Freisinger Geschichte:Erpresserische Schweden

Ein Dokument aus dem Stadtarchiv belegt, wie Freising im Dreißigjährigen Krieg mit einer Brandschatzungs­steuer vor der Zerstörung bewahrt werden konnte

Im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) war Freising mehrfach Schauplatz militärischer Offensiven. Zu den Zeugnissen dieser Zeit, die im Stadtarchiv aufbewahrt werden, gehört auch eine Aufstellung über die 1648 von der schwedischen Armee geforderten Brandschatzungsgelder aus dem Jahr 1651. Freisings Stadtarchivar Florian Notter hat sie nun zum "Archivstück des Monats September" ernannt und erläutert ihre Geschichte:

Mit dem Vorrücken feindlicher, vor allem schwedischer und später auch französischer Truppen bis nach Bayern musste die Stadt während des Dreißigjährigen Krieges in regelmäßigen Abständen schwere Drangsale über sich ergehen lassen. Die Kriegsgewalt entlud sich hier besonders in den Jahren 1632, 1634 und 1648: Immer wieder kam es zu Plünderungen der Häuser und zu körperlicher Gewalt gegen Bewohner, auch Tote waren zu beklagen; die schwedische Armee drohte darüber hinaus mehrfach mit dem Niederbrennen der Stadt, um hohe Brandschatzungsgelder erpressen zu können.

Im Frühjahr des letzten Kriegsjahrs 1648, während in Münster und Osnabrück bereits der (nachmals sogenannte) "Westfälische Friede" ausgehandelt wurde, fielen schwedische und französische Truppen noch einmal in Süddeutschland ein. Nach der letzten großen Schlacht des Dreißigjährigen Kriegs, die am 17. Mai 1648 zwischen einem schwedisch-französischen und einem kaiserlich-bayerischen Heer bei Zusmarshausen zuungunsten des letzteren ausgefochten wurde, zogen die Sieger eine Schneise der Verwüstung durch Bayern.

Archivstück des Monats September

Dem eigentlichen Archivstück ist - als Ergänzung - ein Digitalisat der ersten Seite beigefügt.

(Foto: Stadtarchiv)

In der ersten Juni-Hälfte geriet die fürstbischöfliche Residenzstadt Freising, die politisch nicht zu Bayern gehörte, kurzzeitig zu einem militärischen Brennpunkt des Krieges. Grund dafür war die von der bayerischen Armee betriebene, mit dem Fürstbischof jedoch nicht abgestimmte Einrichtung einer militärischen Abwehrstellung auf dem Freisinger Domberg. Dieses militärisch sinnlose Projekt hatte fatale Folgen: Der Domberg wurde von schwedischen und französischen Geschützen beschossen und mehrere Gebäude, darunter vor allem die Residenz, schwer beschädigt. Nach dem schnellen Ende der bayerischen Abwehr wurde Freising abermals von schwedischen Truppen besetzt und geplündert. Und: Wie schon 1632 und 1634 wurden vom Hochstift hohe Brandschatzungsgelder eingefordert.

Die Höhe dieser Brandschatzungssumme bewegte sich nach anfänglichen Vorstellungen der Schweden bei astronomischen 30 000 Reichstalern, die auf dem Verhandlungsweg aber auf 6000 Reichstaler (9000 Gulden) reduziert werden konnten. Die fürstbischöfliche Regierung brachte die Summe nur durch Kreditaufnahme und Verpfändung von Immobilien auf. Ein Teil des Geldes wurde sofort als außerordentliche Steuer auf die Hochstiftsuntertanen, darunter auch die Einwohner Freisings, umgelegt. Der Anteil, den die Stadt Freising aufzubringen hatte, betrug 1800 Gulden.

Archivstück des Monats September

Das Dokument aus dem 17. Jahrhundert ist nun "Archivstück des Monats September".

(Foto: oh)

Wie jede Steuererhebung wurde auch die schwedische Brandschatzungssteuer von 1648 schriftlich festgehalten. In der vorliegenden "Anlag Rechnung" hatte man jeden Einwohner der Stadt samt seinem unbeweglichen und wertvolleren beweglichen Vermögen erfasst und den jeweils zu leistenden Anteil berechnet (siehe das abgebildete Titelblatt und die erste Seite unten). Es handelte sich dabei also um eine Art außerordentliche Grund- und Vermögenssteuer. Der abzuführende Anteil bewegte sich bei 0,6 bis 0,9 Prozent, lag damit also vergleichsweise niedrig - angesichts der Kriegswirren und der allgemeinen Notlage dürfte die Summe für die Mehrzahl der Freisinger trotzdem ein finanzieller Kraftakt gewesen sein. Das würde erklären, warum man den Betrag erst nach drei Jahren, also 1651, beisammenhatte. In diesem Jahr brachten die beiden für die Stadt Freising zuständigen Steuereinnehmer, die Bürgermeister Caspar Thaimer und Christoph Schaurmayr, die komplettierte Summe zur fürstbischöflichen Hofkammer in die Residenz - von den vielen Kriegslasten hatte sich damit zumindest diese eine erledigt.

Neben dem Anlagsbuch existiert im Stadtarchiv ein weiteres, fast identisches Amtsbuch zur selben Angelegenheit, in dem die Einwohner mit ihren bezahlten oder noch im Ausstand haftenden Summen aufgelistet sind. Beide Bücher sind in Pergamentmakulaturen eingebunden; da man die spätmittelalterlichen Musikhandschriften nicht mehr benötigte, fanden sie - wie es in jener Zeit üblich war - als Bucheinbände eine neue Verwendung.

Quellen: StadtAFS, B I, BrSchR, Nr. 1.; Literatur: Weber, Leo: Veit Adam von Gepeckh Fürstbischof von Freising, 1618 bis 1651 (Studien zur altbayerischen Kirchengeschichte 3/4), München 1972.

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