Süddeutsche Zeitung

Diebe stehlen Geld, aber auch Naturalien:"Die Leute werden immer dreister"

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In Hofläden der Umgebung mehren sich die Einbrüche. Gerade die schnell herein brechende Dunkelheit bietet Tätern Schutz. Geklaut werden Geldbeträge, aber auch Naturalien.

Von Lena Meyer, Freising/Erding

"So extrem auf einmal war es noch nie", stellt Michael Kattner fest. In seinen Hofladen, der Eier, Gemüse aber auch selbstgemachte Marmelade anbietet, verschafften sich Langfinger diese Woche bereits zwei Mal ungebetenen Zutritt. "Das hast du immer mal wieder", erklärt Kattner und erzählt, dass er in den vergangenen fünf Jahren bereits über vierzig Mal bestohlen worden sei. Dass aber so viele Sachen entwendet wurden wie in dieser Woche, überraschte ihn doch. Geld in der Kasse konnte der letzte Langfinger nicht finden, das hielt ihn allerdings nicht davon ab, kistenweise Produkte zu stehlen. Darunter auch selbst gemachte Marmelade. "Narrisch wirst schon, aber was willst du machen?", kommentiert Kattner.

Gerade in den frühen Morgenstunden oder in der Nacht scheinen sich die Einbrüche zu häufen. So war es auch bei Wimmer´s Hofladen, wie Johannes Wimmer mitteilt. In der Nacht seien die Diebe bei ihm eingestiegen, am frühen Morgen haben sie dann bei einem anderen Hofladen zugeschlagen, so Wimmer. Worauf es die Diebe abgesehen hatten? Auf das Wechselgeld in den jeweiligen Kassen. Seiner Meinung nach, seien die Täter "rumgefahren" und hätten Hofläden und ihre Geldkassetten mit vermeintlich verlockendem Inhalt im Visier gehabt.

Große Geldsummen befinden sich nie in den Wechselgeldkassetten

"Wir reden hier von 100 bis 200 Euro und über keine großen Beträge", stellt Andreas Fürmetz vom Hofladen Doislhof in Erding klar. Hohe Summen befänden sich nicht in den Wechselgeldkassetten. Fürmetz verurteilt die Einbrüche in Hofläden, nennt sie "unverschämt dreist." Glücklicherweise sei der Doislhof zuletzt von großen Diebstählen verschont geblieben. Aber vor zwei oder drei Jahren, erinnert sich Fürmetz, seien große Tonamphoren von seinem Hof geklaut worden. Obwohl diese mehrere Kilo gewogen hätten, seien sie "samt Erde, samt Blumen" vom Hof entwendet worden. "Die Leute werden immer dreister", bemerkt er.

Ab und zu komme es vor, dass geringere Geldsummen verschwinden oder mal "eine Packung Eier" fehle, sagt er. Bei solch kleinen Sachen sei es allerdings oft schwer, ein Verschwinden nachzuvollziehen, räumt Carolin Pflügler vom Pflüglerhof bei Neufahrn ein. Falls mal eine Karotte fehle, falle das natürlich nicht sofort auf. Tatsächlich war ihr Hof noch von keinen großen Diebstählen betroffen. Dafür setze der Pflüglerhof darauf, den Laden überschaubar zu gestalten, um direkt erkennen zu können, falls die Finger der Diebe zu lang werden.

Ängste ob der Einbruchserie hat Fürmetz keine. "Sicherlich macht man sich Gedanken", sagt er. Jedoch habe er Maßnahmen ergriffen und entleere nun die Wechselgeldkasse beispielsweise täglich. Getreu dem Motto: So wenig Versuchung wie möglich bieten. Installierte Kameras sollen zudem abschrecken und mögliche Täter überführen. Darauf schwört auch Wimmer´s Hofladen - ob offensichtlich oder versteckt spielt hierbei keine Rolle - die Kamera soll nur den Dieb schnell ausfindig machen. "Mehr kann man nicht machen", sagt Wimmer.

In der Regel klappt die Videoüberwachung ganz gut, wie Kattner aus eigener Erfahrung sagen kann. Die Diebe, die ihm diese Woche zwei ungebetene Besuche abgestattet hatten, hatten nämlich ihr Auto "netterweise in die Kamera gestellt", sagt Kattner. Den Täter habe er sofort erkennen und der Polizei melden können.

Auf eigene Faust zu ermitteln ist auf jeden Fall verboten

Videoüberwachung sei ein wichtiger Schritt, um die Einbrüche festzuhalten, sagt die Freisinger Polizistin Julia Kohlmeier. Das Beweismaterial sollte dann allerdings der Polizei zugespielt werden. Denn auf eigene Faust zu ermitteln, ist illegal, wie kürzlich der Sohn eines Erdinger Hofladen-Besitzers erfahren musste. Er hatte die Bilder von einem Dieb, die eine Videokamera im Verkaufsraum aufgezeichnet hatte, in den sozialen Medien veröffentlicht, um den Täter auf eigene Faust zu ermitteln. Ein solches Vorgehen ist allerdings den Ermittlungsbehörden vorbehalten, wie die Polizei dazu mitteilt. Es sei nur unter bestimmten, juristischen Voraussetzungen möglich, weshalb gegen den Sohn nun seinerseits rechtliche Schritte eingeleitet wurden. Die Ermittlungen zum Diebstahl dauern noch an.

Einen Erklärungsansatz für die zunehmenden Diebstähle, kann die aktuelle Jahreszeit bieten: Die frühzeitig hereinbrechende Dämmerung sei äußerst verlockend für Täter, denkt Polizistin Kohlmeier. Trotz der Unannehmlichkeiten ist sich Kattner immer noch sicher, dass es sich lohnt, einen Hofladen zu betreiben. Allerdings fürchtet er, dass die Einbrüche sich häufen werden: Die angespannte wirtschaftliche Lage könne manche Menschen zu Diebstählen verleiten, spekuliert er. Die Fluchtfahrzeuge der Diebe hätten allerdings gar nicht nach wirtschaftlicher Notlage ausgesehen, so Kattner bitter.

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