Gute Noten sind nicht alles:Es mangelt an Nachwuchs

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Auch in diesem Jahr werden im Landkreis voraussichtlich viele Lehrstellen unbesetzt bleiben. Die Arbeitsagentur ermuntert Betriebe, vermeintlich schwächeren Bewerbern eine Chance zu geben und verspricht, dabei zu helfen

Von Petra Schnirch, Freising

Die Bereitschaft in den Betrieben, Jugendliche auszubilden, ist groß. Auch in diesem Jahr aber werden im Herbst viele Lehrstellen im Landkreis unbesetzt bleiben. Seit Oktober 2016 haben sich insgesamt 1045 Bewerber bei der Agentur für Arbeit gemeldet, 753 haben inzwischen eine schulische oder berufliche Perspektive für September gefunden. Im gleichen Zeitraum gingen 1237 Angebote für Ausbildungsstellen ein, das sind 213 mehr als im Jahr zuvor. 424 davon waren im Juni noch frei. Immer mehr Unternehmen wie die Schenker Deutschland AG, ein Logistikdienstleister, geben auch Jugendlichen mit schlechteren Noten eine Chance (). Hilfestellung bekommen Chefs und Azubis von der Arbeitsagentur.

Warum Lehrstellen unbesetzt bleiben, hat ganz unterschiedliche Gründe, wie Kathrin Stemberger, Sprecherin der Arbeitsagentur, erklärt. Kleinere Handwerksbetriebe auf dem Land sind für Jugendliche oft nur schwer zu erreichen. In den starken Branchen, zum Beispiel in der Logistik und im Handel, ist das Angebot zudem größer als die Nachfrage. Im Herbst 2016 blieben insgesamt 210 von 1119 bei der Arbeitsagentur gemeldeten Ausbildungsstellen vakant. "Der Lehrstellenmarkt wird für die Betriebe jedes Jahr schwieriger", sagt IHK-Vizepräsident Otto Heinz aus Moosburg. "Der Nachwuchs reicht hinten und vorne nicht." Hinzu kämen Lücken bei der Ausbildungsreife vieler Bewerber, zum Beispiel bei grundlegenden Deutsch- und Mathekenntnissen oder der Teamfähigkeit.

Die Arbeitsagentur empfiehlt Arbeitgebern, die befürchten, nicht alle Stellen besetzen zu können, vermeintlich schwächeren Bewerbern zunächst ein Praktikum oder Probearbeiten anzubieten. "Der Blick auf die Noten sollte nicht das einzige Auswahlkriterium sein." Außerdem sollten die Unternehmen überlegen, ob sie nicht auch ältere Bewerber zwischen 25 und 35 Jahren in das Auswahlverfahren einbeziehen - oder ob sie Müttern eine Ausbildung in Teilzeit ermöglichen. "Die Agentur für Arbeit unterstützt Arbeitgeber, die hier neues Terrain betreten wollen, beratend und wenn möglich auch finanziell", sagt Stemberger.

Für Jugendliche, die nicht auf Anhieb eine Stelle finden, gibt es die Möglichkeit einer Einstiegsqualifizierung - das sind sechs- bis zwölfmonatige Praktika in einem Betrieb zum gegenseitigen Kennenlernen. In den vergangenen Wochen nutzten 23 junge Leute im Landkreis dieses Gelegenheit. 93 erhielten ausbildungsbegleitende Hilfen, das Spektrum dabei ist breit gefächert: Dazu zählt Nachhilfe in Theorie und Praxis, eine Vorbereitung auf Klassenarbeiten und Prüfung, Nachhilfe in Deutsch, aber auch Unterstützung bei Alltagsproblemen oder vermittelnde Gespräche mit Ausbildern, Lehrern und Eltern. Ein Bildungsträger mit erfahrenen Lehrern, Ausbildern und Sozialpädagogen begleitet die jungen Leute, es gibt einen individuellen Förderplan. In der Regel finden die Termine nachmittags oder abends statt. Ganz neu in Freising ist in diesem Herbst das Angebot einer "assistierten Ausbildung", gefördert werden lernbeeinträchtigte Jugendliche, wenn sie eine Lehrstelle haben, der erfolgreiche Abschluss aber gefährdet ist. Auch für Menschen mit Behinderung gibt es Unterstützung.

Die Lieblingsberufe der künftigen Azubis klingen übrigens ziemlich realistisch. Bei den Jungs stehen der Kfz-Mechatroniker, Fachinformatiker oder Industriemechaniker ganz oben auf der Wunschliste, außerdem, wie bei den Mädchen, kaufmännische Berufe. Die interessieren sich zudem für Ausbildungen zur Medizinischen Fachangestellten, Friseurin oder Automobilkauffrau. Unbesetzte Stellen gibt es vor allem für Fachkräfte Lagerlogistik, Kaufleute im Einzelhandel, Verkäufer, Köche und Handelsfachwirte. Gesucht werden auch Hotelfachleute, Speditionskaufleute und Handwerker.

© SZ vom 03.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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