Friedlich, fröhlich, familiär:Es muss nicht immer Weißwurst sein

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Ein Rundgang über das Uferlos-Festival zeigt: Die Freisinger fühlen sich hier wohl und genießen das vielfältige Angebot. So lange das Wetter mitspielt, sind auch die Organisatoren um Michi Kasper zufrieden.

Von Christian Gschwendtner

Tamara Johanning lehnt in grüner Schürze an der Holztheke des "Badischen Backheisls" und genießt jeden Sonnenstrahl einzeln. Dass sie es überhaupt auf die Luitpoldanlage geschafft hat, verdankt die 27-Jährige kuriosen Umständen: Lange ist es noch nicht her, da marodierten die Wildschweine in Hohenlohe durch den Wald. Die schießwütigen Jäger wussten nicht mehr wohin mit dem ganzen Fleisch. Im Familienbetrieb entstand deshalb kurzerhand die Idee mit der "Wildsaubratworscht" und Tamara Johanning landete zum ersten Mal auf dem Uferlos-Festival in Freising. "Wir fühlen uns sehr wohl hier und wollen den Leuten zeigen, dass es nicht immer nur Weißwurst sein muss", sagt die gelernte Hauswirtschaftlerin. Und falls die 160 Kilogramm Wildschwein für das Uferlos nicht ausreichen sollten, könne man in Hohenlohe auch noch mal das Jagdgewehr anlegen.

Die Chancen dafür stehen nicht schlecht. Denn an diesem Samstag führen in Freising alle Wege auf den Uferlos-Festplatz. Das Kinderland platzt schon am frühen Nachmittag aus allen Nähten. Stolz fotografierende Eltern verschmelzen mit ihrem Nachwuchs zu einer bunten Menge. Nur der blaue Spielbus verliert inmitten all der Feentänze, Bärenrennen und des Metallschnecken-Geklopfes nichts von seiner stoischen Ruhe.

Auch auf dem Rundgang zwischen den Imbissbuden und Verkaufsständen geht es nur zäh fließend voran. Das Uferlos-Festival hat sich nach fünf Jahren seines Bestehens ohne Zweifel etabliert, die Freisinger tragen hier ihren Lokalstolz offen mit sich herum. Liegt es an der eigentümlichen Melange an Attraktionen? Dem ganz speziellen Charme, den das Uferlos versprüht? Plastikblumen werden hier beim Armbrustschießen aus Prinzip nicht niedergestreckt - das erledigt der Wind sanft im vorbeiwehen.

Neben üblichen Hippi-Accessoires und Bio-Schick, kann man auch den bewährten Trachtenjanker kaufen. Und während das Weißbierkarussell voll beladen und gemächlich seine Runden dreht, bietet Hardy Weiß in der AHM-Lounge die Energiespritze für Zwischendurch an: Wer das Hipster-Getränk "Turbo-Mate" bestellt, der muss erst mit einem Strohhalm antrinken und bekommt dann Wodka pur nachgeschenkt. Gemütlich und unaufgeregt sei das eben, sagt Hardy Weiß, und jeder käme auf seine Kosten.

Mitveranstalter Michi Kasper jedenfalls zeigt sich mehr als zufrieden mit dem Uferlos-Auftakt. Gerade hat er sich noch eine Stunde in der Sauna von dem Organisationsstress erholt, schlendert er jetzt in Kapuzenpulli und Brixton-Hut über den Platz und fühlt sich sichtlich wohl. Er ist in Momenten wie diesen ein gefragter Mann, denn entweder melden sich Maren oder Stefan "für Michi" über Funk, oder es warten bekannte Gesichter im zehn Meter Abstand auf ihn. Gegen den Eindruck, dass es sich hier auch um ein Michi Kasper-Festival handeln könnte, wehrt er sich aber entschieden. "Ich bin schon eher der extrovertierte Typ, aber wir sind ein grandioses Team. Da würde jeder für den anderen früher aufstehen, obwohl wir alle sowieso nur drei Stunden pro Nacht schlafen", sagt er. Das einzige, was ihnen jetzt noch einen Strich durch die Rechnung machen könne, sei das Wetter.

In der Tat wäre ein Uferlos-Festival ohne Wetterdiskussionen nicht vorstellbar. Zu groß ist die Angst, dass Regenschauer die Festivalbilanz wieder einmal trüben könnten. Allein Michi Kasper hat deshalb sechs Wetter-Apps auf seinem Smartphone und auch im Biertisch-Quadrat vor dem Sparkassenzelt richten die Besucher immer wieder besorgte Blicke nach oben. Die zahlreichen Sonnenbrillen verbreiten da mehr Optimismus.

Als es zum Abend hin dann doch ein klein wenig regnet, stört das aber niemanden mehr. Die Uferlos-Stimmungsmaschine läuft da längst auf Hochtouren. Von der Bühne des Freisinger-Bank-Zeltes verneigt sich die Skaband "BrokenBase" vor der tanzenden Menge mit einem "Ihr seid ein wunderschönes Publikum" und im Sparkassenzelt trällert das Improvisationstheater "Bühnenpolka" den ein oder anderen Kinderlied-Smash-Hit. Die Metall-Künstlerin Magdalena Thalhammer gewährt derweil vor dem neuen eingeführten Künstlerzelt Einblicke in ihre Arbeit. Sie freut sich darüber, ihre Objekte endlich auch einmal in Freising einem größeren Publikum präsentieren zu können. "Das Uferlos ist ein Stück Heimat für mich. Da ist es umso schöner, wenn nun auch Künstler neben dem wunderbaren musikalischen Angebot stärker eingebunden werden", sagt sie. Das Uferlos zeigt sich nicht zuletzt deshalb an diesem Samstag von seiner besten Seite. Dass bei 400 verkauften Festivalbändchen am Ende das Wechselgeld knapp wird, verstärkt den Eindruck nur.

© SZ vom 06.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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