Süddeutsche Zeitung

Früherer Inhaber Ostendorf übernimmt Müller-Brot:Zwei Drittel der Mitarbeiter müssen gehen

Ausgerechnet Klaus Ostendorf erhält vom Gläubigerausschuss den Zuschlag für Müller-Brot - der Unternehmer, dem die Firma bis zum Skandal um Kakerlaken und Mäusekot und der folgenden Pleite gehörte. Nun kann er noch unabhängiger agieren als bisher, vielen Mitarbeitern droht bereits am Montag die Kündigung.

Katja Riedel

Die Entscheidung fiel tief in der Nacht, und sie ist eine große Überraschung: Klaus Ostendorf kauft Müller-Brot zurück - ausgerechnet jener Unternehmer, dem die Großbäckerei bis zum Skandal um Kakerlaken und Mäusekot sowie der nachfolgenden Pleite gehörte. Der Gläubigerausschuss des insolventen Unternehmens hat einer Beteiligungsgesellschaft des bisherigen Mehrheitseigentümers den Zuschlag für die Übernahme der Müller-Brot GmbH erteilt.

Gemeinsam mit dem bisherigen Finanz-Geschäftsführer Stefan Huhn soll Ostendorf den Gläubigern das beste von zwei Angeboten für Großbäckerei, Logistik und Filialnetz unterbreitet haben. Es wird wohl einen tiefen Einschnitt geben, die auf eine Halbierung des Unternehmens hinausläuft: 151 der 230 Filial-Standorte sollen nach den Plänen bleiben, von 1080 Arbeitsplätzen bleiben lediglich 400.

Allen anderen Mitarbeitern der Großbäckerei droht bereits am Montag, dem Beginn des Insolvenzverfahrens, die Kündigung. Für die Übernahme durch die Beteiligungs-GmbH soll Ostendorf allein die bestehenden Verbindlichkeiten bei der Commerzbank in Höhe von knapp 19 Millionen Euro übernehmen - mit denselben Sicherheiten, zu denen die Commerzbank erst im Oktober bei Müller-Brot eingestiegen war.

Die Bank hatte auch die mächtigste Stimme im Gläubigerausschuss und soll sich sehr für das Ostendorf-Angebot eingesetzt haben, heißt es aus Unternehmenskreisen. In der Nacht vor der Entscheidung habe es eine vierstündige Telefonkonferenz mit Ostendorf gegeben.

Evi Müller knapp unterlegen

Noch Anfang der Woche hatten Beteiligte davon gesprochen, dass ein anderes Konzept eines Investoren-Duos gute Chancen habe: Nach SZ-Informationen soll die Bäckerei Höflinger gemeinsam mit der Tochter des Firmengründers, Evi Müller, und weiteren Geldgebern im Hintergrund knapp gegen Ostendorf und Huhn unterlegen sein.

Höflinger und Müller hatten ein schriftliches Konzept vorgelegt, das auf Qualität setzen sollte, etwa im Stil der Hofpfisterei mit einem Schwerpunkt auf hochwertigen Brezen. Hinzu kommt darin ein spezielles Hygienemanagement. Für dieses Konzept soll auch das Freisinger Landratsamt bereits Sympathien gehegt haben.

Nach der gescheiterten Hygiene-Abnahme am vergangenen Montag hatten die Behörden, vor allem das bayerische Gesundheitsministerium und das Landratsamt Freising, ein "nachhaltiges und vertrauenswürdiges Hygienemanagement" zur Grundvoraussetzung für eine baldige Freigabe des Betriebs gemacht.

"Verantwortungslos" und "gewissenlos"

Klaus Ostendorf kann künftig noch unabhängiger bei Müller-Brot agieren als bisher. Sein langjähriger Geschäftspartner, der Finanzinvestor Michael Phillips, der zuvor 40 Prozent an der Großbäckerei gehalten hatte, beteiligt sich nun nicht mehr an der Firma, sagte ein Sprecher der SZ. Aus Unternehmenskreisen hagelte es am Donnerstag harsche Kritik an der Entscheidung des Gläubigerausschusses.

Noch am Morgen waren Hunderte Müller-Brot-Mitarbeiter gemeinsam mit der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten vor das bayerische Wirtschaftsministerium und die Staatskanzlei in der Münchner Innenstadt gezogen und hatten lautstark staatliche Hilfe durch eine Transfergesellschaft für die Mitarbeiter gefordert. Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) drückte sein Mitgefühl aus und kritisierte ausdrücklich die Verantwortlichen in der Geschäftsführung und unter den Gesellschaftern. Deren Handeln bezeichnete Zeil als "verantwortungslos" und "gewissenlos".

Auf die Entscheidung für Ostendorf angesprochen, sagte Zeil, dies wolle er nicht kommentieren. Entscheiden müsse der Insolvenzverwalter. Staatliche Hilfe im Fall Müller-Brot lehnte der Staatsminister kategorisch ab. Er gehöre nicht zu den Politiker, die leere Versprechungen machen.

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SZ vom 30.03.2012/afis
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