Süddeutsche Zeitung

Insolvenz der Großbäckerei:Spediteur von Müller-Brot ist pleite

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Nach dem Skandal um hygienische Mängel meldete Müller-Brot Insolvenz an, nun ist auch der Spediteur der Großbäckerei pleite. Offenbar schuldet Müller-Brot dem Freiberger Transportunternehmen mit mehr als 150 Beschäftigten, das fast nur im Auftrag der Bäckereikette fuhr, eine erhebliche Summe.

Katja Riedel

Durch den Hygieneskandal und die Insolvenz der Großbäckerei Müller-Brot sind weitere Arbeitsplätze akut in Gefahr: Die HDM Transportlogistik GmbH aus Freiberg am Neckar in Baden-Württemberg hat in der vergangenen Woche beim Amtsgericht Ludwigsburg Antrag auf Insolvenz gestellt.

Es bestünden "erhebliche Forderungen" gegen Müller-Brot, sagte der vorläufige Insolvenzverwalter Steffen Beck am Freitag der SZ. Offenbar soll es sich um mehr als eine halbe Million Euro handeln, die Müller-Brot dem Unternehmen schuldet. HDM hat Beck zufolge den größten Teil der Transportlogistik für Müller-Brot erledigt und in Bayern und Sachsen Backwaren ausgefahren. HDM habe etwa 95 Prozent des eigenen Umsatzes mit Müller-Brot bestritten und sei in den vergangenen Monaten bereits in Schwierigkeiten gekommen.

Nachdem am 30. Januar die Produktion bei Müller-Brot wegen Schädlingsbefall stillgelegt worden war, hat auch bei der HDM Transportlogistik schlagartig der Betrieb stillgestanden, so Insolvenzverwalter Beck. Er sehe für das Unternehmen ohne Müller-Brot "nahezu keine Chance mehr, etwas zu retten". Von der Insolvenz seien 168 Mitarbeiter betroffen.

Müller-Brot beschäftigt auch weiterhin die Staatsanwaltschaft Landshut. Sie prüft unter anderem den Vorwurf der Insolvenzverschleppung. Dazu warte man das Gutachten des vorläufigen Insolvenzverwalters Hubert Ampferl ab, hieß es am Freitag. Aus dem Gutachten ließe sich erkennen, ob es möglicherweise Unregelmäßigkeiten in der Buchführung gab. Ein Ergebnis sei frühestens in zwei bis drei Monaten zu erwarten.

Der Verdacht auf Veruntreuung der Kautionen, die Franchisenehmer an Müller-Brot gezahlt hatten, habe sich bislang nicht erhärtet. Zwar seien keine Sonderkonten gefunden worden, auf denen die Gelder verwahrt wurden. Dies sei bei Gewerbemieten aber auch nicht gesetzlich vorgeschrieben. Die Kautionen, teilweise mehrere zehntausend Euro, seien in den Büchern als Verbindlichkeiten eingetragen und nicht einfach verschwunden, so die Staatsanwaltschaft. Sie werde nun die Pachtverträge prüfen. Nur wenn dort eigens vereinbart sei, dass diese Gelder sicher angelegt werden müssen, handele es sich um eine Straftat.

Bereits seit Mai vergangenen Jahres ermitteln die Staatsanwälte zudem wegen möglicher Verstöße gegen das Lebens- und Futtermittelgesetz gegen fünf verantwortliche Mitarbeiter von Müller-Brot. Die Betroffenen und eine größere Anzahl aktueller und ehemaliger Mitarbeiter aller Hierarchieebenen sei bereits gehört worden. Derzeit wird ermittelt, welche Menge von Produkten, die bei einem Verbraucher aufgrund der Produktionsumstände Ekel hätten erregen können, überhaupt ausgeliefert und verkauft wurden. Deshalb ist nicht mit einem schnellen Abschluss des Verfahrens zu rechnen.

Jahrelange Verstöße ergäben sich aus den bisherigen Ermittlungen nicht, heißt es bei der Staatsanwaltschaft. Der Produktionsstopp Ende Januar sei vor allem dadurch bedingt gewesen, dass Lebensmittelmotten nicht mehr nur in Ritzen und hinter Verkleidungen, sondern offen sichtbar auch in den Produktionsräumen gefunden wurden. Weil diese sich dann auf Backwaren hätten niederlassen können, habe man die Reißleine ziehen müssen. Befragte Hygieneexperten hielten es laut Staatsanwaltschaft für denkbar, dass den Schädlingen in diesen Nischen gerade durch die verstärkte Reinigung die Lebensgrundlage entzogen worden sei und diese neue Nahrung in der Halle gesucht hätten.

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SZ vom 05.03.2012/afis
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