Gewässerschutz:Zeit, das Geschenk zurückzugeben

Mit dem Vorwurf der Enteignung sollten Landwirte zurückhaltend sein.

Kommentar von Alexandra Vettori

Nein, es soll jetzt nicht wieder auf die Bauern geschimpft werden, obwohl Vertreter dieses Berufsstandes ein Hauptgrund dafür sind, dass es beim Gewässerschutz so mühsam ist. Nicht weil sie Bauern, sondern weil sie Grundstücksbesitzer sind. Grundstücksbesitzer, die ihre Partikularinteressen über das von Allgemeinheit und Natur stellen. Der Giggenhauser Bach im Norden des Neufahrner Gemeindegebiets ist da nur eines von vielen Beispielen.

Bis zur Gebietsreform in den 1970er Jahren plätscherte der Bach von seiner Quelle westlich von Giggenhausen hinunter ins Freisinger Moos, wo er in die Moosach mündet. Das tut er immer noch, doch längst ist seine Quelle ein Rohr und sein Flussbett schnurgerade und aus Beton. Vor fünf Jahren erstellte die Gemeinde ein Gewässerentwicklungskonzept, wie es vom Wasserwirtschaftsamt gewünscht und vom Staat gefördert wird. Schließlich ist auch die großzügigste Übergangsfrist einer EU-Rahmenrichtlinie irgendwann vorbei. Ortsteilversammlungen fanden statt, schließlich soll die Renaturierung auch mehr Hochwasserschutz bringen.

Doch alle Mühe war umsonst, die privaten Grundbesitzer, meist Landwirte, wollten keinen Grund am Bachufer hergeben. Dabei ist seit dem Artenschutz-Volksbegehren im Vorjahr ohnehin ein fünf Meter breiter Streifen von der Bewirtschaftung, zumindest mit Dünger und Pestiziden, freizuhalten. Schon das empfanden und empfinden viele Bauern als Enteignung, obwohl sie fünf Jahre lang 500 Euro pro Hektar und danach 200 Euro als Entschädigung von der bayerischen Staatsregierung erhalten. Ab einer Breite von sechs Meter gäbe es dann eine Förderung aus dem Kulturlandschaftsprogramm.

Gerade bei den Bächen sollten Landwirte mit dem Enteignungsvorwurf aber noch aus einem weiteren Grund zurückhaltend sein: Vor der Gebietsreform und den Gewässerbegradigungen war Feldbau bis zum Ufer in der Regel gar nicht möglich. Die jetzt so heiß verteidigten Flächen wurden ihnen damals sozusagen geschenkt. Jetzt, da man die vielen Nachteile besser absehen kann als vor 50 Jahren, ist es Zeit, das Geschenk zurückzugeben.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: