Es sind sehr emotionale Tage für Josef Niedermair. Nach drei Jahren, neun Monaten, fünf Tagen endet am 31. Dezember seine Amtszeit als Bürgermeister. Am Donnerstag organisierten zunächst die Mitarbeitenden ein Überraschungsabschiedsfest für ihn im Rathaus, dabei flossen Tränen auf beiden Seiten. Am Abend bedankten sich Gemeinderäte, viele Bürgermeister und der Landrat im Gemeindesaal bei ihm und seiner Familie. Viele Wegbegleiter waren gekommen, denn Josef Niedermair kann in der Sache zwar sehr streitbar und angriffslustig sein, wie mehrere Redner betonten. Allerdings ist er auch „ein Versöhner“, wie Landrat Helmut Petz (FW) sagte. „Du hast die Gabe, alle zusammenzuführen.“
Natürlich gehören blumige Worte zu jeder Verabschiedung dazu. Diesmal aber waren es mehr als die üblichen Allgemeinplätze. Franz Heilmeier aus der Nachbargemeinde Neufahrn, der auch für seine Bürgermeister-Kolleginnen und -Kollegen und die Nordallianz sprach, nannte Niedermair eine „besondere Persönlichkeit“ und einen Freund – über alle Parteigrenzen hinweg, ein Grüner und ein CSU-Politiker. Für Staatskanzlei-Chef Florian Herrmann ist er ein „Bürgermeister der Herzen“.
Der 30. Dezember wird Niedermairs letzter Amtstag im Rathaus sein, dann beginnt sein Ruhestand. Sehr viel später, als er eigentlich vorhatte, aber früher, als mancher dachte. Nach dem überraschenden Tod von Harald Reents im Dezember 2020 standen die Hallbergmooser unter Schock. Corona-Regelungen erschwerten zudem politische und private Treffen. „Es brauchte eine angesehene Persönlichkeit – und es war klar, wer diese Person nur sein kann“, sagte Heilmeier am Donnerstag bei der Feier.
Josef Niedermair hatte sich da schon aus der Kommunalpolitik zurückgezogen, bei den Wahlen im Frühjahr 2020 hatte er nicht mehr kandidiert. Zuvor gehörte er für die CSU 36 Jahre lang dem Gemeinderat an, zwölf Jahre als Zweiter Bürgermeister, 18 Jahre lang saß er im Kreistag. Nach vielen Gesprächen, auch mit seiner Familie, stellte er sich schließlich als Konsens-Kandidat zur Verfügung. Wahlkampf wollte in dieser schwierigen Situation keiner führen. Das „Schnupper-Praktikum“ (Franz Heilmeier) als Ruheständler war damit beendet.
In den vergangenen knapp vier Jahren haben Bürgermeister und Gemeinderäte in Hallbergmoos vieles vorangebracht. Die kommunale Wohnanlage an der Predazzoallee ist in Bau, Schulen wurden saniert und erweitert, drei Baugebiete ausgewiesen, ein weiteres Gewerbegebiet südlich der Dornierstraße ist in Vorbereitung. Wichtig waren und sind Niedermair auch die beiden Feuerwehrhäuser. Der Spatenstich für den Neubau in Goldach vor wenigen Tagen lag gerade noch in seiner Amtszeit. Auch den Baubeginn für den Badeweiher hätte er gern noch als Bürgermeister miterlebt, das hat nicht ganz geklappt. „Ich bin mit mir im Reinen“, sagt er, auch wenn manches hätte schneller gehen können. Nur an das Mehrgenerationenwohnen traute er sich angesichts geschätzter Kosten von 35 Millionen Euro nicht heran. Das hätte man zehn Jahre früher anpacken müssen, meint Niedermair.

Im März 2024 gab er überraschend bekannt, dass er sein Amt Ende des Jahres abgeben werde, aus gesundheitlichen Gründen. „Körper und Geist haben gesagt, es reicht“, sagt Niedermair. Aus der Kommunalpolitik will er sich weitgehend zurückziehen. „Irgendwann muss Schluss sein“, jetzt seien Jüngere dran.
Was folgt jetzt, in seinem neuen Lebensabschnitt? Weltreise wird es jedenfalls keine sein, wie er sagt. Mit einem Gutschein für eine Wohnmobilfahrt, den er aus dem Kreis der Gemeinderäte bekam, kann er mit seiner Frau aber zumindest einige Tage auf große Fahrt gehen. Er habe für die nächste Zeit „0,0 Planung“ gemacht, will spazieren gehen, Zeitung lesen, Rad fahren, Zeit mit der Familie verbringen oder einfach mal nichts tun. „Es braucht sicher ein paar Monate, dann werde ich wieder wepsert.“
Auf dem Sofa daheim kann man sich Josef Niedermair nicht wirklich vorstellen. Über Jahrzehnte hat er sich in der Gemeinde nicht nur politisch engagiert. Bis zu seiner Wahl als Bürgermeister leitete er neun Jahre lang die Kegelabteilung und führte die erste Herrenmannschaft in die Bundesliga. Früher war er aktiver Ringer und viele Jahre lang im Vorstand des SV Siegfried.
„Ich möchte keine Minute missen“
Die vergangenen Jahre seien stressig gewesen, dennoch „möchte ich keine Minute missen“, bilanziert er. Er freue sich jetzt aber auf mehr freie Zeit. Vermissen werde er die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rathaus, „ein tolles Team“. Mit Benjamin Henn (FW) kommt auch Niedermairs Nachfolger aus den Reihen der Rathaus-Verwaltung.
Niedermair ist immer bodenständig geblieben. „Nach der Politik bleibt der Mensch“, sagt er und wünscht sich, dass ihn die Leute auf der Straße mit „Servus Sepp“ grüßen, schon bisher habe er auf die förmliche Anrede „Bürgermeister“ keinen Wert gelegt. Besonders gut gefallen hat ihm an seiner Abschiedsfeier, dass mit den Moosspatzen, einem Akkordeonspieler sowie den beiden Prinzenpaaren der vergangenen Saison junge Hallbergmooser das Rahmenprogramm gestalteten – und nicht etwa eine teure, auswärtige Band.