Süddeutsche Zeitung

Islam kennenlernen:"Unwissenheit macht anfällig für Ängste"

Einmal mehr haben die Ahmadiyya-Muslime zum Dialog und gegenseitigen Kennenlernen in ihre Moschee an der Massenhausener Straße eingeladen. Neufahrns Bürgermeister Heilmeier lobt das Engagement der Muslime im Ort.

Von Birgit Grundner, Neufahrn

Die Gastgeberinnen sind nicht überrascht, als die Frage kommt. Wie das denn nun mit dem Kopftuch sei, will eine Besucherin wissen. In Deutschland gebe es doch "einen sehr offenen Umgang" zwischen Männern und Frauen. Sei es da nicht schwierig, "diesen Weg zu gehen"? Shagufta Naveed, die als Muslima in Deutschland aufgewachsen ist, kennt solche Fragen. "Das ist keine Einschränkung für mich", betont sie. Vielmehr habe sie dadurch doch die Möglichkeit, sich frei zu entscheiden: "Ich stelle mich nur so zur Schau, wie ich das möchte."

Auch die evangelische Pfarrerin hakt nach. Warum die Ahmadiyya Muslim Jamaat denn von den anderen islamischen Gemeinden so ausgegrenzt werden, will Karin Jordak wissen. Weil sie im Gegensatz zu den anderen glauben, dass es nach Mohammed bereits einen weiteren Propheten gegeben hat, erklären die Gastgeberinnen: Es sei eben jener Mirza Ghulam Ahmad gewesen, der im 19. Jahrhundert in Indien ihre Gemeinde gegründet hat.

"Ein Beispiel dafür, dass Vielfalt Reichtum sein kann"

Einmal mehr haben die Ahmadiyya-Muslime zum Dialog und gegenseitigen Kennenlernen in ihre Moschee an der Massenhausener Straße eingeladen. Imam Malik Usman Naveed weiß: "Unwissenheit über den Islam macht anfällig für Ängste", und dem will er entgegenwirken. "Wir sind Teil der Gemeinde Neufahrn", betont auch Sprecher Irfan Tariq. Das soll mit dem Neujahrsempfang auch zum Ausdruck gebracht werden. Rund 20 Vertreter von Vereinen, Kirchen und politischer Gemeinde sind gekommen, darunter Bürgermeister Franz Heilmeier (Grüne). Der Rathauschef lobt das Engagement der Muslime, die im Ort zum Beispiel den Neujahrsputz übernehmen, Charity Walks für soziale Zwecke veranstalten, Bäume pflanzen, zum "Tag der offenen Moschee" einladen, immer wieder das Gespräch suchen. Sie würden "friedliches Miteinander gestalten", lobt Heilmeier, und sie seien ein "Beispiel dafür, dass Vielfalt Reichtum sein kann".

Deutschlandweit hat die Glaubensgemeinschaft mittlerweile mehr als 50 Moscheen. Die Moschee in Neufahrn ist Treffpunkt für gut 300 Mitglieder im Großraum München und wird von Imam Malik Usman Naveed betreut, der sich auch noch um andere Ahmadiyya-Gemeinden in Bayern kümmert. Mit seiner Frau Shagufta und den beiden kleinen Söhnen lebt er in einer Wohnung im Obergeschoss. Wenn er von Angela Merkel spricht, bezeichnet er sie als "unsere liebe Kanzlerin", und völlig selbstverständlich sagt er auch "wir Deutsche". Dass Nicht-Muslime in die Moschee kommen, ist aber auch für ihn nicht alltäglich. "Es freut mich sehr, dass Sie Mut zeigen und Offenheit bewahrt haben", begrüßt er die Gäste. Es sei wichtig, Informationen aus erster Hand einzuholen und sich Zeit zu nehmen "für eine andere Perspektive.'"

Im Gebetsraum erleben die Besucher etwa mit, wie aus dem Koran rezitiert wird, und sie sehen einen PR-Film über die Aktivitäten der Ahmadiyya Muslim Jamaat in ganz Deutschland und darüber hinaus. Danach gibt es einen Imbiss - getrennt für Männer und Frauen. Das sei "eine Möglichkeit", aber "nicht Pflicht", betont der Imam. Frauen seien im Islam "gleichwertig", und sie würden auch dazu angehalten, sich zu bilden. 40 Prozent der Frauen in seiner Gemeinde haben dem Imam zufolge Abitur. Um "starke Frauen aus der Geschichte des Islam und deutsche Muslimas aus dem Hier und Jetzt" geht es auch bei der nächsten öffentlichen Veranstaltung in der Moschee am 9. März. Die Organisation übernimmt die Frauenvereinigung Lajna Imaillah.

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