Süddeutsche Zeitung

Freisinger Nacht der Musik:Im Flow

25 Bands und DJs beleben mit ihren Auftritten an 19 Locations die Kulturszene in der Domstadt. Die Besucher lassen sich treiben und genießen das vielfältige Angebot. Es reicht von rhythmischen Trommelklängen über Jazz und Funk bis zu Rock in allen Varianten.

Von Katharina Horban, Freising

Ein Schritt vor, ein Schritt zurück. Arme hoch, Arme runter. Die etwa 30 Mitglieder der Straßenband Safado sind die ganze Zeit in Bewegung, anders geht es nicht bei dem kalten Wetter. Laute, dunkle Trommelklänge wechseln sich mit dem hellen, glockenartigen Klang der Agogos ab. Neben dem Schlägel in der einen Hand halten einige Bandmitglieder auch eine Mercedes-Radkappe in die Höhe - ein Musikinstrument der etwas anderen Art. Es rührt sich was auf dem Marienplatz, allmählich wird die Zuschauermenge immer größer.

Unter der Regie von Roman Seehon bot die Gruppe am Samstag einen gelungenen Auftakt der Freisinger Nacht der Musik. Seit 19 Jahren hat diese Veranstaltung vom Kulturverein Prima Leben und Stereo (Plus) einen festen Platz im Kulturleben der Stadt. 25 Bands und DJs an 19 Locations standen dieses Mal auf dem Programm.

Die Arrangements von Safado sind beeinflusst durch Sambamusik, Afrobeats und kubanische Rhythmen - genau die Art von Musik, damit den Zuschauern warm wird. Eine junge Frau filmt das Geschehen mit ihrem Handy, wird kurzerhand in den Kreis der Musiker aufgenommen und legt in der Mitte des Kreises eine spontane Tanzeinlage ein. Das Handy hält sie dabei hoch über ihren Kopf. Es folgen drei junge Erwachsene, auch sie lassen sich vom Takt der Musik mitreißen.

Im Café Luitpold ist es zu Beginn des Abends noch etwas ruhiger. Dort tritt die Gruppe Riserva17 auf und leitet die Zuhörer mit ihrem Programm durch verschiedene Musikrichtungen wie Jazz, Latin oder Funk. "Jetzt lasst uns mal bisschen die Hüften schwingen. Das ist ein Reggae", kündet die Sängerin den nächsten Song an. Am Boden wippen viele Füße gut sichtbar mit.

Hinter ihm die Mittagsgerichte auf einer Kreidetafel, vor ihm ein begeistertes Publikum: Der junge Songwriter Clemens Ripp bespielt Sissi's Kaffeehaus für die Nacht. In den Händen die Gitarre, vor sich das Mikrofon - als wäre das nicht genug, hängt noch eine spezielle Halterung für die Mundharmonika um seinen Hals. Auf der Treppe ins Zwischengeschoss stehen inzwischen auch Leute, von dort überblicken drei 22-jährige Austauschstudentinnen das Geschehen. Ursprünglich aus Japan und Südkorea, machen sie ein Auslandsjahr an der TU in Weihenstephan. "Sehr toll", sind sie sich einig. Dieser Musiker gefalle ihnen mit seinem New Folk und Indie-Stil am besten gefallen.

Stand in Sissi's Kaffeehaus noch das Trendgetränk Aperol Spritz auf einigen Tischen, fallen im Lemmy's die vielen Bierflaschen auf. Tiefe Bass-Klänge und harte Drums füllen das Gewölbe aus, alle Arten von Rock werden von den Men in Gray gespielt. Passend zum Bandnamen finden sich auch einige ältere Rockfans im Publikum. In dem langen, nach hinten gezogenen Raum stauen sich die Zuhörer, dicht auf dicht tanzen ein paar genau vor der Band.

"Wir kommen gerade von Anchora-Konzert und bekommen jetzt schon die nächste gute Musik zu hören", sagen zwei Frauen in Junker's Café-Rösterei. Es sei wie ein Flow, auf ein musikalisches Highlight folge gleich das nächste. Inmitten von Kaffeebehältern in den Wandregalen spielt die Band um die Freisinger Musiker Julia Schröter und Uli Wunner Jazz auf ihre eigene Art: Klassiker auf Portugiesisch und auch eigene Songs auf Deutsch oder Englisch. Der filigrane Jazz kommt beim Publikum bestens an. Stehen ein paar Leute von ihren Tischen auf, sind die Plätze gleich wieder belegt.

Noch enger wird es jedoch in der Q-Bar, wo Recheneinheit Karolii auf der laut Programmheft kleinsten Bühne Europas spielt. Das Zwischengeschoss über der Theke muss als Bühne herhalten, von dort oben blicken die drei Musiker auf die Menge herunter. Inmitten der Verstärker und Scheinwerfer wird der Platz noch weniger, Sänger und Gitarrist können sich kaum um sich selbst drehen. Aber dadurch wird die Musik nur noch intensiver.

Schräg gegenüber gibt die Indie-Rock Band King Pigeon im Et Cetera ihre Songs zum Besten. 2014 in München gegründet, hat sie mittlerweile zwei Tonträger produziert und verbindet mit ihren Songs tanzbare Beats und sphärische Gitarren- wie Synthi-Klänge. "Der nächste Song ist eine Hommage an die Menschen, dass sie sich nicht so ernst nehmen sollen", kündigt Frontmann Christian Schön an. Schnell noch einen Schluck Bier, dann geht es weiter.

Es ist 23 Uhr und Richtung Kriegerdenkmal stehen die Menschen vor dem Furtner bis auf die Straße. Es wird geraucht, mit Bierflaschen angestoßen und frische Luft geschnappt. Drinnen ist es stickig und eng. Ganz Freising scheint sich hier wieder zu treffen. Ein Grund mag die Gruppe Jabbadafunk sein, die authentischen und deutschsprachigen Rap gepaart mit Neunziger, Chili Peppers, Funk und Rock im Repertoire hat. Zwei Jungs holen sich ein Bier und stellen fest: "Boah, die Stadt ist voll. Hier leben ja wirklich viele Menschen."

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Quelle:
SZ vom 13.05.2019
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