Haltung zeigen:Nicht mehr wegschauen

Ob Kreisbildungswerk, Pfarrei oder politische Partei: Die Angst vor einem Rechtsruck in der deutschen Gesellschaft bestimmt zunehmend auch die Auswahl der Veranstaltungsthemen. Dabei geht es um Aufklärung und Zivilcourage.

Von Gudrun Regelein, Freising

Der Rechtsruck in Deutschland bereitet vielen Bürgern Sorgen. So demonstrierten am vergangenen Mittwoch in München Zehntausende gegen einen gesellschaftlichen Rechtsruck und Rassismus. Auch im Landkreis gibt es immer häufiger Veranstaltungen, die sich mit diesem Thema beschäftigen. Die Grünen in Hallbergmoos beispielsweise luden Ende September zu einem Diskussionsabend unter dem Titel "Was tun gegen Rechts?" ein. Es gehe darum, eine klare Haltung zu zeigen, hatte Johannes Becher, Landtagskandidat der Grünen, an diesem Abend gesagt.

"Es ist schon krass, was da momentan abgeht", findet Veronika Schweikl. Die Bildungsreferentin im Katholischen Kreisbildungswerk Freising meint damit die Zunahme von rechten Parolen und fremdenfeindlichen Äußerungen - gerade auch in den sozialen Medien wie etwa auf Facebook. Die seien oft grenzwertig, sagt sie. "Aussagen, die eigentlich nicht salonfähig sind, werden inzwischen zur Normalität." In der interkulturellen Woche Ende September habe das "Zentrum der Familie" das Thema aufgegriffen: "Ungleichwertigkeitsvorstellungen begegnen" lautete der Titel einer Veranstaltung, bei der vermittelt wurde, diskriminierenden Aussagen sinnvoll zu begegnen.

Der richtige Umgang mit rechtspopulistischen Äußerungen

Bei dem muslimisch-christlichen Gesprächskreis, der in loser Folge vom Kreisbildungswerk und der islamischen Gemeinde Freising veranstaltet wird, gehe es dagegen darum, sich kennenzulernen und Vorurteile gegenüber dem Anderen, dem scheinbar Fremden, abzubauen. "Wir sind bemüht, einen Dialog zu schaffen", betont Schweikl. Das Kreisbildungswerk wolle aktuelle Themen aufgreifen - und sehe da derzeit beim Thema Rechtspopulismus Handlungsbedarf.

Auch die Lerchenfelder Pfarrei St. Lantpert reagiert auf die momentane politische und gesellschaftliche Entwicklung. Bei dem Themenabend "Respekt - Strategien gegen den Rechtspopulismus" geht es am Freitag, 12. Oktober, darum, den richtigen Umgang mit rechtspopulistischen Äußerungen zu erlernen. Oft werde man von solchen Parolen - beispielsweise am Stammtisch - unvorbereitet überfallen und ärgere sich danach, nicht deutlicher widersprochen zu haben. An diesem Abend erfahren alle Interessierten, wie man sich in diesen Situationen richtig verhält.

Die Veranstaltungen als "präventives Training"

Im Landkreis Freising gebe es ein "gutes Miteinander", zu ausländerfeindlichen Parolen oder Zwischenfällen sei es bislang glücklicherweise nicht gekommen, berichtet Nathalie von Pressentin, Integrationsbeauftragte im Landkreis. Aber dennoch sei die Teilnahme an solchen Veranstaltungen sinnvoll, sagt sie. "Es ist ein präventives Training, um in bestimmten Situationen richtig reagieren zu können. Man bekommt die Möglichkeit, eigene Perspektiven zu reflektieren und hat die Gelegenheit, Gespräche zu führen." Das bilde die Basis für Toleranz und ein gutes Miteinander, sagt die Integrationsbeauftragte.

Es müsse darüber aufgeklärt werden, wo "rechts" eigentlich anfange, meint Johannes Becher. "Das fängt schon bei dem ausländerfeindlichen Witz an. Da beginnt es, grenzwertig zu werden." Und da dürfe man eben nicht mehr wegschauen, sondern müsse nachfragen, sagt der Grünen-Politiker. Auch, wenn es nicht immer einfach sei, müsse man Zivilcourage zeigen und widersprechen.

"Den Hardcore-Rassisten wird man nicht überzeugen können, aber den Mitläufer vielleicht schon", meint Becher. Der Rechtsruck und Rassismus seien Themen, die inzwischen alle betreffen: "Jeder muss sich doch fragen, was im Land, in unserer Gesellschaft passiert."

Der Themenabend "Respekt - Strategien gegen den Rechtspopulismus" findet am Freitag, 12. Oktober, um 19.30 Uhr im Lerchenfelder Pfarrheim, Kepserstraße 26, statt.

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