Freisinger Stadtrat:Zwei weitere Jahre ohne Fußgängerzone

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Seit 60 Jahren diskutiert der Freisinger Stadtrat über eine Fußgängerzone in der Innenstadt. Jetzt wurde die Entscheidung um weitere zwei Jahre vertagt. (Foto: Marco Einfeldt)

Seit 60 Jahren wird im Freisinger Stadtrat über die Einführung einer Fußgängerzone in der Innenstadt diskutiert. Am Donnerstag ist wieder keine Entscheidung gefallen.

Von Kerstin Vogel, Freising

Der Freisinger Stadtrat hat sich am Donnerstag erneut mit knapper Mehrheit gegen die sofortige Einführung einer Fußgängerzone in der Innenstadt ausgesprochen. Im Unterschied zu früheren Abstimmungen wurde die in der Stadt seit bald 60 Jahren diskutierte Maßnahme dieses Mal allerdings nicht rundweg abgelehnt. Stattdessen votierten die Stadträtinnen und Stadträte mit 21 zu 16 Stimmen lediglich für einen von Robert Weller (FW) gestellten Vertagungsantrag - um zwei Jahre.

Angestoßen hatten die neuerliche Debatte mit jeweils leicht voneinander abweichenden Anträgen die Fraktionen von ÖDP, Linken und Grünen. Ihrer Ansicht nach funktioniert die in einigen Bereichen der Altstadt bereits umgesetzte Idee von der Begegnungszone nicht. Zu viele Autofahrer würden immer noch in die Stadt fahren und teilweise kreuz und quer parken, so die Kritik. Unter anderem würden dadurch sogar die Leitwege für sehbehinderte Menschen zugestellt. Hauptargument der Gegner einer sofortigen Einführung einer durchgehenden Fußgängerzone war, dass man erst den noch laufenden Umbau abschließen und die Situation mit dem geplanten Verkehrskonzept am Marienplatz dann neu bewerten wolle.

Kommentar
:Trotz - oder Mutlosigkeit

Dass der sich Stadtrat in Sachen Fußgängerzone nicht zur einer Entscheidung durchringen konnte, ist unverständlich.

Kommentar von Kerstin Vogel

Zu viele Autofahrer würden immer noch in die Stadt fahren und teilweise kreuz und quer parken, so die Kritik von ÖDP, Linken und Grünen

Zur Erinnerung: Nachdem es die gewünschte "Begegnungszone", in der sich alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt in einem niveaugleichen Straßenraum begegnen und aufeinander Rücksicht nehmen, in Deutschland rechtlich gesehen nicht gibt, hatte man sich in Freising darauf verständigt, es in der neu gestalteten Innenstadt hilfsweise mit einer "Spielstraße", einem verkehrsberuhigten Bereich also, zu versuchen. Nach dem Ende der Umbaumaßnahmen soll außerdem ein kleiner Bereich rund um den Marienplatz zur Fußgängerzone werden.

Das "Spielstraßenkonzept" wird in der schon fertig umgebauten Unteren Altstadt bereits umgesetzt, die Klagen darüber wollen seither jedoch nicht verstummen - auch wenn die SPD-Stadtratsfraktion in eigenen Verkehrszählungen und Beobachtungen sehr wohl ein Funktionieren des Prinzips festgestellt haben will. Die ÖDP hatte zur Verbesserung nun vorgeschlagen, schon während der Bauzeit auch den Bereich zwischen Amtsgerichtsgasse und Bahnhofstraße zum verkehrsberuhigten Bereich zu erklären. Weil es dagegen jedoch rechtliche Bedenken gab, entzündete sich die Debatte im Stadtrat an dem Antrag der Linken, die - ähnlich wie die Grünen - eine sofortige Einführung einer Fußgängerzone für die gesamte Hauptstraße inklusive Heiliggeistgasse, General-von-Nagel-Straße, Teilen der Amtsgerichtsgasse, Marienplatz und Teilen der Ziegelgasse gefordert hatten.

Vorstellen kann sich eine Fußgängerzone in der Innenstadt mittlerweile fast jeder - nur eben nicht sofort

Vorstellen kann sich das im Freisinger Stadtrat mittlerweile fast jeder, wie die fast zweistündige Debatte zeigte - nur eben nicht sofort. Die Freisinger Mitte stehe einer Fußgängerzone durchaus aufgeschlossen gegenüber, sagte etwa deren Sprecher Reinhard Fiedler, auch wenn man diese Maßnahme nicht für das Allheilmittel halte. Man solle den Umbau jedoch erst einmal fertigstellen, sich das Ergebnis anschauen und dann entscheiden, erklärte er. Ähnlich hatte sich bereits zuvor Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher geäußert - und damit zumindest Hubert Hierl, der bei der CSU bislang stets für eine Fußgängerzone geworben hatte, überzeugt. Nachdem sich auch seine Parteifreunde, SPD, FDP und die Mehrheit der Freien Wähler nicht für eine sofortige Einführung aussprechen mochten, hätten ÖDP, Linke und Grüne trotz teilweise leidenschaftlicher Appelle wohl wieder eine klare Ablehnung kassiert, wäre nicht Robert Weller schließlich auf den Vertagungsantrag verfallen.

Selber als Polizist mit dem Verkehrsrecht vertraut, nannte er die Fußgängerzone auch rechtlich die einzig richtige Entscheidung und kündigte an, mit der Linken stimmen zu wollen. Weil die sich abzeichnende knappe Niederlage in seinen Augen jedoch "das falsche Signal" gewesen wäre, bat er um die zweijährige Vertagung. Mit 21 Ja-Stimmen wurde die Entscheidung einmal mehr auf Eis gelegt.

© SZ vom 27.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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