Freisinger Hofbrauhaus-Keller:Parteien müssen künftig draußen bleiben

Freisinger Hofbrauhaus-Keller: Parteiveranstaltungen werden 2017 im Hofbrauhaus-Keller nicht mehr stattfinden.

Parteiveranstaltungen werden 2017 im Hofbrauhaus-Keller nicht mehr stattfinden.

(Foto: Marco Einfeldt)

Pächter Harald Schrott reagiert auf Anfeindungen, die er wegen einer Veranstaltung des AfD-Kreisverbandes erfahren hat.

Von Kerstin Vogel und Birgit Goormann-Prugger, Freising

Im Hofbrauhaus-Keller werden von 2017 an keine Parteiveranstaltungen mehr stattfinden. Wie aus einem E-Mail-Wechsel hervorgeht, der der Freisinger SZ vorliegt, reagiert Pächter Harald Schrott mit dieser Entscheidung auf Anfeindungen, "geschäftsschädigende Kommentare in den sozialen Netzwerken" und "politischen Druck", dem er sich wegen einer AfD-Veranstaltung an diesem Mittwoch, 30. November, in seiner Wirtschaft ausgesetzt sieht. Dabei handelt es sich um den Themenabend "Deutschland vor dem Wandel" des AfD-Kreisverbands Freising-Pfaffenhofen, zu dem neben Hans-Jörg Müller, dem Vorsitzenden des AfD-Mittelstandsforums, auch Andreas Kalbitz erwartet wird. Kalbitz ist stellvertretender AfD-Fraktionsvorsitzender im Landtag von Brandenburg. Er gilt als Person mit vielfältigen Kontakten zur rechten Szene.

Nach Informationen eines Sprechers von Aida, der antifaschistischen Informations- und Dokumentationsstelle in München, kommt Kalbitz aus der schlagenden Schülerburschenschaft Saxonia-Czernowitz in München, die als Nachwuchsorganisation der radikalen Burschenschaft Danubia gilt und immer unter der selben Adresse wie die Danubia angesiedelt war. Kalbitz habe zudem bis zu dessen öffentlicher Aufdeckung 2015 den früher in Rosenheim ansässigen extrem rechten Verein "Kultur- und Zeitgeschichte - Archiv der Zeit" geleitet. Nach Recherchen der Potsdamer Nachrichten war der Gründer dieses Vereins, Waldemar Schütz, Angehöriger der Waffen-SS und Mitglied der Leibstandarte Adolf Hitler. Im Oktober 2015 legte Kalbitz sein Amt nieder und trat aus dem Verein aus. Laut Aida gehört Kalbitz zu den nationalistischen Kreisen der AfD Brandenburg. Er sei bei Björn Höckes extrem rechter Sammlungsbewegung "Der Flügel" aufgetreten und gehöre zu den Erstunterzeichnern der umstrittenen "Erfurter Resolution", in der eine konservativere Ausrichtung der AfD gefordert wird. Die Partei solle "als Bewegung unseres Volkes gegen die Gesellschaftsexperimente der letzten Jahrzehnte (Gender Mainstreaming, Multikulturalismus, Erziehungsbeliebigkeit usf.)" wahrgenommen werden, heißt es darin unter anderem.

Für Grünen-Stadträtin Susanne Günther war die Ankündigung dieses Redners Grund genug, sich mit der Bitte an Hofbrauhaus-Pächter Schrott zu wenden, "eine klare Position zu dieser Thematik" zu beziehen. In einer E-Mail an den Wirt schildert sie die politische Vita von Kalbitz und weist darauf hin, dass die Partei AfD "stark mit der rechten Szene verbandelt" sei. So seien Mitte Mai dieses Jahres beim Auftritt von Parteichefin Frauke Petry im Münchner Hofbräukeller "nicht nur harmlose Parteimitglieder" zugegen gewesen, "sondern auch prominente Neonazis, darunter der verurteilte Rechtsterrorist Thomas Schatt und die NPD-Funktionärin Renate Werlberger". Immer wieder weise die Partei zudem personelle Schnittmengen mit Pegida und anderen rechten Bewegungen auf.

Sie verstehe, dass Schrott Geld verdienen müsse, indem seine Gaststätte möglichst viele Gäste bewirte, so die Stadträtin: "Dennoch bitte ich Sie eindringlich, sich auch Ihrer Verantwortung als Hausherr bewusst zu sein." Die Warnung Günthers: "Ihre Gaststätte wird in einem Atemzug mit rechtsradikalen, menschenverachtenden und rassistischen, homophoben und sexistischen Populisten genannt. Das fällt auch auf Sie als Wirt, als Gastgeber zurück."

Schrott sieht sich wegen der AfD nicht zum ersten Mal der Kritik ausgesetzt. Bereits im Januar hatte er erklärt, dass es gegen die AfD-Stammtische in seinem Haus aus rechtlicher Sicht keine Veranlassung gebe, dieser Partei die Reservierung zu verwehren. Schon im Januar hatte er überlegt, ob er in Zukunft überhaupt noch Reservierungen von Parteien entgegennehmen solle. Dabei handele es sich meistens ohnehin um Verlustgeschäfte, sagte er damals.

Dafür sei Ärger programmiert. Um diesem künftig aus dem Weg zu gehen, macht Schrott jetzt offenbar seine Ankündigung wahr und nimmt vom kommenden Jahr an keine Reservierungen von Parteien mehr an. In erster Linie gehe es ihm dabei nicht um Inhalte und politische Ansichten, heißt es in dem vorliegenden E-Mail-Wechsel. Solange sich Veranstaltungen im gesetzlichen Rahmen bewegten, habe er keine Veranlassung, sich mit den Inhalten der gebuchten Veranstaltungen zu befassen. Zudem sei ihm teils gar nicht bekannt, welche Inhalte oder Zwecke solche Veranstaltungen als Hintergrund haben, im konkreten Fall sei weder mitgeteilt worden, wer als Referent auftritt, noch welche Ziele damit verfolgt werden.

Die Entscheidung, jetzt überhaupt keine Buchungen für politische Veranstaltungen mehr anzunehmen, sei einzig "zur Wahrung sozialer Verantwortung gegenüber unserer Angestellten und zur Abwendung weiteren Schadens vom Hofbrauhaus-Keller getroffen" worden. Die für den kommenden Dezember vereinbarten Termine würden noch durchgeführt, versichert Schrott sinngemäß. Stammtische und regelmäßige Treffen von Parteien blieben bei rechtlicher Unbedenklichkeit möglich.

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