Kommunale Verwaltungen:Auf dem Weg zum digitalen Rathaus

Kommunale Verwaltungen: Auch im Freisinger Rathaus ist man bei der Digitalisierung noch lange nicht soweit wie man das möchte.

Auch im Freisinger Rathaus ist man bei der Digitalisierung noch lange nicht soweit wie man das möchte.

(Foto: Marco Einfeldt)

Im neuen Jahr stehen den Verwaltungen der Kommunen mit dem Wegfall bisheriger Fördermittel erneut größere Veränderungen ins Haus. Wie wird aktuell in den Amtstuben im Landkreis Freising auf die digitale Transformationen geblickt?

Von Tobias Merk, Freising

Das Leben ist digitaler geworden. Selbst formale analoge Strukturen in der Verwaltung sind in der Pandemiezeit plötzlich in neuem Format daher gekommen. Schon alleine die Umsetzung digitaler Bürgersprechstunden habe gezeigt, dass "auch digital einiges möglich ist", sagt Freisings Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher (Freisinger Mitte) beim Blick auf die veränderten Lebensrealitäten der letzten Jahre. Dass seine Bürgerinnen und Bürger digitale Verwaltungsdienstleistungen erwarten, ist für den OB "auf jeden Fall nachvollziehbar".

Trotz des Konnexitätsprinzips - demzufolge diejenige öffentliche Einheit die Kosten für die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe zu tragen hat, die darüber entscheidet, auf welche Art und Weise und in welchem Umfang diese Aufgabe zu erfüllen ist - sehen sich vor allem Kommunen mit einer immer digitaler werdenden Gesellschaft konfrontiert.

Fragt man den Oberbürgermeister nach dem derzeitigen Digitalisierungsstand in seiner Stadtverwaltung, wirft dieser zunächst den Blick auf die Landes- und Bundesebene, die seiner Auffassung nach bei dem wichtigen Thema mit "Startschwierigkeiten" zu kämpfen gehabt hätten. Dabei würde er sich insbesondere eine "veränderte rechtliche Rahmenbedingungen und eine bessere Praktikabilität", wünschen sagt Eschenbacher. Er ärgert sich, wenn er von den Bürgern zu hören bekomme, wenn diese mal wieder wegen "Kleinigkeiten" einen Behördenmarathon zu absolvieren hätten. "Es ist heutzutage schwierig zu vermitteln, wenn jemand wegen eines Formulars drei Mal ins Rathaus kommen muss." In seinem Verantwortungsbereich sei er bemüht, die "nicht aufhaltbare" Hinwendung in die digitale Sphäre zu beschleunigen.

Wie digitale Verwaltung realisiert werden kann, zeigen andere Länder

Die Bundesebene wollte eigentlich mit dem 2017 beschlossenen Onlinezugangsgesetz (OZG) Schwung in die öffentliche Verwaltung bringen und gab die Marschrichtung vor, mit dem Ziel bis zum Ende des aktuellen Jahres sämtliche Verwaltungsdienstleistungen auch elektronisch anzubieten und diese miteinander zu einem Portalverbund zu verknüpfen. Doch dieses Ziel wird verfehlt werden. Es bleiben noch immer Verwaltungsakte vom digitalen Raum nahezu unberührt.

Wie digitale Verwaltung realisiert werden kann, zeigen andere Länder. Der kleine Insel-und Stadtstaat Singapur hat der Bundesrepublik in dieser Hinsicht einiges voraus. Als sich Bayerns Digitalministerin Judith Gerlach (CSU) neulich selbst ein Bild von den dortigen Digitalisierungsstandards machen wollte, zeigte sie sich anschließend ob der Cloud-Infrastruktur begeistert. "Singapur hat einen Weg gefunden, um den wichtigen Transformationsprozess Richtung Cloud anzustoßen und zu einer Lösung zu kommen. Wir müssen natürlich unseren eigenen Weg finden", sagte die erste Ministerin des neuen Ressorts im November nach ihrer Rückkehr aus Fernost.

Gerlach fiel jüngst auch mit ihrer von Schleswig-Holstein, Hessen und Baden-Württemberg unterstützten Forderung einer Fortsetzung von milliardenschweren Bundesförderungen auf. Um die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes zu forcieren, wurden ab 2020 im Zuge eines pandemiebedingten Konjunkturpakets den Kommunen Fördermittel in Höhe von 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Die Fördermittel fallen im neuen Jahr weg, wobei im Bundeshalt 2023 mit 382 Millionen Euro eine geringere föderale Förderung verankert ist. Ein Rückgriff auf nicht verwendete Mittel aus dem Konjunkturpaket ist dann nicht mehr möglich.

Der Gemeinde Neufahrn wurde bereits das Siegel "Digitales Amt" verliehen

Aus unterschiedlichen Gründen wurden beachtliche Teile bis dato gar nicht abgerufen. So auch bei der Stadt Freising, bei der ein Projekt für digitale Bauanträge derzeit aufgrund "der Verfügbarkeit der erforderlichen Dienstleister" verzögert wird. Über fehlendes IT-Fachpersonal klagt auch Evelyn Stadler von der Geschäftsleitung der Stadtverwaltung Moosburg. Auch in ihrer Verwaltung hätten sich deshalb schon Digitalisierungsvorhaben verzögert oder mussten gar "auf Eis gelegt" werden.

Aufgrund der schwierigen Umsetzung des OZG würde man es in Freising, auch mit Blick auf die "angespannte kommunale Haushaltslage", begrüßen, wenn es weiterhin zu intensiven Förderungen durch den Bund bei der Digitalisierung käme, erklärte Sprecherin Christl Steinhart. Dazu wollte sich Gabriele Ostertag-Hill von der Stadt Neufahrn nicht genauer äußern und verwies auf eine höherliegende Ebene: Den Bayerischen Gemeindetag. Gleichwohl sieht man sich in Neufahrn bei der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes auf einem guten Weg und teilt auf Anfrage mit, dass man die Digitalisierung von Verwaltungsdienstleistungen "konsequent und Schritt für Schritt" umsetze. So könne man bereits 53 Verwaltungsverfahren auf digitalem Wege anbieten. "In Anerkennung dessen" würde der Gemeinde an diesem Donnerstag das Siegel "Digitales Amt" vom Digitalministerium verliehen werden.

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