Hygienemängel bei Müller-Brot:Druckmittel gegen Ekelprodukte

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Ist mein Bäcker sauber? Nach den Hygienemängeln bei Müller-Brot fragen sich viele Kunden, wie es um die Hygiene bei Bäckereien und Restaurants steht. Dabei kann sich jeder Verbraucher bei den Behörden informieren. Theoretisch. Praktisch kann das recht langwierig sein.

Bernd Kastner

Gammelfleisch schmeckt nicht gut, hat aber bisweilen etwas Gutes. Zumindest bei jenen Ekelprodukten war das so, die 2005 und 2006 in einem niederbayerischen Wildfleischbetrieb gefunden wurden.

Lebensmittel-Abfälle bei Müller-Brot in Neufahrn (Archivfoto vom 1. Februar 2012): Wie sauber es beim Bäcker um die Ecke zugeht, kann jeder Verbraucher selbst erfragen. (Foto: dpa)

Weil die amtliche Überwachung nicht so funktioniert hatte, wie sie sollte, installierte der damalige Verbraucherschutzminister Werner Schnappauf eine "Taskforce".

Die Spezialeinheit mit 90 Mitarbeitern, darunter Tierärzte, Lebensmittelchemiker und Juristen, ist beim Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) angesiedelt, und schwärmt unter anderem aus, wenn die örtlichen Kontrolleure Unterstützung brauchen. Wie im Fall von Müller-Brot in Neufahrn.

Das Tagesgeschäft wickeln dagegen die Lebensmittelkontrolleure der Landratsämter und kreisfreien Städte ab, mitunter begleitet von der "Taskforce", die sich immer wieder einzelne Branchen für Schwerpunktaktionen aussucht.

In München etwa prüfen 46 städtische Mitarbeiter des Kreisverwaltungsreferats (KVR) rund 20.000 Betriebe, darunter etwa 1000 Bäckereien. Wirklich engmaschig sind die Kontrollen nur selten: Die Betriebe werden, je nach Risikoeinstufung, alle sechs Monate bis drei Jahre geprüft.

Wird etwas gefunden, muss der Verantwortliche mit Sanktionen rechnen, von der mündlichen Belehrung bis zum Bußgeld; als ultima ratio sei sogar die Schließung des Betriebs möglich, erklärt eine Sprecherin des Münchner KVR.

Die Öffentlichkeit wird in der Regel nur bei Gefahren informiert. Es gelte abzuwägen zwischen dem Informationsinteresse und dem möglichen dauerhaften Schaden eines Betriebs, wenn der Mangel rasch zu beheben sei. Fokus der Kontrolleure, erklärt die Sprecherin, sei ohnehin die Gefahrenabwehr.

Der Bürger muss aber nicht warten, bis der Fund von Gammelware in der Zeitung steht. Jeder hat nach dem Verbraucherinformationsgesetz Anspruch darauf zu erfahren, ob sein Bäcker um die Ecke sauber ist - oder ob er ihn besser meiden sollte.

Was sehr einfach klingt, kann in der Praxis aber recht langwierig sein. In München etwa kann man formlos beim KVR nach einem bestimmten Betrieb fragen, sei es einer Gaststätte oder Metzgerei. Dann wird der Betreiber über die Anfrage informiert und erfährt, was das KVR rausgeben möchte.

Nun kann er sich vier Wochen lang dazu äußern. Anschließend ergeht ein formaler Bescheid des KVR an den Betreiber, in dem steht, wie die Behörde den Bürger informieren will, zum Beispiel: Zwei Kontrollen vergangenes Jahr, schmutzige Küche festgestellt, Bußgeld verhängt. Gegen diesen Bescheid kann der Betreiber Klage erheben. Tut er das nicht, erhält der Bürger vier Wochen später die Info.

Untauglich ist der Auskunftsantrag also, wenn man am Mittwoch wissen will, ob der Besuch eines bestimmten Restaurants am Samstag ratsam ist. Aber für den Bäcker um die Ecke, bei dem man seit Jahren kauft, taugt es allemal. Wenn dieser gegen die Auskunftsabsicht der Behörde Klage einreicht, muss der Bürger zwar noch deutlich länger auf die Infos warten. Aber derweil darf er sich als Kunde schon fragen, ob der Betreiber nicht etwas Unappetitliches zu verbergen hat.

Das Verbraucherinformationsgesetz könnte also, Geduld vorausgesetzt, ein Druckmittel des Bürgers gegen hygienischen Schlendrian sein. Allein, die Münchner nutzen es praktisch nicht. Seit 2008 seien beim KVR zwölf Anfragen eingegangen, erklärt die Sprecherin, die meisten davon von Organisationen, nicht von Bürgern.

© SZ vom 03.02.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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