Gründonnerstagung im Lindenkeller:Unterhaltsam, nachdenklich und bitterböse

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Johannes Becher brilliert wieder als machtbesessener Markus Söder und kommt auch als Claudia Roth gut an.

Von Johann Kirchberger, Freising

Kabarett vom Feinsten ist bei der "Gründonnerstagung" der Grünen im Lindenkeller geboten worden: Es war lustig, unterhaltsam, böse und in vielen Passagen sehr nachdenklich. Etwa, als die Müllfrau Caro Hofer über die Situation der Flüchtlinge nachdachte, an die Menschlichkeit appellierte, den Hass auf alles Fremde verurteilte und an die Menschenrechte erinnerte. Oder als Susanne Hehnen als "Petri Heil" über die Vorstellungen der AfD räsonierte, gegen Ausländer schwadronierte und dann sang "Ich will das Land für mich allein".

Aber es durfte auch viel gelacht werden. Die Szene mit Ministerpräsident Seehofer (Toni Wollschläger) und Bauernpräsident Krautmeier (Franz Spitzenberger), der versprach, alles zu tun, um Markus Söder etwas anzuhängen, nur um Landwirtschaftsminister zu werden, war geradezu köstlich. So köstlich wie bayerisches Bier, das nach Ansicht von Krautmeier erst durch eine ordentliche Beigabe von Glyphosat den richtigen Geschmack erhält. Oder als Seehofer sich über die bayerische Leitkultur ausließ, die von "Preissn, Negern und Nordafrikanern" bedroht werde. Und als er sich wunderte, dass Florian Herrmann, wenn der tatsächlich Abgeordneter und nicht nur Praktikant der Fraktion sei, im Kampf gegen die dritte Startbahn nicht an seiner Seite stehe - "was ist denn das für ein Lätschnbene?".

Große Klasse war auch, wie Johannes Jojo Becher mit schwarzem Umhang und begleitet von Palmwedlern einzog und den machtbesessenen Söder parodierte. Sein Fränkisch werde immer besser, waren sich die Zuschauer einig. Das mag sein, aber noch besser war Becher diesmal in der Rolle der Claudia Roth. Da passten nicht nur das bunte Outfit und die Freude, mit der die Bundestagsvizepräsidentin gerne jeden umarmt, da stimmten auch Sprache, Ausdruck und Diktion.

Aber es gab auch böse Szenen. Die SPD kam dabei noch relativ gut davon, wurde von Björn Laczay und Ruth Bosse lediglich lächerlich gemacht, oder war das schon mehr Mitleid? Schlimmer erging es den Freien Wählern. Sebastian Habermeyer spielte den Hubsi Aiwanger, angetan mit Trachtenfrack, Badehose und Schwimmflügerl, der um den Wiedereinzug seiner Mannen in den Landtag kämpft, nach einem halben Strohhalm greift und alles auf die rechte Karte setzt. Und ein Lied hatte er als Aiwanger auch parat: "Schwarzbraun muss mein Wähler sein, schwarzbraun bin auch ich...".

Begleitet wurden die Darbietungen, die von den Zuschauern minutenlang mit stehenden Ovationen gefeiert wurden, von Moderatorin Uschi Dämlich (Birgit Moser-Niefanger) und Professor Unterreuther (Jürgen Maguhn). Ausgedacht hatten sich die Texte Toni Wollschläger und Jojo Becher. Begonnen hatte der Abend mit Liedern der A-capella-Gruppe "Auer Voices" und politischen Reden. Christian Magerl wetterte dabei einmal mehr gegen die Pläne für den Bau einer 3. Startbahn. Wenn Erwin Huber angeblich in der CSU-Fraktion 66 Unterschriften Pro-Startbahn gesammelt habe, dann frage er sich, so Magerl, wo "die Unterschriftensammlung unserer Stimmkreisabgeordneten" bleibe. Auch mit der AfD rechnete er ab, bezeichnete sie als Partei der Ewiggestrigen, die den Klimawandel bestreite.

Claudia Roth - diesmal die echte - verurteilte die Terroranschläge von Brüssel, missbilligte die Flüchtlingspolitik der CSU, zog gegen deren Miesmacherei zu Felde und stellte der bayerischen Bevölkerung ein gutes Zeugnis aus. Bayern sei offen, herzlich und bunt, rief sie engagiert und gewohnt kraftvoll. Und ja, grüne Suppe gab es auch. Sie soll diesmal sehr gut gewesen sein. Leider gingen am Ende die Teller aus.

Claudia Roth war auch da, erst dargestellt von Johannes Becher und hier in echt. (Foto: Marco Einfeldt)
© SZ vom 26.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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