Süddeutsche Zeitung

Freisinger vor dem Landshuter Landgericht:Wie in einer tragischen Oper

Lesezeit: 2 min

Mann ist wegen Verdachts auf schweren Raub angeklagt

Von Alexander Kappen, Landshut/Freising

Das sei "ein Stoff, da könnte man eine Oper draus schreiben", meinte der Vorsitzende Richter Ralph Reiter mit Blick auf die Dreiecksgeschichte zwischen zwei Männern und einer Frau, die im vergangenen Mai in Freising offenbar derart eskalierte, dass sich nun einer der Männer vor dem Landshuter Landgericht wegen schweren Raubs, gefährlicher Körperverletzung und Beleidigung verantworten muss.

Laut Anklage soll sich die Freundin des Beschuldigten bei ihrer Mutter mit ihrem Ex-Freund, dem Geschädigten, verabredet haben. Als der Geschädigte sein Auto abstellte, sollen der Angeklagte und ein weiterer unbekannter Mann ihm eine Decke über den Kopf gestülpt, ihn beleidigt und brutal zusammengeschlagen haben - unter anderem mit einer Eisenstange. Ferner soll der Angeklagte, ein 35-jähriger Freisinger, mit seinem Komplizen dem Geschädigten mehrere Handys, ein Tablet, einen Laptop, Ausweise und 9000 Euro in bar entwendet haben. Insgesamt soll die Beute einen Wert von rund 12 250 Euro gehabt haben. So weit die nüchternen Vorwürfe der Anklageschrift.

In Wahrheit stellte sich die Angelegenheit nach Aussage des Beschuldigten, der am ersten Verhandlungstag aussagte, jedoch ganz anders und wesentlich komplizierter dar. Im Kern, so der Richter, gehe es aber darum: "Eine Frau, zwei Männer - das ist wahrscheinlich das Grundproblem der Geschichte." Allerdings spielen offenbar auch Aktien, Geldschulden und die Eltern der Freundin eine Rolle.

Nach Aussage des Angeklagten hat seine Freundin ihm verheimlicht, dass der Geschädigte ihr früherer Lebensgefährte war. "Sie hat gesagt, es ist nur ein guter Freund." Da der Geschädigte jedoch ständig angerufen habe, "dachte ich mir irgendwann, dass da was faul ist". Seine Freundin habe dann alles zugegeben. Darauf habe sie auf seine Anweisung hin den Geschädigten angerufen, um den Kontakt abzubrechen. Dann habe er jedoch am Tattag anonyme Nachrichten über einen Messenger-Dienst erhalten, wonach sich seine Freundin mit dem Geschädigten treffe. Er sei hingefahren, um das zu prüfen und "einen Schlussstrich zu ziehen". Als er die Autos tatsächlich dort sah, sei er umgedreht. Aber dann habe der Geschädigte nach ihm gerufen, ihn provoziert, beleidigt und bedroht. "Er hat mich immer schubsen wollen, da habe ich seine Hände weggedrückt", so der Angeklagte. Dann habe er den Geschädigten leicht zurückgeschubst und sei gegangen.

Die schweren Vorwürfe gegen ihn seien wohl "wieder ein Spielchen" des Geschädigten, "er hat immer Spielchen gemacht - er wollte seine Freundin zurück und hat sich wohl gesagt: Bringe ich den Anderen in U-Haft habe ich freie Bahn", so der Angeklagte. Wenn der Geschädigte sich die schweren Verletzungen selber zugefügt haben sollte, "wäre das aber ein sauberes Spielchen", meinte der Richter. Allerdings sei ihm nicht klar, wie es in der Anklage zum Vorwurf gekommen sei, der Geschädigte sei mit einer Eisenstange geschlagen worden. Laut der Vernehmungsprotokolle habe er das nie selbst gesagt.

Unklar ist zudem, welche Rolle die Eltern der Freundin gespielt haben. So berichtete der Anwalt des Geschädigten von Handyprotokollen, wonach die Mutter mit dem Angeklagten am Tattag diverse Male und bis tief in die Nacht telefoniert habe. Auch sei es dem Vernehmen nach die Mutter gewesen, die dem Geschädigten geschrieben habe, er solle zu dem Treffen Geld mitbringen, das er ihrer Tochter schulde. Sie solle laut ihres Vaters auch dem Angeklagten von dem Treffen berichtet haben. Der Anwalt fand es komisch, dass die Mutter zufällig eine Audio-Aufnahme von der Tat gemacht und ihrer Tochter geschickt habe, auf der mutmaßlich die Hilfeschreie des Opfers zu hören seien. Das Gericht will alle weiteren Beteiligten am nächsten Verhandlungstag befragen.

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SZ vom 04.12.2021
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