Landwirtschaft : „Nicht nur lächeln und Krönchen tragen“

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Die beiden Hopfenköniginnen Eva-Maria Pichlmeyer und Anna Fischer (links) aus Grafendorf und Ammersberg langen bei der Arbeit mit dem Hopfen tüchtig zu. (Foto: Marco Einfeldt)

Eva-Maria Pichlmeyer und Anna Fischer sind die neuen Hallertauer Hopfenköniginnen und die beiden meinen es ernst mit ihrer Amtszeit. Sie erzählen, wie sie mit Vorurteilen aufräumen und sich in der männerdominierten Branche Respekt verschaffen wollen.

Von Dominik Zarychta, Rudelzhausen

Wenn man auf der Autofahrt weit und breit nichts als Hopfen und Solaranlagen sieht, dann weiß man, dass man mitten im Hallertauer Hopfenanbaugebiet ist. Fährt man daraufhin noch ungefähr weitere zehn Kilometer entlang nicht enden wollender Hopfenfelder, dann kommt man irgendwann im 100-Einwohner-Ort Grafendorf an, in dem sich der Hof der Hopfenkönigin Eva-Maria Pichlmeyer befindet.

Es ist recht beschaulich hier, im Randgebiet des Landkreises Freising. Ebenfalls zur Stelle ist auch die stellvertretende Hopfenkönigin Anna Fischer, die aber eigentlich aus Ammersberg bei Hörgertshausen kommt. Beide erzählen, was ihnen am Hopfen liegt und was sie aus ihrer einjährigen Amtszeit machen wollen.

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Die 21-jährige Eva-Maria Pichlmeyer studiert in Freising Agriculture, Marketing und Management und befindet sich aktuell im letzten Semester ihres Studiums. Die Kandidatur kommt ihr praktischerweise entgegen, im Studium gehe so etwas noch einfacher als später im Beruf. Für sie sind die Gründe für die Kandidatur klar.

In der Hallertau sei sie groß geworden und stolz darauf, Teil dieser Hopfen-Kultur zu sein. Anna Fischer ergänzt: „Wen der Hopfen einmal gekratzt hat, den lässt er nicht mehr los!“ und lacht, „so war das bei uns auch“. Auch sie ist Studentin, allerdings in Passau. Die 22-jährige studiert Lehramt, ist mit vollem Herzblut aber nach wie vor beim Hopfen. Die Dritte im Bunde ist Hopfenprinzessin Sophie Huber aus Steinbach.

Alle drei stammen aus Hopfenpflanzerbetrieben. Neben dem Mindestalter von 18 Jahren ist das die einzige Voraussetzung, um sich auf das Amt zu bewerben. Die ersten Königinnen des Hopfens wurden bereits 1952 gewählt und galten als Repräsentantinnen der Produzenten der Region. Eine Prinzessin wurde in diesem Jahr erstmals seit acht Jahren wieder gewählt, das Ehrenamt hat ein Nachwuchsproblem, so schildern es Pichlmeyer und Fischer.

Die Hopfenköniginnen Eva-Maria Pichlmeyer und Anna Fischer (links) möchten mit Vorurteilen gegenüber der Landwirtschaft aufräumen. (Foto: Marco Einfeldt)

In den vergangenen Jahren gab es jeweils nur maximal zwei Bewerberinnen, sodass dieses Amt unbesetzt bleiben musste. Dass gleich zwei Kandidatinnen aus dem Kreis Freising kommen, sei ebenfalls sehr lange her gewesen. Eines der Ziele, welches sich die Frauen gesetzt haben ist, das Amt wieder attraktiver werden zu lassen.

Besonders die Wahl schrecke viele ab. Da befinden sich auf dem Wolnzacher Volksfest im Bierzelt an die 2500 Hopfenpflanzer sowie bis zu sechs Tische pro Kandidatin mit der eigenen Familie und den Freunden. „Da drin herrscht eine extrem brütende Hitze“, schildert Pichlmeyer. Bei der Wahl müsse man dann ein Bewerbungsvideo zeigen, welches im Vorhinein aufgenommen wurde und eine Rede halten. Anschließend laufen die Kandidatinnen von Tisch zu Tisch und werben für sich, dann wird gewählt.

Das Amt selbst ist zeitintensiv. Um die 100 Termine müssen die Gewählten pro Jahr wahrnehmen, dann wird die Krone weitergegeben. Einer der wohl spannendsten Besuche wird dabei für die Königin Pichlmeyer eine Reise in die USA zur Craftbeer Messe sein. Bezahlt, gefördert und begleitet wird das Amt vom Hallertauer Pflanzenverband. Dort gibt es drei Personen, die von der Hotelbuchung bis zum Managen des Terminkalenders alles machen, um die drei zu unterstützen.

Auch Frauen haben in einer männerdominierten Welt ihren Platz

Auf diesen vielen Terminen müsse man selbst dahinterher sein, um mehr zu machen als nur zu winken, meint Eva-Maria Pichlmeyer. Das sei ein weiteres Ziel dessen, was sie in ihrer Amtszeit erreichen möchten. Besonders Pichlmeyer ärgert sich darüber, wie die Landwirtschaft in der breiten Öffentlichkeit dargestellt wird: „Wir sind mehr als nur Gummistiefel und Heugabeln!“ Und auch Fischer ist entschlossen dafür, mit den Vorurteilen aufzuräumen und den Hopfen fernab aller Stereotypen zu repräsentieren: „Wir möchten zeigen, dass auch Frauen in einer männerdominierten Welt Platz haben. Wir möchten unsere Kompetenz nach außen ausstrahlen.“ Der Hopfen hat für beide nämlich eine große Bedeutung. „Der Hopfen ist eng mit meiner Heimat und meiner Familie verflochten“, sagt Pichlmeyer, sie identifiziere sich damit. „Was die Weinbauer in Italien sind, ist bei uns der Hopfen“, meint Fischer, es sei eine Ehre für sie, mit dem Hopfen arbeiten zu dürfen, der so viel mehr als nur Bier sei.

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Das Hallertauer Dreigestirn kennt mittlerweile jeder, der sich in der Region mit der Hopfenernte auseinandersetzt, schließlich werden sie durch die beiden Königinnen aus dem Kreis Freising und der Prinzessin repräsentiert. Eine einfache Zeit haben sie sich nicht ausgesucht, laut den engagierten Hopfenpflanzerstöchtern sei die Marktlage für Hopfen dieses Jahr sehr schwierig, es sei zu viel da und der angebaute Hopfen treffe auf einen gedeckten Markt.

Es ist wichtig, dass das weltweit größte Hopfenanbaugebiet auch international gut repräsentiert wird. Und welches Team würde da besser passen, als drei junge Frauen, die aus ihrem Ehrenamt mehr als nur „lächeln und Krönchen tragen“ machen wollen?

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