30 Jahre  nach der Schließung der Auer "Tenne":Revival-Party  im Rock-Tempel

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Auch die bayerische Kultband Spider Murphy Gang, hier bei einem Auftritt in Geretsried, ist schon in der "Tenne" aufgetreten. (Foto: Harry Wolfsbauer)

In den Siebzigern und Achtzigern war die "Tenne" in Au eine Kultdiskothek, deren Gäste sogar aus München und Ingolstadt kamen. 30 Jahre nach ihrer Schließung erinnert eine Revival-Party an die gute alte Zeit.

Von Peter Becker, Au

Der 30. Juni 1986 war ein trauriger Tag für die Hallertau. Zumindest, wenn man damals jung war, keinen "Discostampf" mochte, sondern auf Rockmusik stand. Denn an diesem denkwürdigen Tag gingen in der Diskothek "Tenne" in der Marktgemeinde für immer die Lichter aus. Für einen Abend soll an diesem Samstag in der Auer Hopfenhalle noch einmal das besondere Flair der einstigen Kultdisco entstehen. Dort steigt eine "Tenne-Revival-Party", die von der Feuerwehr auf die Beine gestellt wird. Mit von der Partie ist DJ Tom Sachsenhauser, der schon damals in der "Tenne" aufgelegt hat.

"Lindenkeller" in Freising, "Madhouse" in Moosburg, "Titanic" in Aufhausen im Landkreis Erding - das waren die Ziele, die Fans von Rockmusik in den späten Siebzigern und den Achtzigern Wochenende für Wochenende ansteuerten. Mit zum illustren Zirkel gehörte die "Tenne" in Au. "Eigentlich war es früher ein Kino", erzählt Rich Ermeier, in den Achtzigerjahren selbst Stammgast der "Tenne". Er hat auch mit den Anstoß zu der Revival-Party gegeben. Das Kino wandelte sich in ein Tanzcafé, in dem noch richtige Kapellen spielten. Seit 1968 residierte dort ein DJ. In den Siebzigern hieß die Disco "In In 70-Au", bevor sie zuletzt in "Tenne" umgetauft wurde. Ihr Markenzeichen war, dass sie sich von der damals von den USA nach Deutschland schwappenden Discowelle absetzte und konsequent Rockmusik in ihren verschiedensten Facetten spielte. "Melodiöse Rockmusik", erinnert sich Ermeier. Das lag darin begründet, dass der damalige Pächter in seinem Lokal keine Hitparadenmusik hören wollte.

Die "Tenne" erwarb sich einen Ruf, der bald über die Grenzen der Hallertau hinausging. Die Rockfans kamen natürlich aus nahegelegenen Städten wie Freising oder Pfaffenhofen, aber auch aus München oder Ingolstadt. Weil sie entsprechend gekleidet waren, erregten sie natürlich den Argwohn der Auer Bürger. Ähnlich, wie in Gammelsdorf, wo im "Zirkus" - übrigens auch ein ehemaliges Kino" - zu Metall- oder Punkkonzerten ein ebenso illustres Publikum verkehrte.

Angeblich ließ sich sogar der Schauspieler Raimund Harmstorf, bekannt geworden durch den ARD-Vierteiler "Der Seewolf", in dem er als raubeiniger Kapitän eine angeblich rohe Kartoffel mit der Hand zerquetschte, bisweilen in der "Tenne" sehen. Ob dem so ist, weiß Ermeier nicht, ebenso wenig, ob das Gerücht stimmt, dass dort die später weltberühmt gewordenen "Scorpions" aufgetreten sind. Mit Sicherheit weiß er aber, dass dort "Cacumen" auftrat. Eine Ingolstädter Band, die sich später in "Bonfire" umbenannte. Natürlich spielte dort auch die "Spider Murphy Gang" mal auf. Sogar das Magazin "Der Stern" widmete der "Tenne" einen Beitrag, als er recherchierte, was die Jugend auf dem Land am Samstagabend so alles treibt.

Anfang der Achtzigerjahre ebbte die Discowelle langsam ab. Im Zug der aus Großbritannien herüberschwappenden New Wave, einer Weiterentwicklung von Punk, und dem New British Steal, der neuen Hardrock-Generation, gewann das Rockgenre immer mehr Anhänger. Die Folge davon war, dass jetzt überall Diskotheken entstanden, die Rockmusik spielten. Der Andrang ließ nach. Den Anwohnern der "Tenne" war es aber immer noch laut genug.

Was Ermeier weniger gefiel: Im Laufe der Zeit wurde immer mehr Funkmusik in der "Tenne" gespielt. Das Publikum änderte sich. Es kamen mehr "Popper", die so gar nicht nach dem Geschmack Ermeiers waren. Was dagegen konstant blieb, waren die Beschwerden der Nachbarn. Es sei schon manches grenzwertig gewesen", gibt Ermeier heute im Rückblick zu. Die Gemeinde kaufte 1986 die "Tenne" und dann war Schluss. Die Diskothek wurde geschlossen. Ob dies auf Druck der Anwohner auf die Marktverwaltung geschah? Der Verdacht liegt nahe, aber Ermeier weiß es nicht mit Sicherheit. Ein paar Wochen später machte die "Tenne" in Mainburg neu auf.

Ermeier erinnert sich gerne an die Zeit zurück. Die "Tenne" sei ja damals die Wirtschaft gewesen, die in Au am frühesten aufgemacht habe. Nach dem Gottesdienst war dies für Jugendliche die erste Anlaufstelle in der Früh. Ob die Diskothek heute noch konkurrenzfähig wäre? Wohl kaum. Ermeier glaubt, dass sich durch die vielen Feste, die Vereine heute veranstalten, ein solcher Betrieb kaum mehr lohne. Mit Spannung beobachtet er deshalb, wie sich das Rockcafé in Mainburg entwickelt, das dort aufgemacht hat.

In den vergangenen Jahren hat es jeweils am Faschingssonntag kleiner Veranstaltungen gegeben, die an die Auer Diskotheken "Tenne" und "Tiffany" erinnerten. Letztere war im Jahr 2000 abgebrannt. Bei der Revival-Party am Samstag erwartet die Rockfans Musik von "America" bis "Zappa" versprechen die Veranstalter. Die Party beginnt um 20 Uhr. "Altersgemäß", sagt Ermeier augenzwinkernd. Denn das einst jugendliche Publikum ist in die Jahre gekommen. Einlass ist erst ab 25 Jahre. Der Eintritt kostet vier Euro. Bis 21 Uhr ist "Pils-Time" - so wie einst in der "Tenne.

© SZ vom 24.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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