Handwerk mit vielen Facetten:Ebersberger Forst wird Lehrrevier

Praxisnahe Ausbildung

Zum größeren Teil findet die praktische Ausbildung aller Forst-Studierenden an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) - auch im neuen, dualen Modell - nach wie vor im Lehrwald Freising statt. Der eignet sich schon auf Grund seiner Lage gut für die Ausbildung, denn er ist ganz einfach zu erreichen: Er beginnt direkt im Anschluss an das Campusgelände im Nordwesten Freisings und umfasst eine Fläche von etwa 1300 Hektar. Auch dieses Waldgebiet ist in Besitz der Bayerischen Staatsforsten.

Darüber hinaus erfolgt die praktische Ausbildung aber auch an vielen anderen Orten und Einrichtungen, wie Carsten Lorz, Vizepräsident der HSWT, erklärt. Dazu gehörten Forstbetriebe in Bayern und darüber hinaus, auch im Ausland, mit denen die Hochschule bei Praxissemestern, Geländepraktika und Geländefahrten teilweise schon seit Jahrzehnten zusammenarbeite. "Die Bayerischen Staatsforsten sind hierbei ein langjähriger, sehr wichtiger Partner," sagt Lorz.

Im Ebersberger Forst haben das Unternehmen und die HSWT bei einer Informationsveranstaltung nun eine weitere Vereinbarung für die Kooperation im Studiengang Forstingenieurwesen unterzeichnet, der in Weihenstephan von Herbst an auch in dualer Form angeboten wird, also mit einem deutlich stärken Fokus auf der Praxis. Die Jagdausbildung unterstützen die Staatsforsten ebenfalls, sie wird im Ebersberger Forst stattfinden. Übungen dazu werden aber auch in Zusammenarbeit mit anderen Partnern in anderen Regionen realisiert, wie die Hochschule mitteilt.

Der Einstieg in das duale Programm erfolgt im Studiengang Forstingenieurwesen im dritten Semester, bei den Staatsforsten bewerben können sich Studierende im zweiten Semester. Sowohl während der Praxisphasen als auch während der Vorlesungszeit erhalten die jungen Leute eine monatliche Vergütung des Unternehmens. Laut HSWT sammeln Absolventen eines dualen Studiengangs mindestens 50 Prozent mehr Praxiserfahrung als bei einem der regulären Angebote. In ihrer Abschlussarbeit behandeln viele bereits eine Fragestellung, die das Unternehmen betrifft - die Verzahnung von Theorie und beruflicher Anwendung ist folglich sehr eng. psc

Bayerische Staatsforsten unterstützen Studierende der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf künftig auch beim neuen dualen Studienmodell und der praktischen jagdlichen Ausbildung

Von Rita Baedeker, Kirchseeon

Die Jagd ist ein Handwerk mit vielen Facetten. Abgesehen vom waidgerechten Umgang mit der Waffe gibt es viele Fertigkeiten, die erlernt und geübt werden müssen, und sei es das Einschlagen eines Nagels ins Holz, wie Revierjagdmeister Andreas Schmidt bei einer Informationsveranstaltung zur Jagdausbildung für Studierende der Fakultät Wald- und Forstwirtschaft der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf im Ebersberger Forst erzählt. Jagen, so formuliert es Heinz Utschig, Betriebsleiter der Bayerischen Staatsforsten, Dienststelle Wasserburg, vorsichtig, könne man nur sehr bedingt aus Büchern lernen.

Um den akademischen Nachwuchs handwerklich fit zu machen für den späteren Beruf, bietet die Behörde neuerdings in Kooperation mit der Hochschule die 7600 Hektar Staatswald im Ebersberger Forst als Lehrrevier an. Andreas Schmidt zeigt auf die etwa sechzig Beobachtungskanzeln aus Lärchenholz, die in Reih und Glied auf dem Gelände der Pflanzgartenhütte im südlichen Teil des Forstes stehen. Konstruiert wurden sie für die Drückjagd, bei der das Wild aus seinem Versteck den wartenden Jägern zugetrieben wird.

Für Studierende der Forstwirtschaft ist der Bau solcher Beobachtungskanzeln Bestandteil der Prüfung. Auch für andere praktische Erfahrungen ist der Forst ein ideales Übungsgelände, etwa für das "Ansprechen" von Wild, wie das Beobachten, Identifizieren und Beurteilen des Wilds in der Jägersprache heißt; aber auch Kenntnisse, wie man Ruhezonen fürs Wild schafft, Wildbret vermarktet, den Jagdbetrieb organisiert, die Natur schützt und vieles mehr gehören zum Berufsbild.

"Hier sehen die Studierenden die Verbindung von Waldbau und Jagd als positives Beispiel", erklärt Heinz Utschig. Drei Schaugatter mit Rot-, Dam- und Schwarzwild bieten lebendigen Anschauungsunterricht. Die Revierjagdmeister sind für die Studierenden jederzeit ansprechbar und unterstützen diese bei Veranstaltungen und Exkursionen. Von Oktober dieses Jahres an wird es erstmals auch duale Studienplätze bei der Bayerischen Staatsforsten in Kooperation mit der Hochschule geben. Diese Zusammenarbeit sieht vor, dass der akademische Nachwuchs während der vorlesungsfreien Zeiten an einem Betrieb der Staatsforsten tätig ist und praktische Erfahrungen sammeln kann. 60 Praxisstunden müssen die Studierenden immerhin absolvieren.

Eine möglichst umfassende Ausbildung des forstakademischen Nachwuchses ist auch deshalb so wichtig, weil auf diese künftig gewaltige Herausforderungen zukommen. Für Eric Veulliet, Präsident der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, ist die Kooperation ein Leuchtturmprojekt, "die Symbiose zwischen wissenschaftlicher Ausbildung und praktischer Anwendung. Genau das brauchen wir, um auch in Zukunft unsere Lebensgrundlagen zu erhalten". Veulliet spricht von den Auswirkungen des Klimawandels, der Stürme, Schneebruch, Hitze und Trockenheit mit sich bringt, Wetterextreme mit schlimmen Folgen für den Wald. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, ist es laut Reinhardt Nefft, Vorstand der Bayerischen Staatsforsten, notwendig, klimatolerante stabile Mischwälder zu schaffen und den Wald durch das Aufforsten mit möglichst vielen Baumarten zu verjüngen. Hierbei spielten das Wild und die Jagd eine entscheidende Rolle. Wald und Wild gehörten zusammen. "Der Wald ist Teil des Lebensraumes und bietet Hirsch, Reh und Wildschwein Deckung, Ruhe und Nahrung."

Und nicht nur Tiere nährt und schützt der Wald. Petra Bauer von den Bayerischen Staatsforsten nennt zum Beispiel das wachsende Bedürfnis der Menschen nach Erholung, Stichwort "Waldbaden". "Es geht um viel mehr als ums Holz!" Die Förster seien mehr denn je gefordert, den Freizeitverkehr in den Wäldern zu lenken und intakte Ruhezonen zu schaffen. Carsten Lorz, Vizepräsident der Hochschule und unter anderem Professor für forstliche Bodenkunde, hält es daher für elementar, dass Forstleute Handwerk und Management gleichermaßen beherrschen. Veulliet und Lorz verstehen die bodennahe Ausbildung wortwörtlich: "Man muss die Erde, das Holz mal in der Hand gehabt haben", sagt Veulliet und erzählt, dass einer seiner ehemaligen Professoren für Geologie die Studenten im Gelände sogar habe Sand essen lassen. "Nach einer Exkursion muss jeder dreckige Finger haben", kommentiert Lorz kurzerhand die eher ungewöhnliche Lehrmethode.

Die erwünschte bodennahe Ausbildung der Studierenden umfasst das gesamte System Wald. "Wald und Wild bilden ein System, beides greift ineinander", sagt Eric Veulliet. Man müsse das Wild ebenso pflegen wie den Wald. Ziel der Bejagung sei es, eine gesunde Balance zu erhalten.

Auch Thomas Ritter, der im sechsten Semester Forstingenieurwesen studiert, ist sich der künftigen Aufgaben des Forstberufs nur allzu bewusst. Seine von Kindheit an ausgeprägte Naturverbundenheit habe ihn zu diesem Studium bewogen, erzählt er anlässlich der Exkursion. Das neue Kooperationsangebot findet er sehr gut. "Die Tür ist immer offen, der Kontakt zu den Förstern ist eng." Ritter sieht die besondere Herausforderung auch darin, wachsender Kritik der Öffentlichkeit an der Bewirtschaftung des Waldes und an der Jagd mit Information und Kommunikation zu begegnen: Vernunft und Nachhaltigkeit statt "Glaskuppel-Mentalität".

Kein Glashaus, sondern ein stabiles Zwei-Raum-Appartement aus Holz für eine nachtaktive Mieterin präsentiert Andreas Schmidt den staunenden Besuchern als Beispiel für Naturschutzprojekte im Forst. Das nagelneue Zuhause für die Schleiereule wird demnächst mardersicher in einen Stadl gehängt, zwei oder drei dieser Kästen gibt es bereits, dazu mehrere hundert für Raufuß- und Waldkäuze. "Sie sehen, wir kümmern uns um alle Tiere", sagt Schmidt, bevor er - letzte "Ansprechübung" des Tages - sich der hungrigen Menschen annimmt und den Grill anwirft.

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