Handwerk:"Wichtig ist, dass einer Lust darauf hat"

Handwerk: In der Backstube von Thomas Grundner wird noch alles selbst gemacht, sogar die Croissants. Darauf ist der Moosburger Bäckermeister stolz - und seine Kunden wissen zu schätzen, dass dort noch handwerklich gearbeitet wird.

In der Backstube von Thomas Grundner wird noch alles selbst gemacht, sogar die Croissants. Darauf ist der Moosburger Bäckermeister stolz - und seine Kunden wissen zu schätzen, dass dort noch handwerklich gearbeitet wird.

(Foto: Marco Einfeldt)

Der Moosburger Bäckermeister Thomas Grundner erzählt, wie schwierig es ist, Nachwuchs zu finden und erklärt, wie man handwerklich hergestelltes Gebäck erkennen kann.

Interview von Nadja Tausche, Moosburg

Während des Gesprächs zeigt Thomas Grundner zwei Semmeln aus der Tagesproduktion her. "Selbe Maschine, selber Teig, selber Mann, selber Ofen", sagt er - und trotzdem sehen sie unterschiedlich aus. Der Bäcker- und Konditormeister und Inhaber der Bäckerei Grundner in Moosburg erklärt, das sei ein typisches Zeichen dafür, dass die Ware handwerklich hergestellt worden sei und nicht ausschließlich maschinell. Wie es in seinem Betrieb mit Auszubildenden aussieht, ob er nach dem trockenen Sommer etwas von den Ernteeinbußen beim Getreide merkt und inwiefern er eine Fast-Food-Kette als Vorbild sieht, erklärt Grundner, Jahrgang 1963, im Interview mit der Freisinger SZ.

SZ: Überall heißt es, der Nachwuchs für Ausbildungsberufe fehlt. Merken Sie davon etwas in Ihrem Betrieb?

Thomas Grundner: Ja, man bekommt nicht mehr diese Bandbreite an Bewerbungen und muss Abstriche bei der Qualifikation machen. Wir haben dieses Jahr zwei Konditorinnen und einen Bäcker eingestellt, im Verkauf aber niemanden. Lehrlinge für den Verkauf zu finden, ist seit Jahren schwierig, auch bei den Bäckerlehrlingen sind die Zahlen rückläufig. Bei Konditoren nicht so sehr: Sie machen zum Beispiel Kuchen und Pralinen, dabei kann man spielen, modellieren, garnieren - also sein Fingerspitzengefühl einsetzen. In der Bäckerei wird mehr Maschinentechnik angewandt.

Wer bewirbt sich für eine Ausbildung bei Ihnen?

Manche Auszubildende haben davor ein Praktikum bei uns gemacht. Wir hatten auch schon mehrere mit Abitur, das ist eine Ausnahme, aber die nehmen wir auch gerne: Sie sind im Lebensweg weiter und können früher anfangen. Mit 16 Jahren darf man zum Beispiel erst ab fünf Uhr arbeiten. Bei der Bewerbung achten wir aber nicht auf das Alter. Wichtig ist, dass einer Lust darauf hat. Ich merke außerdem, ob das Elternhaus dahinter steht.

Wie viele Mitarbeiter beschäftigen Sie?

Wir haben 95 Angestellte, davon insgesamt 35 in der Produktion. Wir produzieren alles zentral in der Backstube in der Neustadtstraße und beliefern die anderen Filialen. Wir haben zehn Läden, fünf davon in Moosburg, plus ein Bäckermobil: Das fährt im Landkreis herum. Wir machen alles selbst, auch die Croissants. Ich traue mich zu sagen: Im Landkreis Freising gibt es außer uns keinen Bäcker, der die Croissants noch selbst macht. Das ist aufwendig und schwierig - vor allem im Sommer, wenn es so warm ist.

Das Problem ist, dass bei Backshops die Zusatzstoffe wie Geschmacksverstärker oft so gut sind, dass der Kunde gar keinen Unterschied schmeckt.

Das untrügliche Zeichen für den Verbraucher ist, wenn jeden Tag alles genau gleich aussieht. Dann kann man davon ausgehen, dass das Produkt keine Hand mehr gesehen hat. Ich habe schon das Gefühl, dass die Leute das bei uns zu schätzen wissen.

Sie hängen mit der Bäckerei direkt von der Landwirtschaft ab. Merken Sie etwas von den Ernteeinbußen beim Getreide?

Ja. Wir beziehen unser Getreide von drei verschiedenen Mühlen, die haben angekündigt: Ab 1. September kosten 100 Kilo Weizenmehl fünf Euro mehr. Das sind etwa 15 Prozent mehr, also schon viel. Den Bäcker treiben aber vor allem die Lohnkosten: Die steigen jedes Jahr. Von jedem Euro gehen heute 50 Cent an das Personal. Das ist gewaltig. Wir erhöhen deshalb auch die Preise der Waren, das muss sein.

Spüren Sie den trockenen Sommer auch in anderen Bereichen?

Kuchen geht momentan total wenig. Bei dem Wetter gehen die Leute in den Biergarten oder essen Eis. Der Kunde macht keine Knödel daheim und weniger Brotzeit, das merken wir auch am Brot.

Zu Ihrer Bäckerei gehört auch ein Café. Denken Sie, das ist die Zukunft von Handwerksbäckereien: gemütliche Atmosphäre statt nur verkaufen?

In der Hauptfiliale am Stadtplatz haben wir 56 Sitzplätze, das wird unwahrscheinlich angenommen. Die Leute essen heute weniger Brot, dafür mehr außer Haus, das klassische Zwei-Kilo-Brot von früher fällt zum Beispiel weg. Ich denke, die Bäcker müssen sich Richtung Systemgastronomie bewegen. Das heißt: Ich mache nicht eine Wurstsemmel, sondern zehn. McDonald's macht uns in dem Bereich viel vor.

Sie sehen McDonald's als Vorbild?

In der Qualität nicht. Bei der Frische schon: Die Sachen kommen nach einer Stunde weg. Außerdem gibt es eine gewisse Kontinuität, ich weiß, es schmeckt in München wie in Hamburg. Im Bäckerhandwerk ist es immer noch eine handwerklich hergestellte Semmel, aber sie sollte immer gleich veredelt, also belegt sein.

Planen Sie für die Zukunft Veränderungen?

Ich möchte in der Produktion mehr Kühlschränke einbauen. Weil wir dadurch mehr lagern können, können wir nachts später anfangen. Außerdem verbessert es die Qualität der Backwaren, wenn der Teig länger im Kühlschrank ist, weil dann die Fermentationszeit länger ist. Ich will nebenan auch einen neuen Laden bauen: Ein schönes Sitzcafé mit Terrasse und Snackbereich, in dem man auch kleine Gerichte oder Salate machen kann. Und hinten vier Mitarbeiterwohnungen. Das wird auch immer schwieriger: Leute bewerben sich von weiter weg, man hat aber keine Unterbringungsmöglichkeit. Mehr Filialen sind nicht angedacht.

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