Süddeutsche Zeitung

Freisinger Kreistags-Grüne:Viel Gestaltungsspielraum gewonnen

Die Grünen sind zweitstärkste Fraktion im Kreistag, ihre erste Bilanz nach der Kommunalwahl fällt positiv aus

Selten hat Claudia Bosse, Fraktionssprecherin der Grünen im Kreistag, so ein zufriedenstellendes Fazit gezogen, wie zu Beginn der digitalen Kreisversammlung am Donnerstagabend. "Wir spielen eine wichtige Rolle und haben eine gute Chance, viel mitzugestalten", sagte sie und nannte gleich zwei Gründe dafür. Zum einen die numerische Stärke im Kreistag als zweitstärkste Fraktion, was sich auch bei der Besetzung der Ausschüsse niederschlägt. An den Grünen kommt also so schnell niemand vorbei. Zum anderen, sagte Claudia Bosse, "lässt uns der Landrat nicht links liegen, sondern bindet uns ein".

Als Beispiel nannte die Fraktionssprecherin der Grünen die jüngste Diskussion über den vierspurigen Ausbau der Schlüterbrücke als Fortsetzung der Westtangente. "Wir hatten eine gute Debatte", blickte Claudia Bosse zurück. Landrat Helmut Petz (FW) habe sich offen für die Argumente der Grünen gezeigt. "Er war auf unserer Seite." Letztlich setzten sich aber die Fraktionen der CSU und Freien Wähler durch. Bei der Mobilität sei viel in Bewegung, stellte Claudia Bosse fest und erinnerte an die Buslinien und Expressbusse, die im ablaufenden Jahr im Kreistag auf den Weg gebracht worden sind. Gesundheit und Pflege ist ein weiteres wichtiges Thema, das sie für die Grünen ausfindig gemacht hat.

Ob das Startbahn-Baurecht tatsächlich nicht verjährt, lassen die Grünen prüfen

Joana Bayraktar berichtete, dass die Jungen Grünen in Bayern Leon Eckert zum Bundestagskandidaten gekürt hätten. Außerdem seien Arbeitskreise gegründet worden, die sich etwa mit Feminismus oder gendergerechter Sprache beschäftigen. Landtagsabgeordneter Johannes Becher berichtete von seiner Arbeit. Natürlich mit Fokus auf die dritte Startbahn, für deren Planfeststellung nach Auffassung der bayerischen Staatsregierung ewiges Baurecht bestehen soll. Laut Becher würde das eigentlich 2026 verjähren, gemessen am letzten Prozess am Verwaltungsgericht am 4. März 2016.

Weil eine Verlängerung der Gültigkeit der Planfeststellung mit viel Aufwand verbunden sei, argumentiere die Regierung jetzt damit, der Bau der dritten Startbahn am Flughafen habe schon begonnen. Als Beispiel soll der Bahntunnel dienen, der zum geplanten Ringschluss gehört. "Doch der hat damit nichts zu tun", erklärte Becher.

Die Grünen wollen jetzt die Angelegenheit juristisch überprüfen lassen. Im Januar werde das Thema dritte Startbahn noch mal im Plenum besprochen. Becher gibt die Hoffnung nicht auf, dass CSU und Freie Wähler "das Relikt" nicht doch noch beerdigen. Sonst werde irgendwann die Planung aus der Schublade gezogen und im Erdinger Moos mit den Bauarbeiten losgelegt. "Das können wir denen nicht durchgehen lassen."

In Erklärungsnot sieht Becher auch all diejenigen, die sich für den Bau einer Event-Arena am Flughafen stark machen. Für die sei eine Flughafen-Affinität, wie eigentlich erforderlich, nicht herzustellen. "Das muss Relevanz haben", betonte Becher. So etwa wie eine Wartungshalle. Ähnlich verhält es sich seiner Meinung nach mit dem geplanten Lab Campus auf dem Flughafengelände. Für ihn sei das ein Gewerbegebiet mit Büros. Dort hätte man laut Becher genausogut ein Fußballstadion hinstellen können - das hätte ebenso wenig Bezug zum Flughafen.

Was die Coronabestimmungen anbelangt, werde mit zweierlei Maß gemessen, findet Becher. So dürfe zwar die Nationalmannschaft spielen, aber auf den Fußballplätzen in Moosburg dürften Kinder nicht gegeneinander kicken. "Das passt nicht zusammen", stellt er fest.

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SZ vom 28.11.2020 / beb
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