Hausärzte im Landkreis Freising:"Wir können das nicht mehr stemmen"

Hausärzte im Landkreis Freising: Baut für die Drittimpfungen gegen Corona auf die Hilfe des Impfzentrums: Hausarzt Odo Weyerer.

Baut für die Drittimpfungen gegen Corona auf die Hilfe des Impfzentrums: Hausarzt Odo Weyerer.

(Foto: Marco Einfeldt)

Weil es in Testzentren nicht mehr für alle PCR-Tests gibt und die Anfragen nach der Drittimpfung gegen Corona zunehmen, geraten Hausärzte an ihre Kapazitätsgrenzen. Das Impfzentrum könnte leicht wieder hochgefahren werden.

Von Gudrun Regelein, Freising

Im Seniorenpark Schönblick in Nandlstadt wurden bereits 59 der 74 Bewohner zum dritten Mal gegen Covid-19 geimpft. Auch 15 Pfleger waren bei der sogenannten Booster-Impfung, für die mobile Impfteams in die Einrichtung kamen. "Ich sehe die Notwendigkeit für die Impfung - sie ist das letzte Mittel, das wir haben", sagt Manuel Khauer, einer der beiden Geschäftsführer. Die Bewohner, eine besonders vulnerable Gruppe, müssten geschützt werden. Die zuletzt oft gehörte Forderung, die Drittimpfungen sollten allein von den Hausärzten ausgeführt werden, stößt unterdessen beim Freisinger Mediziner Odo Weyerer auf wenig Gegenliebe.

Aktuell empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) die Auffrischung für Menschen ab 70 Jahren, daneben auch für Pflegekräfte und Bewohner von Pflegeheimen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn dagegen will allen Menschen in Deutschland eine Auffrischungsimpfung gegen das Coronavirus anbieten. Bei der Konferenz der Gesundheitsminister in Lindau, die am Donnerstag begonnen hat, sind die Booster-Impfungen ein großes Thema.

Unzählige Anrufe von Patienten, die wissen wollen, ob sie sich nun zum dritten Mal impfen lassen sollen

Die Verunsicherung sei sehr groß, berichtet der Freisinger Hausarzt Weyerer. Täglich gebe es unzählige Anrufe von Patienten, die wissen wollen, ob sie sich nun zum dritten Mal impfen lassen sollen oder können. Weyerer hält sich an die Empfehlung der Stiko: Er impft derzeit nur über 70-jährige Patienten, die bereits sechs Monate Abstand zur zweiten Impfung haben. Jeden Donnerstagnachmittag werde in der Praxis nur geimpft, etwa 80 Patienten seien es wöchentlich. "Sobald es eine Empfehlung auch für jüngere Menschen gibt, dann starten wir auch mit diesen", sagt er.

Die Drittimpfungen aber könnten nicht alleine von den Hausärzten geleistet werden, betont Weyerer. "Dafür haben wir nicht die Kapazitäten, wir laufen über." Ein Grund dafür sei, dass in den Testzentren Mitte Oktober die Möglichkeit, kostenlos und ohne Symptome PCR-Tests zu machen, weitgehend weggefallen ist. Kostenpflichtige Tests werden dort gar nicht mehr angeboten. Nur für bestimmte Gruppen - beispielsweise für schwangere Frauen, Kinder und Jugendliche, für Personen mit Kontraindikation für die Impfung oder Beschäftigte von stationären Pflegeeinrichtungen - besteht weiter die Möglichkeit, sich kostenfrei testen zu lassen.

Im Impfzentrum werden aktuell noch etwa 100 Termine am Tag angeboten

Die Hausärzte würden nun von Patienten, die einen PCR-Test brauchen oder wünschen, überrollt, berichtet Weyerer. "Das ist katastrophal." Er schaffe es nicht mehr, alle seine symptomatischen Patienten zu testen, allein von der Zahl her nicht. Auch müsse man diese von den anderen Patienten fernhalten, um eine mögliche Ansteckung zu vermeiden. "Wir können das nicht mehr stemmen." Die Booster-Impfung für alle sei wichtig, betont der Arzt, geschehen könne dies aber nur gemeinsam mit dem Impfzentrum, sagt Weyerer. Er sei froh um eine Entlastung, schließlich gebe es auch noch andere Patienten zu versorgen.

Das Impfzentrum in Freising, dessen Träger der Landkreis ist, wurde nie geschlossen, nur die Kapazitäten wurden heruntergefahren, berichtet Robert Stangl, Pressesprecher im Landratsamt. Etwa 100 Termine werden dort derzeit täglich angeboten, wenn notwendig könne man die Zahl wieder auf 500 hochfahren. Insgesamt sind drei mobile Teams aktiv: Zwei seien derzeit verstärkt wegen der Drittimpfung unterwegs - und auch an den Schulen sei man am Impfen. Das dritte Team dagegen ist im Impfzentrum tätig.

Falls die Zahl der Drittimpfungen von Jüngeren nach oben schnelle, könne man das händeln

Dort gebe es bereits Drittimpfungen, wenn auch nur wenige, "weggeschickt wird niemand", berichtet Albert Söhl. Er ist der Kreisgeschäftsführer des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK), das das Impfzentrum in Freising betreibt. Mit der Booster-Impfung in den Seniorenheimen und den Einrichtungen der Lebenshilfe sei man schon sehr weit gekommen, "Mitte November werden wir wohl fertig sein".

Falls die Zahl der Drittimpfungen von jüngeren Menschen also nach oben schnelle, könne man das händeln, ist sich Söhl sicher. Denn nicht alle müssten ja sofort geimpft werden, das werde sich - abhängig vom Termin der Zweitimpfung - bis in den Januar oder Februar hineinziehen", erklärt er. Zukünftig könnten auch wieder mehr Teams im Zentrum arbeiten und nur noch eines im Landkreis unterwegs sein. "Und falls es wirklich notwendig wird, ist geplant, die Teams aufzustocken", sagt Söhl. Allerdings werde es wohl nicht leicht sein, dafür qualifizierte Fachkräfte zu finden. Viele der früheren Helfer, denen - als die Kapazitäten heruntergefahren wurden - gekündigt werden musste, hätten mittlerweile einen anderen Job gefunden.

Für die Drittimpfung wird man sich erneut beim Impfportal anmelden müssen

Gemeinsam mit den Hausärzten werde die Drittimpfung im Landkreis aber gut über die Bühne gehen, sagt Söhl. "Dieses Mal sind die Ärzte von Anfang an dabei, das nimmt Druck." Inzwischen seien die Abläufe auch eingespielt, alles laufe viel schneller.

Für die Drittimpfung werde man sich aber erneut beim Impfportal anmelden müssen, macht Söhl deutlich. Neu werde sein, dass sich jeder seinen Impfstoff aussuchen könne. Im Impfzentrum werde dann wohl tageweise immer nur ein Vakzin verimpft.

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