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Solarpark in Hallbergmoos:Strom gewinnen, kühlen, einkehren

Das ambitionierte Projekt der Firma Höflinger Müller kommt in die entscheidende Phase: Bald wird sich zeigen, ob das Konzept umgesetzt werden kann. Denn noch liegt das Areal im Landschaftsschutzgebiet.

Von Petra Schnirch, Hallbergmoos

Zehn Monate sind seit der ersten Präsentation vergangen, zwischenzeitlich türmten sich hohe Hürden auf, doch die Gemeinde Hallbergmoos lässt nicht locker. Im Rathaus hofft man, dass der innovative Solarpark westlich des Gewerbeparks zeitnah verwirklicht werden kann - obwohl das 37 Hektar große Areal im Landschaftsschutzgebiet liegt. Die Gemeinde sei mit dem Landratsamt in Kontakt, sagt Katrin Liebig, Geschäftsleiterin im Rathaus. Die Herausnahme aus dem Schutzgebiet sei beantragt, der Antrag sei im Dezember eingereicht worden. Anfang Januar soll ein Gespräch dazu stattfinden.

Ganz einfach dürfte es nicht werden, "aber wir dürfen das Projekt nicht einfach begraben", sagt Liebig. Mitte November sprach sich der Gemeinderat einstimmig für die notwendige Änderung des Flächennutzungsplans aus und startete damit das Genehmigungsverfahren. Bei der Firma Höflinger Müller hofft man, 2024 mit dem Bau beginnen zu können. Dort zeigt man sich optimistisch, Lösungen für das "Leuchtturmprojekt der Energiewende" zu finden.

Die Firma Höflinger Müller will ihre Flotte auf E-Antrieb umstellen

Denn entstehen soll westlich der Bundesstraße 301 nicht nur eine 35 Hektar große Freiflächen-Photovoltaikanlage, die im Jahr 37 Millionen Kilowattstunden Strom liefern soll - so viel wie Hallbergmoos in etwa verbraucht. Kernstück ist eine Service-Station der Großbäckerei mit modernem Kühlhaus mit Kälte-Wärme-Koppelung.

Das Unternehmen will nach eigener Aussage die komplette Lastwagenflotte auf E-Antrieb umstellen und somit 500.000 Liter Diesel im Jahr einsparen, wie es in einer Präsentation heißt, die interessierten Hallbergmooser Bürgerinnen und Bürgern vor wenigen Wochen vorgestellt wurde. Nachts sollen die Lastwagen die Filialen in Bayern beliefern. Tagsüber, wenn sie am Firmengelände stehen, werden sie aufgeladen, zudem können die Batterien der Fahrzeuge als Energiespeicher genutzt werden. Bi-direktionales Laden also, Laden in zwei Richtungen, auch als Schutz vor Stromausfällen. Zehn Prozent der Strommenge benötigt laut Konzept die Firma Höflinger Müller, die restlichen 90 Prozent sind für Gemeinde, Gewerbe, öffentliches Netz vorgesehen. Lange Stromtrassen sind nicht erforderlich. Außerdem geplant sind eine Reihe von öffentlichen E-Schnellladepunkten sowie ein Gastronomiebereich: eine Bäckerei mit offener Backstube sowie ein Ladencafé mit Terrasse und Weiher, Spielplatz und Blühwiese.

Das Areal liegt zwischen Bundesstraße und Bahnstrecke

Betreiber soll die Energieallianz sein, deren Gesellschafter sind mittelständische Stadtwerke und und private Energieversorger, deren Ziel ein dezentraler Umbau hin zu erneuerbaren Energien ist. Als Pluspunkt des Standorts werten Gemeinde und Unternehmen die gute Anbindung ans Stromnetz an dieser Stelle sowie an die Bundesstraße. Der Eigentümer des Grundstücks steht hinter dem Konzept. Probleme schafft jedoch die Einstufung als Landschaftsschutzgebiet.

Vor einem knappen halben Jahr sah es noch so aus, als wäre dies ein K.-o.-Kriterium. In einer Studie der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf zu geeigneten Standorten für PV-Freiflächenanlagen, die als Entscheidungshilfe für die Gemeinden gedacht ist, befand sich das Grundstück im roten Bereich, galt folglich als Tabufläche. Bürgermeister Josef Niedermair übte daraufhin harsche Kritik und beklagte die mangelhafte Kommunikation mit dem Landratsamt. Dies hat sich offenkundig geändert.

Gemeinde und die potenziellen Bauherren betonen, dass das Areal, obwohl als Schutzgebiet ausgewiesen, derzeit landwirtschaftlich vor allem für den Maisanbau genutzt werde und durch die Lage zwischen Bundesstraße und Bahnstrecke sowie die Abflugroute West am Flughafen erheblich vorbelastet sei. Der Antrag auf eine Herausnahme der Fläche ist eingereicht. Die Netzanschlussleistung ist laut Höflinger Müller GmbH gesichert, ebenso die Finanzierung aller Projektteile. Mit der Regierung von Oberbayern sei zudem geklärt, dass kein Raumordnungsverfahren erforderlich sei.

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