Artenschwund:Der Ruf der Landwirtschaft hat gelitten

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Bauern, die massenhaft Gülle auf ihren Feldern ausbringen, haben zum negativen Image der Landwirtschaft beigetragen. (Foto: imago)

Der Ruf der Landwirtschaft ist angesichts des Artenschwunds miserabel. Das zeigt eine Podiumsdiskussion junger Weihenstephaner Landwirte. Bauern, die konventionell wirtschaften, sollen für Schäden an Natur aufkommen.

Von Katharina Aurich, Freising

Hoffnung machten junge Landwirte, die tatsächlich umdenken würden: Darin waren sich die Teilnehmer der Podiumsdiskussion "Volksbegehren Rettet die Bienen - ein gemeinsamer Weg für Landwirtschaft und Artenschutz?" einig. Der Tenor der Veranstaltung war aber, dass es wie bisher nicht weitergehen könne. Die Landwirtschaft müsse sich dringend ändern. Das erfolgreiche Volksbegehren sowie der dramatische Artenrückgang hätten den Druck erhöht. Doch die Mehrheit der Bauern sei noch nicht so weit. Das Weihenstephaner Team der Jungen DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft) hatte zu der Veranstaltung eingeladen und offensichtlich einen Nerv getroffen.

Etwa 300 Zuhörer drängten sich im Hörsaal, viele saßen auf Treppen und Fensterbänken. In Gisela Sengl, Biolandwirtin und Sprecherin für Landwirtschaft und Ernährung der Grünen im Landtag, Anton Kreitmair, Landwirt und Bezirkspräsident des Bayerischen Bauernverbandes sowie Hanno Schaefer, Professor für Biodiversität der Pflanzen an der TU München saßen streitbare Fachleute auf dem Podium, so dass Moderator Klaus-Peter Wilbois, Professor für Pflanzenproduktionssysteme im Ökolandbau an der Hochschule-Weihenstephan-Triesdorf manchmal Mühe hatte, die Emotionen zu dämpfen.

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Ein großer Schaden für das Image der Landwirte

Das Volksbegehren habe gezeigt, wie sehr die Themen Landwirtschaft und Artenschwund die Menschen bewegten, so Sengl. Kreitmair bekannte, dass er nicht geglaubt habe, dass so viele Menschen unterschreiben würden. Er bezweifle, dass jeder den Text gelesen habe. Der Bauernverband habe sich gegen das Volksbegehren ausgesprochen, denn es sei dadurch ein großer Schaden für das Image der Landwirte entstanden.

Sowohl jeder einzelne als auch die Politik hätten den Auftrag, den Artenschwund zu stoppen, forderte Sengl. Und zwar weltweit, wie Schaefer appellierte. Er spannte den Bogen global, denn durch das Konsumverhalten, den Verbrauch von Soja und Palmöl, beschleunigten die Menschen hierzulande "massiv" das Artensterben in Malaysia und Indonesien. Ein Zuhörer warf ein, dass unser Fleischkonsum dazu beitrage, dass Regenwälder für den Sojabohnenanbau abgeholzt würden.

Schaefer forderte, dass die konventionellen Landwirte in Europa für die Schäden, die sie an der Natur anrichteten, haftbar gemacht und die Kosten, die entstünden, um etwa mit Nitrat belastetes Grundwasser zu reinigen, auf die Produkte aufgeschlagen würden. Dann hätten konventionell erzeugte Produkte tatsächlich den Preis, den die Erzeugung koste.

Auch der Flächenverbrauch müsse sinken, forder eine Zuhörerin

Unbestritten war, dass der Bioanbau mehr für den Artenschutz tue als konventionelle Betriebe, aber die Produkte müssten nachgefragt werden. Ein Zuhörer merkte an, dass, wenn alle, die das Volksbegehren unterschrieben hätten, Bio kauften, schon viel gewonnen wäre. Eine Zuhörerin forderte, dass sich nicht nur die Landwirtschaft ändern müsse, sondern auch der Flächenverbrauch der Kommunen, die ständig neue Wohngebiete auswiesen. Der Bau immer neuer Straßen müsse gestoppt werden, um der Natur nicht noch mehr Raum wegzunehmen. In Sachen Bildung gebe es noch viel zu tun, der Besuch auf dem Bauernhof sollte für Schulklassen verpflichtend werden, um Verständnis für die Nahrungsmittelerzeugung zu vermitteln.

Das Image der Landwirtschaft sei schlecht, darin waren sich alle einig, aber Biobäuerin Senger schilderte, dass Bauern in den Dörfern hohes Ansehen genössen. Meist engagierten sie sich auch in Vereinen oder bei der Feuerwehr, dort werde ja oft gefeiert und meist zu günstigen Preise eingekauft. Dort könnten die Landwirte ansetzen und in ihrem Umfeld dafür werben, hochwertigeres Grillfleisch zu kaufen.

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