Camerloher Gymnasium:Erfahrungen mit gebundener Ganztagsklasse durchaus positiv

Camerloher Gymnasium

Das Camerloher-Gymnasium bietet als einziges Gymnasium im Landkreis die gebundene Ganztagsklasse an. Die Anmeldungen sind momentan relativ gering.

Das Camerloher ist das einzige der fünf Landkreis-Gymnasien, das die gebundene Ganztagsklasse mit Unterricht am Nachmittag für die fünfte und sechste Jahrgangsstufe anbietet. Die Erfahrungen sind positiv, andere Gymnasien sehen Probleme.

Von Gudrun Regelein, Freising

Gerade ist freie Lernzeit. Während die anderen Sechstklässler am Camerloher-Gymnasium in der fünften Unterrichtsstunde an diesem Mittwochvormittag über Mathe brüten oder Deutschunterricht haben, machen die Schüler der gebundenen Ganztagsklasse der sechsten Jahrgangsstufe schon einen Teil ihrer Hausaufgaben - betreut von einem Lehrer. "Ich finde das gut. Meistens mache ich alle meine Hausaufgaben schon hier, nur manchmal muss ich noch was lernen. Aber normalerweise kann ich zu Hause chillen", sagt Helena.

Das Camerloher ist das einzige der fünf Landkreis-Gymnasien, das die gebundene Ganztagsklasse für die fünfte und sechste Jahrgangsstufe anbietet. Start war vor zwei Jahren zum Schuljahr 2017/2018. Es ist der rhythmisierte Tagesablauf, der die gebundene Ganztagsklasse charakterisiert. Das bedeutet, dass der Unterricht von Montag bis Donnerstag über den ganzen Tag hinweg verteilt wird. Dazwischen aber gibt es immer wieder Phasen der Entspannung, das gemeinsame Mittagessen, Bewegung, Freizeit und die Lernzeit.

Die Klasse als "zweites Zuhause"

"Wir haben damit sehr positive Erfahrungen gemacht", sagt der stellvertretende Schulleiter Peter Spanrad. "Für die Kinder ist die Klasse zu einem zweiten Zuhause geworden und sie haben eine sehr starke Klassengemeinschaft." Im Gegensatz zur offenen Ganztagsklasse, die auch eine Betreuung am Nachmittag anbietet, seien die 24 Schüler der gebundenen Klasse jeden Tag immer mit denselben Kindern zusammen. Und sie werden immer von einem Lehrer betreut. Ihre Eigenverantwortlichkeit werde durch das Coaching der Lehrkräfte enorm gestärkt, sagt Spanrad. "Sie werden selbständig und selbstbewusst." Ein weiterer Vorteil: Wenn die Schüler nach Hause gehen, sei zumindest der Großteil der Schulaufgaben erledigt. Organisatorisch bedeute eine gebundene Ganztagsklasse aber keine große Herausforderung, berichtet er. "Natürlich muss man sich Gedanken machen, wie man sinnvoll rhythmisiert. Und einen Lehrer finden, der bereit ist, die Klassleitung zu übernehmen und manchmal Elternersatz zu sein."

Teambuilding sei besonders wichtig, sagt Martina Wildgruber, die im vergangenen Schuljahr die Leitung der ersten Ganztagsklasse hatte. Deshalb gebe es am Camerloher auch nur für diese Klasse eine Klassenfindungsfahrt und wöchentliche Klassleiterstunden, in denen Probleme besprochen und Projekte geplant werden. Das Mehr an Zeit im rhythmisierten Tagesablauf ermögliche ein Plus an individueller Förderung, erklärt Wildgruber. So gebe es beispielsweise die "Lernenlernen"-Stunden, in denen eigenständiges Lernen vermittelt wird. Wichtig sei ihr, dass das Konzept immer wieder den Bedürfnissen angepasst werde, betont die Lehrerin. "Für Kinder, die an vier Tagen die Woche nachmittags in die Betreuung sollen, ist es aber im Vergleich zur offenen Ganztagsklasse das rundere Modell", sagt sie. Im vergangenen Schuljahr habe es nicht genügend Anmeldungen gegeben, um eine neue gebundene Ganztagsklasse zu bilden. Im kommenden Schuljahr werde das nun hoffentlich wieder möglich sein, sagt Wildgruber.

An anderen Gymnasien stehen organisatorische Probleme im Weg

Der Leiter des Oskar-Maria-Graf-Gymnasiums in Neufahrn, Franz Vogl, hat sich das Konzept der gebundenen Ganztagsschule schon vor Jahren angeschaut und sogar Fortbildungen gemacht. Dann wurde am Neufahrner Gymnasium der Bedarf ermittelt: "Aber es gab kein großes Interesse bei den Eltern", sagt Vogl. Abgesehen davon könne mit den zusätzlichen acht Lehrerstunden, die es vom Kultusministerium für die gebundene Ganztagsklasse gebe, eine solche Klasse nicht laufen. Die Schule müsste noch aus ihrem Lehrerbudget Stunden beitragen, was Vogl problematisch findet. Für nur eine Klasse sei das ein sehr großer organisatorischer und logistischer Aufwand, sagt Vogl. "Wir setzen ausschließlich auf die offenen Ganztagsklassen. Die sind eine Erfolgsgeschichte." 50 Prozent der Fünftklässler und ein Drittel der Sechstklässler an seiner Schule besuchen diese - insgesamt weit über 100 Schüler.

Grundsätzlich findet Manfred Röder, Leiter des Domgymnasiums, die gebundene Ganztagsklasse zwar interessant. Aber: "Wir können das Konzept, den Wechsel von Unterricht und Entspannung, organisatorisch nicht realisieren." Ein Grund dafür sei, dass das Domgymnasium für seine Sportstunden auch die Halle in der Luitpoldanlage mitnutzen müsse. Über diese könne man zeitlich aber nicht so frei verfügen, wie eigentlich notwendig wäre.

Am Dienstag, 26. März, findet am Camerloher-Gymnasium in Freising (Wippenhauser Straße 51) ein Schnuppernachmittag mit Führungen statt. Dort kann man sich auch über die gebundene Ganztagsklasse informieren.

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