Süddeutsche Zeitung

Freisinger Köpfe:Ein streitbarer Geist verschwindet

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Bürgermeister Rupert Popp nimmt Abschied von der Gemeindepolitik

Er ist nur noch wenige Tage im Amt und freut sich schon darauf, künftig mehr Zeit für sich und seine Familie zu haben. In der Gemeindepolitik aber wird Rupert Popp, 64, (Foto:Simon) fehlen. Seit 24 Jahren ist er für die Parteifreien Wähler Bürgermeister in Allershausen. Wie die meisten Kommunen im Münchner Umland hat sich die Gemeinde in dieser Zeit verändert, die Lage an der Autobahn macht sie für Pendler und Unternehmen interessant. Allershausen hat in den vergangenen Jahrzehnten viel in die Kinderbetreuung investiert, darauf ist Popp stolz. Bei keiner Bürgerversammlung hat er versäumt, darauf hinzuweisen, wie viel Geld Allershausen dafür ausgibt. Ein Gewinn für die Gemeinde ist die neue Ortsmitte mit den Glonnterrassen, Popp hat sich gemeinsam mit Anton Schrödl, CSU, stark für das Projekt eingesetzt.

Dabei war sein Weg in die Gemeindeverwaltung und wenige Jahre später auf den Chefsessel im Rathaus nicht vorgezeichnet. Popp ist zwar gebürtiger Allershausener, er stammt aus dem Ortsteil Leonhardsbuch und lebt noch immer dort. Gearbeitet aber hat er zunächst in München. Er ist Diplom-Finanzwirt, hat an der Finanzhochschule in Sigmaringen studiert und parallel dazu eine Ausbildung beim Hauptzollamt München-West absolviert. Er sei damals schon verheiratet gewesen, erzählt er. Das erste seiner vier Kinder war da, das zweite unterwegs. Er habe seine Familie absichern wollen.

Popp durchlief mehrere Stationen in der Behörde. Im Zollamt München-West agierte er als "James-Bond" vom Schreibtisch aus, wie er schmunzelnd erzählt. Er sei dort zuständig gewesen für die Recherche und nachträgliche Steuererhebung bei Zollverfahren, die nicht ordnungsgemäß abgewickelt worden waren. Zum Schluss kam er in die Personalabteilung. Perspektive sah er beim Zoll allerdings keine mehr.

Dann kam der Zufall ins Spiel. Rupert Popp spielte damals in Allershausen Fußball, ein ehemaliger Gemeinderat sprach ihn an, dass im Rathaus ein Bauamtsleiter und mittelfristig ein Nachfolger des Geschäftsleiters gesucht werde. Bürgermeister Heinrich Winkler, CSU, sei anfangs skeptisch gewesen, schildert Popp, weil er aus einem ganz anderen Bereich der Verwaltung kam. Hellhörig geworden sei er aber, als er hörte, dass sein Bewerber aus Allershausen stammt. Anfang Januar 1990 trat Popp seine neue Stelle an.

In seinem neuen Job hängte er sich rein, machte die ersten Globalberechnungen für Allershausen, auf die sich Beiträge und Gebühren bei Wasser und Kanal stützen. "Ich glaube, ich habe 50 Meter Rechenstreifen verbraucht", sagt Popp. Auch bereits verjährte Beitragsbescheide trieb er bei einem Unternehmen noch ein. Vor der Kommunalwahl 1996 sei er dann gleich von drei Seiten bearbeitet worden, ob er nicht Bürgermeister werden wolle. Grundbedingung für ihn war, zu keiner Partei zu gehen. Popp kandidierte für die Parteifreien Wähler und wurde Nachfolger Winklers.

Rupert Popp war und ist ein streitbarer Geist, der schon mal deutliche Worte findet, wenn ihm etwas gegen den Strich geht, der seine Positionen mit Leidenschaft und Nachdruck vertritt. Dennoch, glaubt er, werde er mit dem Abschied aus der Gemeindepolitik keine Probleme haben.

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SZ vom 27.04.2020 / psc
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