Archäologie:„Unerwartete Ergebnisse“ bei Skelettfunden in Neufahrn

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In Neufahrn wurden vor einigen Jahren gut konservierte Skelette gefunden. (Foto: privat /Ernest Lang)

Die Untersuchungen zeigen, dass die Gemeinde älter ist als bisher angenommen. Für den Heimatforscher Ernest Lang muss die Ortsgeschichte umgeschrieben werden.

Von Francesca Polistina, Neufahrn

Heimatforscher Ernest Lang ist der Meinung, dass die Geschichte der Gemeinde Neufahrn umgeschrieben werden muss. Denn die Ortschaft ist wohl älter, als bisher angenommen wurde. (Foto: Marco Einfeldt)

Ernest Lang, Vorsitzender des Heimat- und Geschichtsvereins, ist sich sicher: „Die Frühgeschichte Neufahrns muss umgeschrieben werden“. Im Jahr 2021 waren am Pfarrweg bei Bauarbeiten gut erhaltene Skelette entdeckt worden, im selben Jahr wurden bei der Sanierung im Bereich des Mesnerhauses zahlreiche Bestattungen geborgen. Nun haben die Archäologen die Skelettfunde analysiert – und das Ergebnis ist durchaus „spannend“ und „überraschend“, wie Amira Adaileh vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege sagt. Auch Bürgermeister Franz Heilmeier sprach von „unerwarteten“ Befunden.

Die erste urkundlich überlieferte Nennung Neufahrns stammt nämlich aus dem Jahr 804, die neuen Untersuchungen kommen aber zu dem Schluss, dass das Alter der Gemeinde um mindestens 100 Jahre, vielleicht sogar noch etwas früher, anzusetzen ist. „Wir können davon ausgehen, dass der alte Ortskern von Neufahrn bereits im 7. Jahrhundert besiedelt war“, so Lang.

Das bedeutet, dass die Gemeinde älter ist, als bisher angenommen. „Die bisher in den Schulen gelehrte und auch in einer offiziellen Broschüre der Gemeinde beschriebene Ortsgeschichte ist nicht mehr haltbar“, so Lang weiter. Die Region an sich ist schon seit mehr als 2500 Jahren besiedelt, wie die zwei Römerstraßen und andere Siedlungsspuren zeigen.

Verschiedene Bestattungsbräuche nebeneinander

Interessant sind die Untersuchungen nicht nur für die Geschichte der Gemeinde, sondern auch auf regionaler Ebene, meint Lang. In der Landesausstellung, die derzeit im Freisinger Diözesanmuseum zu sehen ist, wird gezeigt, dass wahrscheinlich schon vor der Ankunft des Heiligen Korbinian im Jahr 724 Christen in der Region gelebt haben sollen. „Die Funde in Neufahrn erhärten diese These“, so der Heimatforscher. Erwähnenswert aus Sicht der Kreisarchäologin Delia Hurka ist auch die Tatsache, dass verschiedene Bestattungsbräuche nebeneinander existiert haben sollen. So wurde am Pfarrweg mit Beigaben bestattet, auf dem Mesnerhaus-Gelände hingegen ohne.

Konkret haben die Forscher 17 Skelette – sechs aus dem Bereich des Pfarrweges und elf aus dem Bereich des Mesnerhauses - mittels C14-Methode analysiert. Bei der C14-Analyse handelt es sich um ein Verfahren zur radiometrischen Datierung für kohlenstoffhaltige, insbesondere organische Materialien, das von Archäologen genutzt wird, um das Alter von Funden zu bestimmen. Die Ergebnisse: Die Männer und Frauen vom Pfarrweg wurden in einem Zeitraum zwischen 650 und 770 n. Chr. im Bereich ihres Hofes bestattet. „Die Menschen errichteten hier mehrere Hofstellen, von denen sich die Reste der typischen, in den Boden eingetieften Grubenhäuser sowie einige Langhäusern erhalten haben“, so die Kreisarchäologin Delia Hurka.

Auch Funde wie diese erzählen etwas über das Leben der Menschen. (Foto: Marco Einfeldt)

Spätestens ab 700 n. Chr., möglicherweise aber schon etwas früher, begannen auch die Beisetzungen im Bereich des späteren Mesnerhauses. Über 150 Bestattungen, die bis unter die Fundamente des Mesnerhauses reichen, wurden hier gefunden. Um wie viele Individuen es sich dabei handelte, muss noch untersucht werden. Adaileh vom Landesamt für Denkmalpflege wünscht sich deshalb eine Doktorarbeit zum Thema, um die noch vielen offenen Fragen zu beantworten.

Es ist geplant, die archäologischen Ergebnisse zur frühen Ortsgeschichte im fertig sanierten Mesnerhaus zusammen mit anderen Funden aus dem Gemeindegebiet der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dazu sollen spezielle klimatisierte Vitrinen aufgestellt werden. Die Skelette sollen hingegen in der anthropologischen Staatssammlung in München aufbewahrt werden. Die Analysen wurden durch das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege, die Kreisarchäologie Freising und den Neufahrner Heimat- und Geschichtsverein gefördert, gesponsert wurde das Projekt auch von einigen lokalen Banken. Pro Skelett habe die Untersuchung etwa 1500 Euro gekostet, so Lang.

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