Mitten im Landkreis:Mit dem Gasrohr ins Gebirge schauen

Alles wird knapp: Energie, Arbeitskräfte und Arbeitskräfte, die Arbeitskräfte besorgen sollen.

Glosse von Alexander Kappen

Wir befinden uns, so traurig das ist, in einem Zeitalter der Mangelwirtschaft. Es fehlt in diesen Tagen an allen Ecken und Enden. Den Einen mangelt es angeblich an funktionstüchtigen Turbinen, um vertragskonform genügend Gas durch eine Pipeline zu blasen. Den Anderen, die so zu sagen mit dem Gasrohr ins Gebirge schauen, fehlt es in absehbarer Zeit vielleicht an genügend Energie, um Wohnungen warm und die Wirtschaft am Laufen zu halten.

Überhaupt, die Wirtschaft: Hier fehlt es schon seit geraumer Zeit an dem einen oder anderen Teil, das der eine oder andere Betrieb für seine Produktion benötigt. Steve-McQueen- und Charles-Bronson-Fans kennen dieses Phänomen auch unter dem Namen "gesprengte Lieferketten". Woran es der Wirtschaft zudem mangelt, sind natürlich Fachkräfte. Aber diese fehlen - hier im Landkreis genauso wie im Rest der Republik - ja in sämtlichen Branchen und Berufszweigen. Lehrkräfte, Servicekräfte, Pflegekräfte, Erziehungskräfte - überall ist der Markt leer gefegt.

Hier ist der Chef noch selbst der Key Player

Und selbst diejenigen, die sie suchen und an Land ziehen könnten, sind mittlerweile schon rar: Denn auch menschliche Spezialspürhunde, die auf die schöne Berufsbezeichnung Recruiter beziehungsweise Recruiterin hören und mehr oder weniger verwandt sind mit Headhuntern und Headhunterinnen, werden laut einer Pressemitteilung "im verschärften Wettbewerb um Arbeitskräfte immer mehr zur knappen Ressource". Was natürlich doof ist, weil die Nachfrage dem Vernehmen nach immer größer wird und die Gehaltsspirale sich auch bei Recruitern, die gerne mal auf gut Deutsch als "Key Player für den Unternehmenserfolg" bezeichnet werden, langsam nach oben dreht. Jemanden einzustellen, um Leute zu suchen und einzustellen, die es am Markt nicht gibt, könnte ganz schön kostspielig werden.

Kein Wunder also, dass man in einer Behörde wie einem Landratsamt das Recruiten und Headhunten dann eben mal ganz unbürokratisch auf die oberste Ebene verlegt. Da nimmt etwa in Freising der Landrat, so etwas wie der Chief Executive Officer des Landkreises, in seiner Not schon mal selbst den Hörer in die Hand und telefoniert einschlägige Kontakte ab, um eine vakante Stelle zu besetzen. Hier ist der Boss nämlich noch höchstpersönlich der Key Player. Und wenn es pressiert, dann gibt der ordentlich Gas. Ganz ohne Turbine.

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