Süddeutsche Zeitung

"Intensive Empfehlung":Radeln nur mit Helm

Die Polizei rät, den Kopf zu schützen, um bei Stürzen lebensbedrohliche Verletzungen zu vermeiden. Im Winter steigt die Unfallgefahr zusätzlich. Kontrollen sollen Radfahrer für Gefahren in der dunklen Jahreszeit sensibilisieren.

Von Mark Geiger, Freising

Schwere Fahrradunfälle enden für die Beteiligten oft im Krankenhaus. Wer auf der Straße fällt, stürzt ungebremst auf den harten Asphalt. Eine Kopfverletzung kann lebensbedrohlich sein. Dennoch verzichten viele Radfahrer auf einen Helm. Der ist in Deutschland nicht Pflicht, doch Ernst Neuner, Chef der Freisinger Polizeiinspektion, spricht eine "intensive Empfehlung" aus: "Bei einer Vielzahl von Unfällen hätte ein Helm die Kopfverletzungen gemindert oder sogar verhindert." Ausreden gibt es für Neuner nicht: "Der Helm verhindert nicht alles, aber er verschlimmert auch nichts." Die meisten Fahrer aber zögen den Helm nur für längere Fahrten auf. Der Polizeichef jedoch mahnt: "Die größere Gefahr herrscht auf der Kurzstrecke durch die Stadt auf Asphalt und mit vielen anderen Verkehrsteilnehmern. Da sind viele Unwägbarkeiten."

Im Winter steigt die Unfallgefahr zusätzlich. Auch der Allgemeine Deutsche Fahrrad Club Freising (ADFC) veröffentlichte vor Kurzem eine Liste mit Ratschlägen für die kalte Jahreszeit. Der Club warnt vor der Rutschgefahr auf vereisten oder verschneiten Fahrbahnen und der schlechten Sicht durch Nebel oder frühere Dämmerung. Auch der Streukies bringt auf Asphalt Räder ins Rutschen, und führt bei Stürzen zu schlimmen Wunden. Neuner gibt zusätzlich zu bedenken: "Junge und alte Fahrer sind die schwächeren Teilnehmer". Sie sind besonders gefährdet.

Das zeigen zwei Unfälle in den vergangenen Tagen. Ein 14-jähriges Mädchen wurde schwer verletzt ins Freisinger Krankenhaus gebracht. Mittags streifte sie das Heck eines stehenden Autos und stürzte. Sie trug keinen Helm, aber hörte Musik über Kopfhörer. Das ist laut Neuner nicht erlaubt, denn "man beraubt sich der audiomäßigen Wahrnehmung". Die Ordnungswidrigkeit kostet zehn Euro. Der Bundesverband des ADFC präzisiert zwar, dass laut Gesetz die Lautstärke entscheidend ist, rät vom Gebrauch der Kopfhörer aber dringend ab.

"Im Alter ist man motorisch eingeschränkt"

Zudem stürzte mittags ein 96-jähriger Radfahrer und endete mit leichten Verletzungen im Klinikum. Er wich einem Kind aus, fuhr auf die Straße und blieb beim Wechsel zurück auf den Gehsteig am Bordstein hängen. Neuner dazu: "Im Alter ist man motorisch eingeschränkt. Die Reaktion nimmt ab." Viele Ältere kompensierten zwar dank ihrer Erfahrung körperliche Einschränkungen, aber eben nicht alle: "Solche Einschränkungen und Unsicherheiten führen häufig zum Sturz." Neuners Rat: "Jeder sollte sich selbst und sein Können realistisch einschätzen." Gerade Fahrer von Elektrorädern müssen das beherzigen. Der ADFC erinnert an die hohen Geschwindigkeiten, die möglich sind, und an das ungewohnte Fahrverhalten. "Das betrifft vor allem ältere Menschen", so der Verein, "die lange nicht gefahren sind oder selten aufs Rad steigen. Wir können besonders ihnen spezielle Kurse zur Handhabung empfehlen, bevor sie aufs Pedelec steigen."

Da die Tage kürzer werden, spielt auch die Beleuchtung eine Rolle. Pflicht sind an jedem Rad zu jeder Zeit des Jahres ein Vorder- und Rücklicht, sowie Rück- und Seitenstrahler, bevorzugt mit Standlicht. Die Anlage muss immer bereit sein. Am Montag- und Dienstagabend der vergangenen Woche führte die Polizei verstärkte Kontrollen durch, um Radfahrer über die Gefahren mangelnder Beleuchtung in der Nacht aufzuklären. "Wir werden das wiederholen", verkündet Neuner, "weil die Leute sich auch erst wieder dran gewöhnen müssen, dass es früher dunkel wird."

Vor allem empfiehlt der Polizeichef aber den Schutzhelm und verweist auf das Skifahren, wo sich der Helm ohne Pflicht eingebürgert hat: "Jeder sollte auf seinen Kopf achten." Ebenso nachdrücklich rät der ADFC zum Schutzhelm. In der dunklen und rutschigen Jahreszeit keine schlechte Idee.

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Quelle:
SZ vom 14.11.2018/nta
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