2017  im Freisinger Stadtratt:Reichlich Wirbel

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Einen traumhaften Ausblick hat man von der Terrasse des Diözesanmuseums auf Altstadt und Weihenstephaner Berg. Bisher ist sie nicht öffentlich zugänglich, künftig soll sie aber gastronomisch genutzt werden. (Foto: OH)

Auf dem Domberg ist seit jeher viel in Bewegung. In der Diskussion um den Abriss des Oktogons hätte es sich die Erzdiözese wohl etwas ruhiger gewünscht. Doch die Chancen auf eine Einigung stehen gut

Von Petra Schnirch, Freising

Will man es positiv formulieren, kann man festhalten, dass der Domberg schon immer ein lebendiger Ort war und dort seit jeher viel in Bewegung ist. Viele Freisinger schmerzt aber, welche Schätze dort bereits verloren gegangen sind - ein besonders krasses Beispiel aus jüngerer Zeit ist der Abriss der romanischen Martinskapelle 1959. Vielleicht liegt es auch an so manch unsensibler Entscheidung der Vergangenheit, dass der nun geplante Abriss des Oktogons am Diözesanmuseum so leidenschaftliche Reaktionen auch unter den Stadträten hervorgerufen hat.

Tatsächlich ist es ein schwieriger Abwägungsprozess. Ist der Turm weniger erhaltenswert, weil er erst einige Jahre später an das 1868 bis 1870 erbaute Knabenseminar für die Sanitäranlagen angefügt wurde? Ist er gar ein Störfaktor an dem spätklassizistischen Bauwerk von Matthias Berger oder aber ein originelles Detail, das vor allem die Ansicht des Dombergs von der Altstadt aus seit mehr als 130 Jahren prägt?

Dass die Diskussion um das Oktogon in den vergangenen Wochen so heftig geführt wurde, überrascht insofern, als schon bei der Vorstellung des Siegerentwurfs für Umbau und Sanierung des Diözesanmuseums im Juni 2015 klar war, dass der Anbau wegfallen soll - den Entwurf des Büros Brückner & Brückner lobte die Jury damals ausdrücklich für den behutsamen Umgang mit der Bausubstanz (das Oktogon mal ausgenommen). Auch das Landesamt für Denkmalpflege stimmte dem Abriss des Turms zu. Um den Brandschutz zu gewährleisten und das Gastronomiekonzept verwirklichen zu können, das die bisher brach liegende Terrasse mit einmaligem Blick auf Stadt und Weihenstephaner Berg einbeziehen will, sieht Architekt Peter Brückner keine andere Möglichkeit.

Dass eine knappe Mehrheit der Stadträte den Bauantrag des Erzbistums Ende Oktober dennoch abgelehnt hat, nachdem eineinhalb Jahre lang daran gefeilt worden war, versetzte sowohl Brückner als auch die Verantwortlichen in der Erzdiözese in eine Art Schockzustand. Vor allem Stadtheimatpfleger Norbert Zanker hatte sich in den Monaten zuvor vehement für das Oktogon eingesetzt und sogar eine Petition im Landtag eingereicht, die allerdings abgelehnt wurde.

Zuletzt gab es also reichlich Wirbel und einige in der Erzdiözese äußerten offenkundig Zweifel, ob die Freisinger die geplanten Investitionen am Domberg in einer Größenordnung von mehr als 100 Millionen Euro wirklich zu schätzen wüssten. Dennoch sieht es vorerst nicht so aus, als gäbe es ernsthafte Überlegungen, das Museum zu verlegen, zumal auch der Grundstock für die Sammlung Mitte des 19. Jahrhunderts in Freising gelegt wurde. Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher hat mittlerweile die Regierung von Oberbayern eingeschaltet, um den Stadtratsbeschluss juristisch überprüfen zu lassen. Diese empfiehlt, dass sich das Freisinger Gremium noch einmal mit dem Bauantrag auseinandersetzen sollte. Dies soll nun Anfang 2018 erfolgen.

Dann fällt das Abstimmungsergebnis womöglich etwas anders aus, denn inzwischen dürfte allen klar sein, dass die aktuelle Planung mit Oktogon nicht umzusetzen ist. Bei einem Gespräch mit dem Generalvikar betonten die Fraktionsvorsitzenden vor kurzem, dass sie die Sanierungspläne prinzipiell gut heißen. In jedem Fall wird die Neuauflage der Diskussion sehr spannend werden.

Die Erzdiözese muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass sie es versäumt hat, die Pläne den Stadträten im Detail vorzustellen, das städtische Gremium wiederum, dass es sich in den vergangenen eineinhalb Jahren offensichtlich kaum dafür interessiert hat. Mit dem, was auf dem Domberg in den kommenden Jahren entwickelt werden soll, könnte dort tatsächlich ein lebendiger Ort entstehen. Denn auch der abweisende Klotz, der in den Sechzigerjahren an das Kardinal-Döpfner-Haus geklatscht wurde, soll durch einen Neubau ersetzt werden.

© SZ vom 27.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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