Moosburg - Der Igel, den Ulrike Kolar in einem Geschirrtuch auf ihrem Schoß hält, ist nur etwa handtellergroß. Anstatt sich zusammenzurollen, steckt er neugierig die spitze Nase durch die Falten des Stoffs und schnuppert. "Zusammen mit seinen beiden Geschwistern wurde er mir aus München gebracht, nachdem ihre Mutter in einem Rasenmäher zerfetzt wurde", sagt Kolar. Sie hat die drei Igelbabys Asterix, Obelix und Idefix genannt. Idefix, der Kleinste, fängt auf ihrem Schoß leise an zu quieken. Für Kolar ist das Routine, sie betreibt seit 30 Jahren eine Igelnothilfe.
In Bayern gehört der Igel seit 2018 offiziell zu den bedrohten Tierarten. Die Gründe dafür sind vielfältig. Neben Gefahren wie dem Straßenverkehr - der Igel ist das am häufigsten überfahrene Tier - wird für die Stachelträger der Einsatz von Pestiziden gleich zu einer doppelten Gefahr: Nicht nur das Gift an sich kann den Igel töten, durch das Wegsterben der Insekten entzieht man ihm auch eine wichtige Nahrungsgrundlage. Ein weiteres Problem ist das Beseitigen von natürlichen Rückzugsräumen im heimischen Garten. Reisig, Moos und Laub dienen dem Igel als Material zum Nestbau.
Um seinen Garten dem Igel zur Verfügung zu stellen, braucht man nicht viel zu tun. "Seinen Winterunterschlupf legt der Igel gerne an windgeschützten Orten wie Hecken oder Laubhaufen an", erklärt Martina Gehret, Igelexpertin des Landesbundes für Vogelschutz (LBV). Letztere sollten mit Herbstbeginn nicht mehr bewegt werden, da der Igel möglicherweise bereits mit dem Nestbau begonnen hat. Und wenn, dann nur von Hand. "Man hat mir mal einen Igel gebracht, dem hatte jemand aus Versehen mit einem Spaten das Bein abgetrennt", sagt Ulrike Kolar. Auch das Verbrennen von Laubhaufen stellt für Igel eine tödliche Gefahr dar. Zudem hindern befestigte Grundstücksgrenzen wie Zäune und Mauern, im Gegensatz zu durchlässigen Varianten wie Hecken, den Igel am Passieren, was wiederum die Gefahr des Überfahrenwerdens erhöht. Oft sehen sich Igel gezwungen, eine Straße zweimal zu überqueren, wenn sie auf der anderen Seite ankommen und feststellen, dass es für sie nicht weitergeht. Gelbe Säcke sollte man erst am Tag der Abholung vor die Tür stellen, da Igel manchmal unbemerkt hineinklettern und dann in der Müllpresse enden. Auch Rasenmäher-Roboter werden Igeln zum Verhängnis.
Gartenbesitzer, die für den Winter ein Igelhaus aufstellen möchten, sollten darauf achten, dass das Innere aus zwei Kammern besteht, sodass der hintere Teil vor Wind und Wetter geschützt ist. Igelhäuser, die keinen Boden haben, sollten auf trockenem Untergrund stehen und in der Nähe von trockenem Laub deponiert werden, das sein späterer Bewohner zum Verschließen des Einganges benutzen kann. "Für manche Igel sind Häuser mit Boden ein Ausschlusskriterium", sagt Martina Gehret.
In trockenen Sommern fällt es Igeln schwer, Wasser zu finden. Ulrike Kolar hat in ihrem Vorgarten eine Vogeltränke zur Igeltränke umfunktioniert. Zoohandlungen böten mittlerweile Igelfutter an. Davon hält sie allerdings nichts: "Das ist umdeklariertes Vogelfutter." Igel vertrügen jedoch kein Getreide. Ebenso wenig wie Milch, die viele Leute den Stachelträgern in guter Absicht auf die Terrasse stellen. Auch von Obst ist abzuraten. Igel sind Fleischfresser. Sie ernähren sich von Insekten, Schnecken und Regenwürmern. Wer dem Igel etwas zu fressen geben will, der ist mit Katzenfutter gut beraten. Eine Futterbox mit einer rechtwinkligen Abzweigung und einem nicht größer als zehn mal zehn Zentimeter großen Eingang hindert Füchse und Katzen am Plündern.
Aber wann ist ein Igel in Not? Gesunde, ausgewachsene Tiere sollten nicht kleiner sein als eine 500-Gramm-Packung Zucker und auch so viel wiegen. Wenn man nach Beginn der kalten Jahreszeit einen unterernährten Igel oder ein Junges findet und kein Muttertier in der Nähe ist, dann sollte man ihn den Winter über ins Haus holen. Kartons oder Kaninchenkäfige sind gute Schlafplätze für Igel im Keller oder in der Diele. Auch ein Gang zum Tierarzt kann nicht schaden, um den Untermieter auf Parasitenbefall zu untersuchen. Das Igelzentrum Zürich warnt davor, das Antiparasitikum Fibronin, das auch bei Hunden und Katzen angewendet wird, zu großflächig auf die Haut des Igels aufzubringen, da es bei einigen Tieren nach der Anwendung zu Fehlgeburten und Todesfällen kam.
Wer einen Igel findet, aber keine Möglichkeit hat, ihn zu beherbergen, kann sich unter der Nummer 0 87 61/60 36 5 an "Moosburgs Igelmutter" wenden.