Gesundheitsrisiken beim Bau der 3. Startbahn:Mitten drin "im Dampf"

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Fünf Tonnen Schadstoffe belasten beim Bau einer dritten Startbahn laut Plane Stupid täglich das Flughafenumland. Das macht die Betroffenen schier fassungslos.

Von Thomas Radlmaier

Birgit Mooser-Niefanger hat Glück gehabt. Die grüne Landratskandidatin kam nur ein paar Minuten zu spät, ergatterte aber noch einen der letzten freien Plätze. Der Saal im ersten Stock des Grünen Hofes war rappelvoll. Wer keinen freien Stuhl mehr erwischte, stand eben hinten an der Theke. Josef Rohrer von den Freisinger Naturfreunden sagte gleich zu Beginn: "Es tut gut, so viele Leute heute Abend hier zu haben." Annähernd 200 Startbahngegner waren gekommen, um sich von den Referenten über die möglichen Gesundheitsrisiken einer dritten Startbahn am Münchner Flughafen informieren zu lassen.

Doch man merkte schnell an der aufgeheizten Stimmung im Raum, dass die Veranstaltung mehr war als ein reiner Informationsabend. Die Startbahngegner sind noch immer wütend über das jüngste Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zum Flughafenausbau, mit dem ihre Klagen für nichtig erklärt wurden. Und sie wollen weiter gegen das Projekt protestieren und den Bau einer dritten Start- und Landebahn verhindern oder zumindest aufschieben. Christine Margraf vom Bund Naturschutz (BN), eine der zwei Referenten, sagte leidenschaftlich: "Wir werden den Bau der dritten Bahn mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln verzögern. Wenn es sein muss bis 2017, wenn die Politik neue Lärmschutzwerte bestimmen wird, oder bis 2018, wenn die Bayern den nächsten Landtag wählen."

Es ist an diesem Abend oft von Widerstand die Rede. Zum Beispiel, wenn Eva Bönig, Stadträtin der Grünen und Vorsitzende des Kinderschutzbunds, an die Eltern kleiner Kinder appelliert, öfter an Protesten gegen die dritte Piste teilzunehmen: "Freising ist eine junge Stadt. Ich bin enttäuscht darüber, wie wenig Eltern sich am Widerstand beteiligen." Oder als ein junger Mann nach vorne ruft: "Sollten wir nicht jetzt erst recht Widerstand leisten? Lasst uns doch eine Demo gleich nach der Kommunalwahl veranstalten, damit die Politiker das Thema nicht unter den Tisch kehren, wenn sie einmal gewählt sind."

Als Oswald Rottmann von Plane Stupid in seinem Vortrag mit Zahlen über die vom Flughafen verursachten Schadstoffe um sich wirft, sind die Zuhörer größtenteils bestürzt. Viele schlagen beide Hände an den Kopf und schütteln fassungslos das Haupt. Rottmann rechnet vor, dass pro Tonne Kerosin 20 Kilogramm Schadstoffe in der Luft entstünden. Umgerechnet auf die Starts und Landungen am Flughafen mit einer dritten Startbahn seien das fünf Tonnen Schadstoffe pro Tag, die rund um den Flughafen umherschwirren. "Attaching wäre voll drin im Dampf", sagt Rottmann. Der mögliche Bau der nördlichen Bahn würde die "eh schon geringe Pufferzone zwischen Freising und dem Flughafen" vollkommen vernichten, so Rottmann. "Dann könnte sich die Luft gar nicht mehr verdünnen." Rottmanns Studien zufolge ist das Risiko, durch Schadstoffe wie etwa Benzoapyren zu erkranken, in der Nähe eines Flughafens fünf Mal höher als in anderen Gegenden.

Margraf machte darauf aufmerksam, dass die Flugrouten für die dritte Start- und Landebahn noch immer nicht festgelegt seien. Sie sagte: "Wer also heute glaubt, dass er von der dritten Bahn nicht betroffen ist, der wird sich noch wundern." Freising werde in die Zange genommen, so Margraf. Sie sprach von einer "Verdoppelung der Lärmbetroffenheit" und einem "ganzen Rattenschwanz", den der Flughafenausbau mit sich bringe in Form eines steigenden Flächenverbrauchs durch Straßen und neue Wohnsiedlungen.

© SZ vom 14.03.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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