsbuch, macht 770 ein Oadalker, Sohn des Cello, in Freising eine feierliche Schenkung vor vornehmen Zeugen". Auch für den Historiker Michael Mitterauer war 1963 diese Zuordnung klar. Letztlich, so Bühler, sei die Frage von "Poh" nicht restlos zu klären. Ganz sicher wird es 1479, als laut Anton Huber erstmals von "Lienhartzpuch" die Rede ist. Da gehörte der Ort zur Herrschaft Massenhausen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: