Hausverbot für Rechtsradikale:Gemeinsam sind die Wirte stark

Lesezeit: 2 min

Je mehr Betreiber von Gaststätten sich weigern, Rassisten in ihren Lokalen zu bedienen, umso ungefährlicher wird das Engagement für den Einzelnen.

Von Kerstin Vogel, Freising

Gleich zu Beginn haben die Veranstalter am Donnerstag deutlich gemacht, wie ernst es ihnen mit der Abgrenzung nach rechts ist: Sie baten die Polizei, einen Moosburger Journalisten, der als ehemaliger Neonazi bekannt ist, aus dem Nebenzimmer des Löwenwirts zu begleiten, obwohl der Mann nach eigenem Bekunden vor mittlerweile gut 20 Jahren aus der rechten Szene ausgestiegen ist.

Wie sich die Stadt Freising und speziell ihre Gastronomen in Zukunft gegen jede Form von Rassismus positionieren wollen, war an diesem Abend Thema im "Löwen". Eingeladen hatte zu der Diskussionsveranstaltung ein Bündnis aller im Stadtrat vertretenen Gruppen und Parteien, des DGB, der Piraten, des Zusammenschlusses "Freising ist bunt" und der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes. Bewusst gewählt hatte man den Ort: In der Neustifter Wirtschaft war es Ende November 2014 zu einer Provokation durch Neonazis gekommen, an der sich die Debatte um den Umgang mit solcherart unerwünschten Gästen entzündet hatte.

An dem fraglichen Abend hatte das Bündnis "Freising ist bunt" eine Veranstaltung im Löwenwirt abhalten wollen. Weil sich dort gleichzeitig - und nach Einschätzung der Polizei wohl auch nicht zufällig - ein gutes Dutzend teilweise rechtskräftig verurteilter Neonazis aufhielt, zog "Freising ist bunt" in eine andere Gaststätte um. Kritisiert wurde im Nachgang unter anderem, dass Wirt Günter Wittmann nichts unternommen habe, um die Nazis aus seiner Wirtschaft zu bekommen.

Dass so ein Hausverbot für Rechtsradikale für eine einzelne Wirtschaft gar nicht so leicht umzusetzen ist, schilderte am Donnerstag die Referentin Helga Hanusa den gut 60 interessierten Zuhörern im Löwenwirt. Hanusa ist Mitinitiatorin der Regensburger Initiative "Keine Bedienung für Nazis", die sich 2010 nach einem massiven Übergriff von Neonazis auf einen Barkeeper gegründet hat. Bis heute beteiligen sich fast 200 Wirtschaften in Regensburg an der Kampagne und machen mit einem Türschild deutlich: "Rassisten werden hier nicht bedient." Doch der Weg dorthin erforderte einiges Engagement von den Mitgliedern der Initiative, wie Hanusa schilderte. Man habe viel Überzeugungsarbeit geleistet, um zum Start der Aktion möglichst viele Teilnehmer zu haben, denn: "Wenn es viele machen, ist es für den einzelnen weniger gefährlich, keiner sollte sich da alleine exponieren."

Helga Hanusa aus Regensburg hat im Freisinger Löwenwirt das Programm "Keine Bedienung für Nazis" erläutert. (Foto: Marco Einfeldt)

Ziel der Aktion sei es, nicht nur Neonazis, sondern grundsätzlich allen Rassisten den öffentlichen Raum zu nehmen. Dabei unterstütze man die Wirte auch mit Informationsmaterial, beispielsweise indem man erkläre, wie ein Mietvertrag für einen Saal aussehen muss, damit auch Veranstaltungen, die sich erst im Nachhinein als rassistisch entpuppten, ohne Verluste für den Wirt beendet werden könnten.

Diskutiert wurde von den Besuchern im Löwen anschließend unter anderem die Frage, woran denn die Wirte Rassisten erkennen könnten, längst seien diese nicht mehr ohne weiteres durch ihre Kleidung zu identifizieren. Man müsse eben "hinhören und sich kundig machen", forderte Hanusa. Natürlich gebe es da keine Anleitung, räumte sie ein, und: "Das Ganze funktioniert nur in Zusammenhang mit der gesamten Stadtgesellschaft."

Dass eine derartige Aktion der Wirte "ein ganz starkes Zeichen" wäre, darin waren sich am Ende fast alle Diskussionsteilnehmer einig. Einige würden sogar gleich noch weiter gehen und für Freising grundsätzlich das Motto "keine Dienstleistungen für Rassisten" ausgeben. Harald Schrott, vom "Stephls Wirtshaus am Domberg", Tanguy Doron vom "La Petite France" Marienplatz und Can Tuna vom Freisinger Parkcafé jedenfalls erklärten für die Wirte, dass sie schon eine gewisse Bereitschaft unter den Kollegen für eine derartige Aktion sehen würden. Das könne beim nächsten Wirte-Stammtisch weiter diskutiert werden, regten sie an. Gleichzeitig soll sich ein Unterstützerkreis formieren. Unterstützung signalisierte auch Moritz Messerschmidt, Wirt der Freisinger Szenekneipe "Abseits". Er allerdings wird in seinem Lokal nicht viel ändern müssen, wie er sagte: "Bei mir hängt so ein Schild schon seit Jahren."

© SZ vom 24.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: