Süddeutsche Zeitung

Hallbergmooser Haushalt:Griff in den vollen Geldspeicher

Nach einem Ausgabenstopp schiebt die Gemeinde in diesem Jahr wieder viele Projekte an.

Von Alexandra Vettori, Hallbergmoos

"Wir haben mal wieder Glück gehabt", so lautete der Kommentar des neuen Hallbergmooser Bürgermeisters Josef Niedermair (CSU) in der Gemeinderatssitzung am Dienstag, als es um den Haushalt für das laufende Jahr ging. Gleich in seiner ersten Sitzung konnte er eine freudige Nachricht verkünden: Wie schon im Vorjahr sind im Rathaus 15 Millionen Euro als Gewerbesteuer-Nachzahlung eingegangen. Insgesamt liegt man damit bei Einnahmen aus der Gewerbesteuer in Höhe von 32 Millionen Euro, vorsichtig kalkuliert. Zusammen mit allen anderen Steuereinnahmen sind es 47 Millionen. Dazu hat die Gemeinde noch immer 70 Millionen Euro auf der hohen Kante, laut Finanzplan schmelzen sie bis Ende des Jahres auf 62 Millionen Euro ab.

Für Niedermair hätte es keinen besseren Start geben können. Wie er betonte, sei das zwar der erste Haushalt, den er selbst vorlege, aber dank seiner langjährigen Tätigkeit als Gemeinderat bereits der 37. Haushalt, den er mitdiskutiere. Und während in vielen Rathäusern im zweiten Corona-Jahr die Geldsorgen umgehen, packt Hallbergmoos das Füllhorn aus: Das soziale Wohnbauprojekt an der Predazzo-Allee soll jetzt doch nicht beerdigt werden, wie erst kürzlich beschlossen, sondern die Planungen laufen wieder an. Außerdem stimmte der Gemeinderat dem Antrag der SPD-Fraktion einmütig zu, das Naturbad im Sportpark wieder anzupacken, es war seit der Corona-bedingten Haushaltssperre im Vorjahr auf Eis gelegt. Als Kostenprognose dafür stehen drei Millionen im Raum, freilich verteilt auf die nächsten Jahre.

"Wir werden uns daran messen lassen, was wir geschaffen haben, nicht, was wir verhindert haben"

Auch sonst zählte der Bürgermeister eine Reihe von Kosten im laufenden Haushaltsjahr auf: 7,4 Millionen entfallen auf das Personal, vier Millionen auf die Instandhaltung gemeindlicher Gebäude, alles in allem 6,5 Millionen fließen in die Kindertagesstätten. Und da sind dann noch die anstehenden Großprojekte wie die beiden neuen Feuerwehrhäuser, die neue Grundschule und die Erweiterung der bestehenden Schule sowie die Rathauserweiterung, die neue Mitte von Hallbergmoos. All diese Kosten werden sich auf die nächsten Jahre verteilen. Die Marschrichtung von Niedermair ist klar: "Wir werden uns in fünf Jahren daran messen lassen, was wir für Hallbergmoos geschaffen haben, nicht, was wir verhindert haben."

Kämmerer Thomas Grüning machte in der mittelfristigen Finanzplanung allerdings sehr deutlich, dass für Euphorie kein Grund besteht. Denn den hohen laufenden Kosten und Investitionen der nächsten Jahre stehen jedes Jahr wieder unsichere Einkünfte gegenüber. Ein Umstand, den auch Thomas Henning, Fraktionssprecher der Freien Wähler, aufgriff. Er wolle nicht als Spielverderber dastehen, doch die "extrem hohen" laufenden Kosten machten ihn nachdenklich. Für die geplanten Investitionen war aber auch er, 70 Millionen Euro Rücklagen seien in diesen Zeiten "einfach zu viel. Das Geld muss unter die Leute".

Auch Wolfgang Reiland von der Wählergemeinschaft Einigkeit sprach die hohen laufenden Kosten an. Für Investitionen, Bauunterhalt und Pflichtaufgaben brauche man 21 Millionen im Jahr, in den nächsten Jahren dürften aber auch in Hallbergmoos die Gewerbesteuern einbrechen. "Wir müssen Jahr für Jahr aufpassen, damit wir nicht in Schieflage kommen", so Reiland. Mahnende Worte fand auch Damian Edfelder, Fraktionssprecher der CSU, trotz der überplanmäßigen Einnahmen "wissen wir nicht, wie es weitergeht". Stefan Kronner (SPD) erinnerte daran, dass die Haushaltslage auch deshalb so gut sei, weil im Vorjahr alles gestoppt wurde, "doch die Zeit des Wartens ist vorbei".

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SZ vom 07.05.2021/ilos
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