Hohe Mieten:Es trifft die ganz unten

Montagsinterview

Beate Drobniak von der Diakonie in Freising.

(Foto: Marco Einfeldt)

Das verfügbare Einkommen ist im Landkreis Freising niedriger als in der gesamten Region und liegt sogar unter dem bayerischen Durchschnitt. Schuld sind vor allem die Mieten in den städtischen Gebieten

Von Nadja Tausche, Freising

Der Landkreis Freising liegt beim verfügbaren Einkommen auf dem niedrigsten Stand in der Region. Das geht aus Daten des Planungsverbandes Äußerer Wirtschaftsraum München (PV) hervor. Mit dem verfügbaren Einkommen wird berechnet, wie viel Geld nach Abzug von Lebenshaltungskosten wie Miete noch für Konsumzwecke oder Ersparnisse übrig bleibt. Mit 22 928 Euro pro Jahr und Kopf liegt der Freisinger Landkreis dabei sogar noch unter dem bayerischen Durchschnitt von 23 658 Euro pro Jahr.

Der Planungsverband hat das verfügbare Einkommen in der Region um München sowie in der Stadt selbst verglichen. Die Daten sind von 2015, aktuellere gibt es nicht. Lediglich der Landkreis Erding liegt beim verfügbaren Einkommen ebenfalls unter dem bayerischen Durchschnitt. Spitzenwerte erreichen dagegen die Landkreise München und Starnberg mit über 30 000 Euro pro Jahr und Kopf. Sabine Baudisch von der Pressestelle des Planungsverbands erklärt das mit Höchstverdienern, die mit ihren Einkommen die Durchschnittswerte in diesen beiden Landkreisen nach oben hin verzerren würden. "Insgesamt kann man in der Region München von gleichwertigen Lebensverhältnissen sprechen", sagt Baudisch.

Beim verfügbaren Einkommen spielt die Situation auf dem Arbeitsmarkt mit der Wohnsituation zusammen. Und auf dem Arbeitsmarkt sieht es im Landkreis Freising gut aus. Das monatliche Bruttogehalt sei in den vergangenen Jahren ordentlich angestiegen, im Durchschnitt um 19 Prozent seit 2007, erklärt Kathrin Stemberger, Sprecherin der Freisinger Arbeitsagentur. Durchschnittlich 3440 Euro brutto im Monat haben sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigte 2017 demnach verdient. Das ist sogar mehr als der bayerische Durchschnitt (3345 Euro), wenn auch nur leicht.

Auch sonst kann Stemberger von der Arbeitsagentur nur Positives berichten. Die Arbeitslosenquote im Landkreis sinkt seit Jahren, 2017 lag sie bei 2,1 Prozent und im Juli 2018 sogar nur bei 1,9. Etwa 81 000 sozialversicherungspflichtig Beschäftige hatten 2017 ihren Arbeitsort im Landkreis Freising, wie die Arbeitsagentur weiter meldet. Selbst die Zahl an Ergänzern steige nicht signifikant an, berichtet Bernhard Reiml, Geschäftsführer des Freisinger Jobcenters, das die entsprechenden Anfragen koordiniert. Ergänzer sind Menschen, die zu ihrem Job einen zweiten brauchen, um über die Runden zu kommen. "Die Zahlen halten sich seit einigen Jahren in der Waage", so Reiml.

Aber obwohl die Einkommen steigen und die Zahl der Arbeitslosen sinkt, scheint das die steigenden Mieten in Freising und Umgebung nicht abfangen zu können. Beate Drobniak gehört dem Vorstand der Diakonie in Freising an, sie sagt: "Es gibt kaum mehr verfügbaren Wohnraum." Das gelte für Menschen in prekären Arbeitssituationen, aber auch Normalverdiener fänden immer schwieriger Wohnungen. Die oft gehörte Rechnung: "Der Flughafen zieht Arbeitskräfte an und die nehmen den Freisingern die Wohnungen weg" gehe dabei aber nicht auf. Nur wenige der Arbeiter am Flughafen wohnten tatsächlich im Landkreis Freising. Eher würden andere große Firmen zur Wohnungsnot beitragen, meint Drobniak, etwa weil sie keine Betriebswohnungen bauten.

Schaut man sich die Daten des Planungsverbandes an, ist Wohnen im Landkreis Freising sowieso gar kein so großes Problem. Demnach liegen die Ausgaben für Miete im Landkreis Freising auf einem erstaunlich niedrigen Niveau. Ein Haushalt in der Stadt München muss 27,7 Prozent seines monatlichen Nettoeinkommens für Miete ausgeben. Im Landkreis Freising sind es nur 14 bis 16 Prozent. Damit liegt Freising zusammen mit Erding, Ebersberg und Landsberg am Lech auf dem niedrigsten Stand der gesamten Region. Während die Bürger in der Stadt Freising da nur die Stirn runzeln können, stimmen Bewohner der abgelegenen Gemeinden vielleicht eher zu: Der springende Punkt ist der Unterschied zwischen Stadt und Land. Wohnen ist in ländlicheren Gegenden deutlich billiger, und die laut Baudisch geringe Verdichtung im Landkreis Freising senkt den Durchschnittswert. Die Wohn- und Mietpreise in den Städten und größeren Gemeinden dagegen steigen und steigen.

Wie Drobniak sagt auch Günter Miß von der Caritas, dass viele betroffen seien, schlimm sei es vor allem für die Geringverdiener. "Es trifft die Menschen am unteren Ende der Lohnspirale", sagt Miß. Er hat auch ein Beispiel. So sind Aufstocker, also Menschen, die zwar arbeiten, aber zu wenig verdienen und deshalb Zuschüsse vom Staat bekommen, an Mietobergrenzen gebunden. Diese lege das Jobcenter fest. Für drei Personen dürfe die Kaltmiete den Betrag von 793 Euro nicht überschreiten, sagt Miß. Dafür im Landkreis Freising etwas zu finden, sei schwierig.

Finde die Familie etwas für 850 Euro, werde aber der staatliche Zuschuss reduziert. Auch hier spielt wieder die Lage eine Rolle: Weiter weg von der S-Bahn sind die Mieten niedriger. "Das ist für Leute ohne Auto aber nicht attraktiv", sagt Miß, und gerade Geringverdiener könnten sich eben oft kein Auto leisten. In der Stadt sieht es dann wieder düster aus. 900 Sozialwohnungen gebe es in Freising insgesamt, berichtet Miß, die seien belegt. 700 Haushalte würden zusätzlich auf eine Sozialwohnung warten.

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