Süddeutsche Zeitung

Freisinger Köpfe:Eine Art Managerin

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Pfarrerin Juliane Fischer sieht Kirche vor allem als Gemeinschaft

Juliane Fischer sitzt in einem Sessel in der Sitzecke ihres Büros, den Blick in den Bildschirm des Laptops auf ihrem Schoß gerichtet. Sie wirkt ein wenig wie eine moderne Managerin, dann blickt sie auf. "Herzlich willkommen in der Emmaus-Kirche", sagt sie mit einem warmen Lächeln. Doch Juliane Fischer ist keine Unternehmenschefin, sondern evangelische Pfarrerin in Hallbergmoos. Ihren Schreibtisch hat sie für eine Mitarbeiterin des evangelischen Bildungswerks freigemacht. "Wir teilen uns vormittags das Büro. Sie wohnt direkt nebenan, dann muss sie nicht extra nach Freising fahren", erklärt sie. Vielleicht ist es diese unkonventionelle, hilfsbereite und natürliche Art, die sie bei ihrer Gemeinde so beliebt macht.

Die Theologin wurde 1980 in Thüringen geboren, hat über Umwege den Weg zum Glauben gefunden und in Jena und Berlin evangelische Theologie studiert. Die Liebe hat sie letztendlich nach Bayern geführt, dort hat sie ihr Vikariat gemacht, nun ist sie seit vier Jahren in Hallbergmoos als Pfarrerin für ihre Gemeinde da.

Glaube in ihrer alten Heimat und in Bayern unterscheide sich, findet Fischer, denn in Ostdeutschland hätten 40 Jahre Sozialismus die kirchliche Tradition komplett zerstört. Die Auswirkungen merke man heute: Die Kirchen seien verfallen, viele Leute würden austreten, die Menschen wüssten nicht, was Pfingsten und Ostern ist, und Weihnachten sei nur noch ein diffuses Gefühl. Anders in ihrer jetzigen Gemeinde, wo sie als engagierte Seelsorgerin ein buntes Gemeindeleben gestaltet.

Am Sonntag predigt sie nicht vor leeren Reihen, sondern feiert in einer vollen Kirche Gottesdienst. Ihr Vorteil? "Ich weiß auch, was es heißt, ohne Glaube zu leben."

Sie habe Freiheiten, Dinge neu und modern zu denken. Deshalb liest sie ihre Predigt vom iPad und erzählt der Gemeinde mit ihrer warmen, gefühlvollen Stimme Geschichten des alltäglichen Lebens. "Ich bin ganz froh, dass ich hier nicht als Person wahrgenommen werde, die über den Dingen steht." Denn das sei die Grundlage für vertrauensvolle Gespräche mit der Gemeinde. "Ich mache halt den Job, bereite den Gottesdienst vor, mache Konfi- und Glaubenskurs, halte Trauung, Taufe und Beerdigung, aber mich unterscheidet nichts von einem Christen, der beruflich etwas anderes macht", stellt Fischer klar.

Kirche ist für Juliane Fischer vor allem eins: Gemeinschaft. Und deshalb ist Teamarbeit eine ganz wichtige Säule. So gesehen ist sie vielleicht doch eine Managerin, eine, die die zahlreichen Ehrenamtlichen der Gemeinde koordiniert.

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Quelle:
SZ vom 16.04.2018 / towe
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