Freisinger helfen Notleidenden in Syrien:"Ganz wichtig ist Werkzeug"

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Eine Initiative um den Lerchenfelder KAB-Vorsitzenden Erwin Jobst hat bereits zwölf Container mit Spenden für den täglichen Bedarf nach Syrien geschickt. Aktuell braucht die Gruppe einen Lagerraum. (Foto: Simon Faderl)

Eine Initiative um den Lerchenfelder KAB-Vorsitzenden Erwin Jobst hat bereits zwölf Container mit Spenden für den täglichen Bedarf nach Syrien geschickt. Aktuell fehlt der Gruppe vor allem ein Lagerraum

Interview von Johann Kirchberger, Freising

Mit einem Mittagessen vor sieben Jahren fing alles an. Pater Hanna Ghoneim war als Urlaubsvertretungspriester in die Pfarrei St. Lantpert nach Lerchenfeld gekommen und Franziska und Erwin Jobst luden den syrischen Geistlichen zu sich ein. Im Gespräch kam man dann sehr schnell auf die Not der Menschen in Syrien zu sprechen und Ghoneim erzählte von seiner von ihm initiierten Hilfsorganisation "Korbgemeinschaft". Erwin Jobst, seit 1987 Vorsitzender der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) in Lerchenfeld, fing schnell Feuer und wollte helfen und Spenden sammeln. Auch die KAB-Mitglieder stimmten zu und schon im Oktober 2014 schickte man die ersten Container mit Hilfsgütern los. Mittlerweile sind es zwölf Container geworden, die von Freising über Hamburg per Schiff nach Damaskus geschickt wurden.

SZ: Wie groß ist denn der Helferkreis?

Jobst: Insgesamt helfen etwa 20 Leute mit, die sind nicht nur von der KAB, sondern auch von den "Freunden der Wieskirche".

Was wird denn alles gesammelt?

Dinge für den täglichen Bedarf. Kleidung, Schuhe, Hygieneartikel, Decken, Bett- und Tischwäsche, Näh- und Strickartikel, Kinderspielzeug, Schreibmaterial, Elektro-Kleingeräte, Töpfe, Pfannen, Geschirr, Gehhilfen und vieles mehr. Ganz wichtig ist auch Werkzeug, damit sich die Leute selbst helfen können. Wir sammeln aber keine Lebensmittel, keine Bücher, keine beschädigten Sachen und keine Gläser. Die Spenden müssen alle in transportfähige Kartons verpackt werden, weil das den Weitertransport erleichtert. Das Ladevolumen eines solchen Containers ist schließlich auf 76 Kubikmeter begrenzt.

Was kostet der Transport eines solchen Containers und wer kommt für die Kosten auf?

Pro Container sind das etwa 3500 Euro. Wir bitten die Spender um Unterstützung. Wenn jeder zwei Euro pro Karton zahlt, dann hilft das, einen Transportkosten-Teilbetrag zu entrichten. Viele unterstützen unsere Sammelaktion großzügig. Auf diesem Wege: ein herzliches Vergelt`s Gott. Wie sieht denn der Spenderkreis aus, sind das immer die gleichen Leute?

Teilweise ja. Aber wir machen auch viel Werbung für die Aktion, in den Zeitungen, in den Kirchen, in Kindergärten, und wir schreiben Firmen an. Es gibt Leute, die sammeln monatelang daheim und fragen nach, wann die nächste Sammelaktion stattfindet und sind dankbar, dass die KAB

die Aktion "Syrien in Not" durchführt.

Was wird denn so alles gespendet?

Zur Hälfte ist es Kleidung. Aber wir bekommen auch Fahrräder, Rollatoren, Gehhilfen, Rollstühle. Einmal war es auch ein Ultraschallgerät einer aufgelösten Arztpraxis. Unter unseren Spendern ist ein Rentner, der kauft Waren in großer Menge und spendet sie dann originalverpackt. Ganz allgemein sind die Leute sehr spendenfreudig. Im vergangenen Jahr ist es sogar schon zu einem regelrechten Stau vor der Wieskirche gekommen. Aber wir helfen auch und holen die Waren ab, wenn ein Transportproblem besteht.

Wo befindet sich denn die Sammelstelle?

Im Stadl der Wieskirche werden die Kartons an bestimmten Tagen angenommen. Pater Ghoneim, der in einem Kloster in Wien lebt und von dort aus alles organisiert, schickt uns dann aus Hamburg einen Container, den unsere Helfer in drei bis vier Stunden beladen. Dann geht die Ladung via Hamburg per Schiff nach Syrien. Den letzten Container haben wir vor drei Wochen losgeschickt.

Gibt es Probleme an den Grenzen?

In Hamburg ist einmal ein Container vom Zoll durchsucht worden, aber das war eine Ausnahme. Auch in Syrien gibt es keine Probleme, weil die "Korbgemeinschaft" dort als Hilfsorganisation anerkannt ist.

Wer organisiert die Übergabe an die Menschen und passt auf, damit die Richtigen an die Hilfsgüter kommen?

Die Kartons gehen zunächst per Lastwagen an verschiedenen Verteiler - Sozialstationen, Pfarrzentren. Dort werden sie sortiert und an Bedürftige, die sich um einen Berechtigungsschein bemüht haben, vergeben. Die Religionszugehörigkeit spielt keine Rolle, aber es wird genau darauf geachtet, dass sich da keiner bereichert und die Waren womöglich verkauft. Pater Ghoneim besucht öfter seine Heimat und kann uns über die Spendenübergabe und Verteilung berichten, in Wort und Bild.

Waren Sie auch schon in Syrien?

Leider nein. Im Herbst 2020 war eine Reise geplant, aber dann hat Corona das verhindert. Franz Riedl von den Freunden der Wieskirche besuchte Pater Ghoneim in Damaskus zu seiner Priesterweihe vor 25 Jahren und der KAB-Diözesansekretär ist im Januar 2020 nach Syrien geflogen und hat dort in der Kleinstadt Sadad einen Krankenwagen übergeben, der von den Johannitern in Kirchseeon günstig gekauft, repariert und nach Sadad gefahren werden konnte.

Wann ist denn die nächste Sammelaktion geplant?

Das wissen wir noch nicht, denn da gibt es ein Problem. Uns fehlen Räumlichkeiten, wo wir die Spenden annehmen und lagern können. Der Wies-Stadl steht uns dafür nicht mehr zur Verfügung, weil der Domberg dort diverse Gegenstände für das Jubiläum im Jahr 2024 (1300 Jahre Erzdiözese, Anm. d. Red. ) einlagern will. Jetzt suchen wir fieberhaft nach Ersatzräumen, besonders günstig wäre ein Gebäude mit einer Rampe. Wer helfen kann oder will, darf sich gerne bei mir melden (Telefonnummer: 0 81 61/8 45 05).

Bekommt die Syrienhilfe auch Geldspenden?

Ja natürlich. Da kann man das ganze Jahr über Spenden einzahlen. Spendenquittungen werden zugeschickt. Die Kontoverbindung kann man auch über die KAB erfragen.

© SZ vom 04.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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